Regierungsumbildung
Molterer weist Pröll-Kritik zurück
30.06.2008
Vizekanzler Molterer wies die parteiinterne Kritik Erwin Prölls zurück. Diese ließ aber auch die Opposition scharf schießen.
Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) hat die Kritik des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll (V) an seiner Parteiführung zurückgewiesen. Pröll hatte Molterer mangelnden Mut und Weitblick unterstellt, weil dieser keine größere Regierungsumbildung vorgenommen hatte. "Das sehe ich anders", sagte Molterer am Montag. Angesichts der Situation der SPÖ sei es wichtig, die ÖVP als "Hort der Stabilität" zu positionieren.
Stabilität gefragt
Natürlich habe es auch andere Varianten
für die Regierungsumbildung gegeben. Gerade jetzt sei es aber nötig,
Stabilität zu zeigen. "Ich habe mich daher für diese Variante der
Regierungsumbildung und für die Person Maria Theresia Fekter entschieden",
verteidigte Molterer die Nachbesetzung des nach Tirol gewechselten
Innenministers Günther Platter durch die oberösterreichische Volksanwältin.
Kritik der Opposition
Die Kritik Prölls ließ aber auch die
Opposition wieder scharf schießen. Zum Hick-Hack zwischen SPÖ und ÖVP sei
als "neue Qualität" auch noch der "massive interne
Streit innerhalb von SPÖ und ÖVP dazugekommen", meinte
Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl
sprach von einem "Friendly Fire" Prölls, BZÖ-Generalsekretär
Gerald Grosz von "schwarzen Heckenschützen".
Hort des inneren Streits
"Der angebliche 'Hort der
Stabilität' ist zu einem Hort des inneren Streits geworden", so
Van der Bellen Bezug nehmend auf ein Zitat von ÖVP-Obmann Wilhelm Molterer.
Zudem jage nun eine Krisensitzung die andere, die Regierung sei nur noch mit
sich selbst beschäftigt. Auch die EU-Krise kümmere die Koalition nicht,
durch den Schwenk der SPÖ in der Europapolitik sei diese sogar verschärft
worden. Van der Bellens Fazit: "Diese Regierung regiert nicht."
"Die Regierung ist total zerrüttet und bietet mittlerweile ein Bild des Jammers", blies auch Kickl zum Generalangriff auf Rot-Schwarz. Der Countdown für Neuwahlen laufe schon, die FPÖ sei zumindest dafür gerüstet. Zur Kritik Prölls an Molterer meinte Kickl, dass dieser offenbar Opposition gegen die eigene Regierungsmannschaft betreibe. Es sei davon auszugehen, dass es sich hier offenbar schon um einen Machtkampf für die Zeit danach handelt.
Unzufriedenheit Prölls
Niederösterreichs Landeshauptmann
Erwin Pröll (V) hatte zuvor seine Unzufriedenheit mit der
Regierungsumbildung in den Reihen der Volkspartei zum Ausdruck gebracht. Mit "Kopfschütteln"
reagierte er im Radio Niederösterreich-Gespräch des ORF außerdem darauf,
dass die SPÖ mit dem Verlassen der Gemeinsamkeit in der Außenpolitik "ein
Tabu gebrochen" habe.
Umfassende Neuaufstellung
Er wäre für eine umfassende
Neuaufstellung der Regierungsmannschaft der ÖVP gewesen, machte Pröll klar.
In Richtung von Parteiobmann Vizekanzler Wilhelm Molterer, der laut Pröll "eine
riesige Chance" vertan hat, kritisierte er diesbezüglich "mangelnden
Mut" bzw. "fehlenden Weitblick". Der Landeshauptmann verwies
auf ein Gespräch mit Molterer vor einigen Wochen, in dem er für den Fall
einer Regierungsumbildung nach der Tirol-Wahl dafür eingetreten sei, dass
dieser Schritt "weitreichend" sein sollte. Dies einerseits, weil
die SPÖ "vollkommen durcheinander" und es außerdem um ein
Signal gehe, dass die ÖVP "handlungsfähig" sei.
Keine Euphorie
Was die Diskussion um eine Neuwahl angehe, so
merke er weder im Land noch im Bund eine Euphorie dafür, so Pröll. Er
erwarte vielmehr von Bundespräsident Heinz Fischer, dass dieser in einer "extremen
Krisensituation" nach Ordnung rufe und eingreife, damit das Ansehen der
Republik nicht Schaden nehme. Für das Staatsoberhaupt sei "die
Stunde gekommen, wo das Amt definiert wird". Es gehe nun darum, ob der
Präsident "so etwas wie der letzte Mann vor dem Tor auf dem
Fußballfeld" sei, der Ärgstes verhindere, oder die Aufgabe "als
Repräsentationsamt demaskiert" werde.
Das Verlassen der Gemeinsamkeit in der Außenpolitik bezeichnete Pröll als "Risiko auch für die SPÖ". Die Diskussionen innerhalb der Partei würden das zeigen.