Gegen Stimmen der Opposition im Nationalrat beschlossen.
Mehr als zehn Jahre hat es gebraucht, seit heute Abend ist es fix. Es kommt ein neues Lehrerdienstrecht. Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP wurde ein Modell etabliert, das eine flachere Einkommenskurve sowie für etliche künftige Lehrer eine erhöhte Lehrverpflichtung bringt. Von der Opposition hagelte es Kritik.
Wenn man bedenkt, was für Wirbel es um das neue Lehrerdienstrecht über die vergangenen Jahre gab, verlief die parlamentarische Behandlung am Dienstagabend äußerst unspektakulär. Das Plenum war halbleer, kaum Besucher verirrten sich auf die Galerie und auch das Interesse der Medien hielt sich in Grenzen. Protestkundgebungen blieben völlig aus.
Opposition sorgte für hitzige Debatte
Dass es nicht gar zu friedlich wurde, dafür sorgte die Opposition. So warf etwa der freiheitliche Bildungssprecher Walter Rosenkranz der Koalition, speziell der SPÖ vor, einen Scherbenhaufen angerichtet zu haben. Es handle sich um den nächsten Anschlag auf die Qualität des Bildungssystems und damit um ein "Verbrechen an der Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen".
Einer der Hauptkritikpunkte von Rosenkranz betraf, dass Junglehrer künftig neben der Berufsbelastung den "Master" machen müssten. Das gefiel auch den anderen Fraktionen nicht. Entsprechend wurde von den NEOS ein Antrag initiiert, dass Jung-Pädagogen in der sogenannten Induktionsphase ihre Lehrverpflichtung um ein Fünftel reduziert wird. Mehrheit dafür gab es keine.
Ginge es nach dem Grünen Bildungssprecher Harald Walser, wäre ohnehin ein Jahresarbeitszeit-Modell das Wahre. Er tritt zwar für längere Anwesenheitszeiten an den Schulen, nicht aber für eine längere Unterrichtszeit ein. Dringend nötig wäre für Walser ohnehin vor Etablierung eines neuen Lehrerdienstrechts als Basis dafür eine unabhängige Arbeitszeit-Studie.
Keine Zustimmung konnte die Koalition auch beim Team Stronach lukrieren, wobei man hier auch die Gewerkschaft nicht aus der Ziehung lassen wollte. Fehler seien auf beiden Seiten passiert, viel Porzellan zerschlagen worden, bedauerte Stronach-Mandatar Georg Vetter.
NEOS-Chef Mathias Strolz nahm sich besonders der Jung-Lehrer an. Nicht nur dass diese aus seiner Sicht weniger unterrichten sollten, bräuchten diese auch mehr Unterstützung. So sollte ihnen eine Mentorenstunde pro Woche zugestanden werden, wenn es nach Strolz geht. Strukturell plädierte der NEOS-Chef dafür, die pädagogischen Hochschulen vom Unterrichtsministerium ins Wissenschaftsressort zu verschieben.
Koalition verteidigte Kompromissvorschlag
Die Koalitionsfraktionen verteidigten den heute vorgelegten Kompromiss. Sowohl VP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl als auch der ehemalige SP-Bildungssprecher Elmar Mayer rühmten in erster Linie, dass durch das neue Dienstrecht nun alle Pädagogen auf Masterniveau ausgebildet würden. Damit gebe es auch über die Schultypen hinweg die selbe Bezahlung, strich Mayer einen der Vorzüge hervor.
Die häufig vorgetragene Kritik, dass es weiter oder sogar verstärkt fächerfremden Unterricht geben könnte, wies Gerstl zurück. Dies sei dank eines Abänderungsantrags nur für ein halbes Jahr möglich, nachher dann bloß noch mit Zustimmung des Lehrers.
Dass für künftige Lehrer mehr Unterrichtszeit anfällt als für gegenwärtige, relativierte die neue Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Schon jetzt stünden viele Pädagogen 23 Stunden in den Klassen, weil sie Überstunden leisten müssten. Gleichzeitig sicherte die Ministerin zu, dass es für die Lehrer mehr Unterstützungspersonal sowohl in Verwaltung als auch im Unterricht geben werde. Dass es zu keiner Einigung mit der Gewerkschaft gekommen war, bedauerte die Ressortchefin ausdrücklich.
Großdemo der Lehrer am Mittwoch
Die Lehrer lassen sich das nicht gefallen und gehen - wie die Beamten - am Mittwoch auf die Straße. "enn morgen Beamte die Wiener Innenstadt lahmlegen, dann geht es nicht nur um den Kampf um ein höheres Lohn-Plus, gut 10.000 der Demonstranten werden gegen das Lehrerdienstrecht der Regierung auf die Straße gehen.
„Wir wehren uns gegen dieses Gesetz, zeigen, dass wir unzufrieden sind“, kündigt Paul Kimberger, Chefverhandler der Pädagogen in ÖSTERREICH an. Man werde ein „starkes Zeichen gegen dieses Drüberfahren der Regierung“ setzen.
Neues Dienstrecht - darum geht es im Detail
Das neue Dienstrecht bringt unter anderem eine Erhöhung der Anfangsgehälter. So sollen Lehrer künftig mit 2.420 Euro in den Beruf einsteigen (bisher 2.220 für AHS/BMHS, 2.000 für Volks-, Haupt- Sonderschullehrer etc.), das Höchstgehalt soll bei einer flacheren Gehaltskurve - exklusive aller Zulagen - 4.330 Euro betragen (bisher 5.150 bzw. 4.500 Euro).
Die Lehrverpflichtung beträgt grundsätzlich 24 Stunden, reduziert sich aber auf bis zu 20 Stunden, wenn die Lehrer in der Oberstufe Schularbeitsfächer unterrichten und als Mentoren, Kustoden oder Beratungslehrer tätig sein. Letztere Tätigkeiten bringen auch in den anderen Schultypen bzw. Schulstufen zwei Stunden Abzug.
Werden Lehrer in fachfremden Gegenständen bzw. an anderen Schultypen eingesetzt, ist dafür nach einem Semester (fachfremder Gegenstand) bzw. einem Jahr (anderer Schultyp) die Zustimmung des Lehrers notwendig. Ab 2029 sollen außerdem nur mehr Master-Absolventen unterrichten dürfen. In der Übergangszeit dürfen Bachelor-Absolventen in den Klassen stehen, müssen sich aber verpflichten, innerhalb von fünf Jahren den Master nachzumachen.
Wirksam wird das neue Lehrerdienstrecht voll erst im Schuljahr 2019/2020. Bis dahin eintretende Pädagogen können zwischen Alt- und Neurecht wählen.