Mahnende Worte zum Thema Gesundheitsreform hat es am Mittwoch von Bundespräsident Heinz Fischer gegeben. Mediziner gingen auf die Straße.
Bei solchen Verhandlungen komme es auch auf den Ton, die Ausdrucksweise und den Verzicht auf vorschnelles Säbelrasseln an, betonte Fischer. Es könne derzeit nur um Verhandlungen gehen, bevor man Streikmaßnahmen in den Raum stelle, die letztlich zu Einschränkungen bei der gesundheitlichen Versorgung führen.
"Guter Wille fehlt"
Fischer hoffe auf konstruktive
Verhandlungen zwischen den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung und
den Vertretern der Ärzteschaft. Ein gerechtes und finanzierbares
Gesundheitssystem gehöre zu den zentralen Aufgaben der Daseinsvorsorge.
Dieses Problem sei zwar komplex, aber nicht unlösbar, wenn guter Wille auf
allen Seiten vorhanden sei und auf der Basis von Zahlen und Fakten
verhandelt werde.
Demo in Linz
Auf dem Linzer Hauptplatz gab es gestern einen
ersten Vorgeschmack auf die große Ärzte-Demo am 3. Juni in Wien. Die
Oberösterreichische Ärztekammer hatte zur Protestkundgebung gegen die
„Husch-Pfusch-Gesetzgebung“ gerufen.
„Klein beigeben werden wir sicherlich nicht“, hatte Ärztekammer-Präsident Walter Dorner bereits im Wiener Austria Center die Parole ausgerufen. In Linz gingen die Ärzte nun erstmals auf die Straße, um gegen die Pläne der Regierung zu demonstrieren.
Alle Parteien und Kasse solidarisch
Hunderte Ärzte und Gegner der
Reform waren dem Aufruf gefolgt. Dabei wurde einmal mehr deutlich, wie breit
die Front gegen die Gesundheitsreform ist: Vertreter aller fünf Parteien –
darunter auch Gesundheitslandesrätin Silvia Stöger (SPÖ) – erklommen in Linz
das Podium, um sich mit den Ärzten solidarisch zu erklären. Auch der oö.
Arbeiterkammerpräsident Johann Kalliauer und der Vizepräsident der oö.
Gebietskrankenkasse Felix Hinterwirth wetterten in ihren Reden gegen den
vorliegenden Entwurf. Peter Niedermoser, Präsident der oö. Ärztekammer,
schwor seine Kollegen auf einen geschlossenen Protest gegen das geplante
Sparpaket ein
Darüber hinaus sind Streiks geplant (Ordinationsschließungen von 16. bis 18. Juni) und eine Großdemo am 3. Juni vor dem Bundeskanzleramt in Wien.
Dorner schweigt zu Gespräch mit Kdolsky
Keinen inhaltlichen
Kommentar wollten die Ärzte-Vertreter nach dem Gespräch mit
Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (V) am Mittwochnachmittag abgeben. Es
sei ein "gutes, intensives Gespräch" gewesen, meinte
Ärztekammerpräsident Walter Dorner nach dem rund zweistündigen Treffen. Ob
das Gespräch eine Annäherung gebracht hat, wollten die Ärzte nicht sagen.
Keine Antwort gab es auch auf die Frage, ob die Ärztekammer an ihrer
Streikdrohung festhält. Auf Aussagen von Bundespräsident Heinz Fischer
angesprochen, wonach die Ärzte das Säbelrasseln einstellen sollen, erklärte
Dorner, "der Bundespräsident darf alles sagen".
Schiedsstelle möglich?
SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger
deutet unterdessen ein vorsichtiges Einlenken ein. Die von der Ärztekammer
geforderte Schiedsstelle bei der Kündigung eines Kassenvertrages ist für
Buchinger nicht mehr ganz ausgeschlossen. Er will nur nicht, dass die Kammer
ein Veto-Recht bekommt. Kdolsky ist zwar auch nicht gegen eine
Schlichtungsstelle, sie will aber weder Ärzte noch Sozialversicherung darin
vertreten sehen.
Grüne wollen bremsen
Die Grünen plädieren dagegen für ein
langsameres Reformtempo. Sie glauben, dass die Patienten sehr wohl unter den
Neuerungen zu leiden haben werden und fordern daher neue Gespräche. Zur
besseren Finanzierung der Krankenkassen verlangen sie eine Verbreiterung der
Höchstbeitragsgrundlage. Dafür sollten die Kassen aber auch mehr
Verantwortung tragen.
FPÖ kritisiert "Wahnsinnsreform"
Die
Freiheitlichen fürchten eine "Knebelung" der Ärzte durch
diese "Wahnsinnsreform". Sie würde zu einem "Untergang
der Kassenpraxen" führen. Viel eher sollten die Versicherungen auf zwei
Kassen zusammengezogen werden, auf eine für Staatsbürger und eine für
Nichtstaatsbürger. Durch den Missbrauch der e-cards würden nämlich riesige
Verluste entstehen.
BZÖ ortet Scheitern
Das BZÖ meint, dass die
Gesundheitsreform nichts mehr wird und fordert Kdolsky zum Rücktritt auf.
Sie solle sich lieber ins Kochmetier zurückziehen, sagte Bündnischef Peter
Westenthaler am Mittwoch, in Anspielung auf das Kochbuch der Ministerin "Schweinsbraten
& Co".
Schweigen im Walde
Erst am Dienstag hat es ein Gespräch auf
höchster Ebene gegeben: Dorner und Finanzminister Wilhelm Molterer haben
einander getroffen. Außer der dürren Auskunft, dass es ein positives,
konstruktives Gespräch gewesen sei, hat man aber nichts erfahren.
Wut auf Kdolsky
Dienstagabend haben sich gut 2.000 Ärzte im
Wiener Austria Center versammelt, um die Aktionen zu akkordieren. Ihr Zorn
richtet sich vor allem gegen die Gesundheitsministerin, zumal sie selbst
auch Ärztin ist. Dorner warf Kdolsky in seiner Rede vor, ihr Wort gebrochen
zu haben. Die beiden hatten sich nach der ersten Streikdrohung der Ärzte vor
Wochen auf ein Papier geeinigt, woran sich die Ressortchefin laut Kammer
jetzt nicht mehr halten würde.
Keine befristeten Verträge
Vehement wehrten sich die
Anwesenden gegen die befristeten Kassen-Verträge: „Wenn das kommt, werden
sich vor allem die jungen Ärzte überlegen, ob sie noch in moderne, aber
teure Ausrüstung für ihre Praxen investieren“, sagte etwa die praktische
Ärztin Elisabeth Kleinitzer aus Wien.
Zwei Kurzfilme machten weiter Stimmung für die Anliegen der Ärzte. Der Hauptpart lag an Ärztekammer-Wien-Vize Johannes Steinhart. Er schilderte drastisch die Auswirkungen des neuen Gesetzes. Verteilt wurden bereits die Kleber für die Ordinationen, falls der Streik Mitte Juni tatsächlich kommt, Aufschrift: "Seids krank?"