Moscheen-Kampf eskaliert. Jetzt droht Türkei-Präsident Erdogan Kurz und Österreich.
Die Antwort kam rasch. Nach Schließung von sieben Moscheen in Österreich und der Ankündigung, 40 Imame auszuweisen, polterte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer Feier nach dem Ramadan-Fastenbrechen Samstagabend in Richtung Kurz: „Sie wollen unsere Religionsvertreter aus Österreich hinauswerfen. Ich fürchte, dass die Schritte des österreichischen Bundeskanzlers die Welt zu einem neuen Kreuzzug führen“, so Erdogan.
Der Präsident wurde noch direkter: „ Glaubt ihr, wir werden tatenlos zusehen?
Das bedeutet, dass auch wir einige Schritte unternehmen“, sagte er. Der Westen selber müsse seine Leute zur Ordnung rufen. Wenn das nicht geschehe, würden die Rechnungen „auf andere Art beglichen“, meinte er: „Wir werden auch Maßnahmen ergreifen“, so Erdogan. Er ließ offen, wie diese aussehen könnten.
Konter. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus tobte nach der Erdogan-Brand-Rede: „Diese Aussagen zeigen eindeutig, wie die Türkei mit Erdogan Einfluss in die Politik europäischer Länder nehmen will.“ (siehe unten.)
Islamgemeinschaft: "Affront gegen Muslime"
Klage. Weiter heftige Kritik am Vorgehen der Kurz-Regierung kommt auch von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich: „Das dient nicht der Bekämpfung des politischen Islam, sondern nur der Schwächung der Strukturen der Glaubensgemeinschaft“, so IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun. Er warf der Regierung vor, „die Glaubensgemeinschaft aus politischem Kalkül heraus in Verruf zu bringen“. Gleichzeitig kündigte er rechtliche Schritte an: „Eine sachliche Begründung, wie die Selektion der zu schließenden Vereine erfolgte, ist nicht ersichtlich“, so Olgun. Besonders empört ihn der Zeitpunkt der Radikalmaßnahme am letzten Freitag im Fastenmonat Ramadan: „Das ist ein Affront gegen die Musliminnen und Muslime in Österreich“, so Ibrahim Olgun.
Und: „Es sei „unschwer zu erkennen, dass die genannten Maßnahmen nicht zur Bekämpfung eines politischen Islams geeignet sind, sondern im Ergebnis lediglich zu einer Schwächung der Strukturen der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich führen“.
IGGÖ-Präsident: "Affront gegen alle Muslime in Österreich"
Empört ist Ibrahim Olgun, Chef der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Er sagt:
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Über Moscheen-Schließung: „Die Regierung will die Glaubensgemeinschaft aus politischem Kalkül heraus in Verruf bringen. Man befand es nicht einmal für nötig, die IGGÖ vorab über die präsentierten Maßnahmen zu informieren.“
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Über den Zeitpunkt am Ramadan-Ende: „Nur Stunden vor dem Freitagsgebet eine spontane Pressekonferenz anzusetzen, bei der die Schließung mehrerer Moscheen verkündet wird, ist ein Affront gegen die Musliminnen und Muslime in Österreich.“
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Über Klagen: „Die Schließung von Glaubenseinrichtungen ist ein drastischer Schritt, der nicht nur mit Mutmaßungen und Formalitäten begründet werden kann. Eine rechtliche Überprüfung ist beauftragt.“
Gudenus: "Erdogan will sich wieder einmischen"
ÖSTERREICH: Erdogan droht Österreich. Wie soll das Land angemessen reagieren?
Johann Gudenus: Das sind typische Wahlkampftöne. Aber sie zeigen, dass Erdogan sich in die österreichische Innenpolitik einmischen will. Und weil er das schon lange über Vereine wie Atib tut, waren die Maßnahmen der Regierung nötig. Andere Regierungen haben weggeschaut, wie sich radikale Narren unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit Freiräume geschaffen haben. Es war ein Anfang. Wahrscheinlich ist aber, dass es mehr Vereine und Moscheen gibt, die gegen das Islamgesetz verstoßen.
ÖSTERREICH: Sanktionen gegen die Türkei?
Gudenus: Man soll die bilateralen Beziehungen nicht aufs Spiel setzen, aber es muss jedem klar sein, dass die EU-Beitrittsverhandlungen abzubrechen sind.