Will Koalition

Kickl will Nehammer stürzen und mit der ÖVP regieren

16.10.2024

FPÖ-Chef Herbert Kickl nannte heute Karl Nehammer "emotional beleidigt" und warf ihm "Getriebenheit" vor. Der "Noch-Kanzler" wolle schnell "den Sack zumachen" zur Dreier-Koalition, polterte Kickl. Der FPÖ-Chef will Nehammer stürzen, um mit der ÖVP koalieren zu können. 

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Heute Mittag sprach Kickl zu ÖVP-Chef Nehammer. Die beiden hatten sich nach der Nationalratswahl, wie von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragt, am Vortag zu einem Gespräch getroffen. Nehammer hatte danach eine Koalition mit Kickl erneut ausgeschlossen.

ÖVP spalten

Kickls Plan: Er will die Volkspartei spalten, Nehammer stürzen und mit einer "neuen" ÖVP und einem anderen Parteiobmann koalieren - als Kanzler. Auch der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner sprang Kickl im Gespräch mit dem ORF zur Seite und spekulierte: „Ich erwarte mir, dass die ÖVP und dass der Herr Nehammer einfach zur Vernunft zurückkehrt. Vielleicht wird die ÖVP ihren Kandidaten selbst austauschen. Deswegen ist er ja so nervös und möchte sich gerne mit Herrn Babler einigen, weil ihm selbst die Zeit davonläuft. Das weiß ich selber. Und ich weiß auch von durchaus bekannten ÖVP-Politikern, die sagen, man muss nicht unbedingt an dem Herrn Nehammer festhalten.“ 

Das Gespräch zwischen ihm und Nehammer habe ca. eine Stunde gedauert, sagte Kickl Mittwochmittag.

"Die Unterredung war nicht umsonst, sie war sehr erhellend", sagte Kickl. "Für die Bevölkerung und auch die Funktionäre und die Mitglieder der Volkspartei."

Der Fahrplan, wie Kickl erst verhandeln und dann Nehammer stürzen will: 

© FPÖ
 

© FPÖ

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Kickl: "Ich war im Fadenkreuz der heftigsten Angriffe der ÖVP"

Bei der Pressekonferenz jammerte Kickl: "Ich war im Fadenkreuz der heftigsten Angriffe der ÖVP." Aber persönliche Befindlichkeiten dürften bei einem Zweier-Gespräch keine Rolle spielen.

"Die FPÖ hat gewonnen, die ÖVP verloren. Ich habe mehr Vorzugsstimmen als Karl Nehammer."

"Österreich befindet sich in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Wir müssen rasch handeln, um das System unserer sozialen Sicherung aufrechtzuerhalten."

Das Sozialsystem habe eine "magnetische Wirkung auf Völkerwanderer", formulierte Kickl. Auch da müsse man schnell handeln.

"Wähler wollen keine Austro-Verlierer-Ampel" 

Die Stabilität der Regierung sei abhängig von der Schnittmenge der politischen Ideen. Hier gebe es zwischen ÖVP und FPÖ die meisten Überschneidungen.

"Das wollen die Wähler - und nicht eine Austro-Verlierer-Ampel", sagte Kickl.

Kickl wirft Nehammer "Getriebenheit" vor: Freundschaft sei aber möglich

Warum gab Nehammer gleich nach dem Gespräch eine Pressekonferenz?, fragt Kickl in die Runde. "In einem zeitlichen Naheverhältnis, ohne Zeit zum Nachdenken?"

Bei seiner Pressekonferenz habe Karl Nehammer "emotional beleidigt" gewirkt. Er warf ihm "Getriebenheit" vor und polterte: "Der Noch-Kanzler" wolle schnell "den Sack zumachen" zur Dreier-Koalition - zumindest habe man dieses Gefühl.

Wenn man es versucht, sei aber "Kameradschaft oder Freundschaft möglich", sagte Kickl.

Kickl bekennt sich zu europäischem Wirtschaftsraum

"Ja, selbstverständlich ist der europäische Wirtschaftsraum sehr wichtig", sagte Kickl. Ein wichtiges Zugeständnis an Nehammers ÖVP. Er nannte weitere.

"Österreich ist Förderweltmeister", sagte Kickl, beide Parteien wollten hier sparen. "Kostensenkende Maßnahmen gegen Zuwanderung ins Sozialsystem" wolle die ÖVP wie die FPÖ.

"Keine neuen Steuern", wollten beide. Die Bildungskarenz reformieren auch.

Entbürokratisierung, kein Angriff auf das Vermögen, das Pensionsantrittsalter heben, indem Menschen durch finanzielle Anreize motiviert werden, bis zum 65. Lebensjahr zu arbeiten und auch steuerfreie Überstunden. Das wolle die ÖVP so wie die FPÖ. 

Für kleine Unternehmen wolle er runter mit der KöSt auf 15 %, derzeit sind es 23 %.

Kickls Verhandlungsfahrplan für Nehammer: "FPÖ-ÖVP-Regierung vor Weihnachten"  

© fpoe

Kickl machte Nehammer viele Zugeständnisse, indem er Überschneidungen anpries und sogar einen "Verhandlungsfahrplan" mitbrachte. Im "Verhandlungsfahrplan" stehen sechs Punkte zu wichtigen Themen - sogar einen Terminkalender hat er vorbereitet, damit Treffen für Verhandlungen schon stehen und "eine FPÖ-ÖVP-Regierung vor Weihnachten" stehen könnte. Schon nächste Woche am Dienstag steht der erste Termin im Kalender.

© fpoe

Nehammer habe Angst, dass die Gespräche zu einer inhaltlichen Einigung führen könnten - die dann aber den Verlust des Kanzleramts für Nehammer bedeuten würde. Dieses Gefühl habe er zumindest, sagte Kickl. "Ich vermute, dass Nehammer deshalb gestern nichts Inhaltliches zu unserem Gespräch gesagt hat. Das hätte Neuigkeitswert gehabt. Aber auch ein Verschweigen kann ja bekanntlich sehr vielsagend sein."

"Vielleicht gibt es ja doch eine reale Grundlage für Verhandlungen zu einer Verlierer-Koalition", mutmaßte Kickl. "Vielleicht ist an den Medien-Berichten dazu etwas dran." Jetzt sei es Nehammer, "der keine Verantwortung übernimmt - nicht ich."

Kickl: "Das Ganze linksum!"

Kickl fragte: "Was sagen die Bauernvertreter, jene der Industrie, der Wirtschaft, was sagen sie zu dem Kommando linksum?" Denn nach Nehammers Statement scheine das der offizielle Befehl zu sein, grinste Kickl und sagte: "Der Befehl scheint zu lauten, das Ganze linksum!"

Nehammer habe die ÖVP "von der Babler-SPÖ abhängig" gemacht. Dieser "kleine Partner" könnte nun seine Macht ausspielen. "Die Babler-Ideen sind Gift für den Standort Österreich."

"Für mich ein Zwischenergebnis" - "Unsere Hand bleibt ausgestreckt"

Kickl sagte zum Schluss: "Für mich ist das ein Zwischenergebnis, kein Endergebnis." Jetzt müsse man sehen, wie die ÖVP auf die Aussagen Nehammers reagiere. Er wolle weiter an einer Zusammenarbeit arbeiten. "Die ausgestreckte Hand" sei ein Beweis mehr für "unser Verantwortungsbewusstsein".

Kickl betonte: "Unsere Hand bleibt ausgestreckt." Und ergänzte: Der Wähler sei spätestens bei der Steiermark-Wahl wieder am Wort.

Bergsteiger und Boxer "mit Verkrampfung"

"Wir haben gestern über das Boxen gesprochen", sagte Kickl. Vor einer Wahl teile man Schläge aus. Danach müsse man sich vertragen. Und schickte hinterher: "Vielleicht löst sich Nehammers Verkrampfung noch."

Kickl: "In der ÖVP haben nicht alle mit dem Denken aufgehört"

Kickl sagte, dass die SPÖ von Vorsitz-Debatte zu  Vorsitz-Debatte taumle. Das sei kein stabiler Partner. Und das wisse die Volkspartei, so Kickl: "In der ÖVP haben ja nicht alle mit dem Denken aufgehört." 

Nehammer nach Gespräch mit Rundumschlag gegen Kickl

Zweieinhalb Wochen nach der Nationalratswahl haben die von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragten Gespräche zwischen den Parteichefs von FPÖ, ÖVP und SPÖ begonnen. Den Anfang machten am Dienstag Karl Nehammer (ÖVP) und Herbert Kickl (FPÖ). Wo das Treffen stattfand, verrieten die beiden nicht. Nehammer ging bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz nach Ende des Gesprächs nicht auf die Inhalte ein. An seinem Gesprächspartner ließ er kein gutes Haar.

Einmal mehr betonte der ÖVP-Parteichef, dass sich an seiner Haltung gegenüber Herbert Kickl auch nach der Wahl nichts geändert habe."Ich werde als Bundeskanzler genauso wenig wie als Bundesparteiobmann den Steigbügelhalter für Herbert Kickl machen". Das sei "keine Frage der Sympathie zwischen uns beiden, es ist nicht die Frage, ob der eine den anderen mag". Es gehe um die Frage "des politischen Tuns", und da habe Kickl in der Vergangenheit oft bewiesen, "dass er nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen", sagte Nehammer, und führte dessen Auftreten während der Covid-19-Pandemie ins Treffen.

Parteiengespräche mit Kanzler und Babler in Runde zwei 

Mit dem Treffen zwischen ÖVP-Parteichef Karl Nehammer und SPÖ-Obmann Andreas Babler steht am Mittwoch das zweite der Gespräche der Parteichefs von ÖVP, SPÖ und FPÖ an. Dass davon viel nach außen tritt, ist nicht anzunehmen. Wie auch das Treffen am Dienstag zwischen Nehammer und FP-Chef Herbert Kickl, findet auch jenes am Mittwoch an einem unbekannten Ort statt. 

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