"Ab sofort werden uniformierte Sondereinheiten, aber auch Ermittler in zivil schwerpunktmäßig in Wien-Favoriten Kontrollen durchführen", erklärte der Wiener Landespolizeipräsident.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat am Neujahrstag die Randale in Wien-Favoriten in der Silvesternacht verurteilt. "Parallelgesellschaften haben in unserem Land nichts verloren", meinte er in einer Stellungnahme gegenüber der APA und kündigte eine Schwerpunktaktion der Polizei in dem Bezirk an. Der Mob hatte angeblich unter zahlreichen "Allahu Akbar"-Rufen Polizisten mit Raketen bzw. Böllern beschossen. Scharfe Kritik kam auch von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), FPÖ und NEOS.
Nachdem es in der Gegend des Reumannplatzes in Wien-Favoriten zu etlichen Sachbeschädigungen durch pyrotechnische Gegenstände gekommen war, rückte die Polizei zu einem Großeinsatz aus. Wie die APA erfuhr, wurden auch brennende Gegenstände in Richtung der Polizisten geschleudert. Die pyrotechnischen Gegenstände sollen die doppelte Sprengkraft einer scharfen Handgranate gehabt haben. Auch ein eintreffender Funkwagen wurde mit Pyrotechnik unter Beschuss genommen, ein Christbaum wurde mit brennbarer Flüssigkeit übergossen. Es kam zu neun vorübergehenden Festnahmen.
Nehammer: "Keine Toleranz"
"Für solche Aktionen haben wir absolut keine Toleranz", betonte Nehammer. Die Straftaten seien "ein Zeichen einer tiefen antidemokratischen und unsolidarischen Einstellung", befand der Innenminister. "Wer sich nicht mit unseren gesellschaftlichen Werten identifizieren kann und versucht diese zu stören, muss mit allen rechtlichen Konsequenzen rechnen." Auch Integrationsministerin Raab meldete sich zu Wort: "Die Bilder der Silvesternacht aus Favoriten erschüttern zutiefst", meinte sie in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Zum wiederholten Mal zeigt sich hier, welche Gefahr von Parallelgesellschaften ausgeht."
Uniformierte Sondereinheiten
Die Wiener Polizei werde mit einer "groß angelegten Schwerpunktaktion gegen die Straftäter und alle, die sich beteiligt haben, vorgehen", kündigte der Innenminister an. "Ab sofort werden uniformierte Sondereinheiten, aber auch Ermittler in zivil schwerpunktmäßig in Wien-Favoriten Kontrollen durchführen", erklärte dazu der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl.
Pürstl soll nun außerdem in einem Sicherheitsgipfel mit Vertretern der Stadt Wien die sicherheitspolizeiliche Lage besprechen und "gemeinsame Ableitungen aus integrations- und sicherheitspolizeilicher Sicht treffen", wie es in der Stellungnahme hieß.
Wiederkehr verurteilt Ausschreitungen
Auch die Wiener Landespolitik reagierte erschüttert auf die Ausschreitungen: Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS), der für den Bereich Integration zuständig ist, verurteilte diese "aufs Schärfste". "Egal welcher Herkunft: Man muss sich an die Regeln halten", betonte Wiederkehr in einer Aussendung. "Eine gelungene Integration und ein friedliches Miteinander sind einer meiner Arbeitsschwerpunkte, damit solche Vorfälle wie in Favoriten nicht mehr passieren."
Zuvor hatte die Wiener ÖVP in einer Aussendung "das Integrationsversagen" von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisiert. Seitens der FPÖ zeigte sich außerdem der Wiener Parteichef Dominik Nepp laut einer Aussendung "schockiert" von "kriminellen islamistischen Migrantenmobs". Der Innenminister sei seit dem Beginn der Krawalle im Juni 2020 "völlig tatenlos" geblieben, kritisierte Nepp. Die Unruhen seien "die Folge der ungezügelten Massenzuwanderung der letzten Jahrzehnte". Der blaue Bundesparteichef Norbert Hofer forderte Abschiebungen und für "Krawallmacher" mit österreichischer Staatsbürgerschaft eine Beteiligung an der Reparatur der Schäden.
Die Sachschäden dürften hoch sein. Es gingen zahlreiche Scheiben zu Bruch, Mistkübel, Zeitungsständer, Bänke und Kaugummiautomaten wurden gesprengt. Der Mob soll aus zahlreichen Personen mit großteils Migrationshintergrund bestanden haben. Zwei Verdächtige, ein 16-jähriger und ein 21-jähriger Syrer, wurden in einem Haus angehalten. In einer in dem Gebäude befindlichen Wohnung traf die Polizei weitere Personen an, die an den Randalen beteiligt gewesen seien sollen - zwei Österreicherinnen (14 und 15), zwei Iraker (20 und 22) und drei Syrer (23, 27 und 29 Jahre alt).
Der 21-Jährige soll im Zuge der Vorfälle mit einem zu einem Rammbock umfunktionierten Mistkübel einen Einbruch bei einem Juwelier versucht haben. Im Gegensatz zu den anderen Verdächtigen blieb er in Polizeigewahrsam.
Im August war es in Favoriten zu schweren Ausschreitungen zwischen kurdischen und türkisch-nationalistischen Demonstranten gekommen. Die Vorfälle belasteten das Verhältnis zwischen Wien und Ankara. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warf der Türkei vor, "Unfrieden zu säen".