Der Bundespräsident informierte am Dienstag um 13 Uhr, dass er ÖVP-Chef Karl Nehammer den Regierungsbildungsauftrag gibt.
Mit dem Auftrag an ÖVP-Obmann Karl Nehammer hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik nicht den Spitzenkandidaten der stärksten Partei bei der Nationalratswahl mit der Regierungsbildung betraut.
Der Bundespräsident sagte am Dienstagmittag: „Karl Nehammer erhält den Regierungsbildungsauftrag.“
„Es geht zuallererst um Österreich“
„Es geht zuallererst um Österreich“, sagte Van der Bellen. „Österreich braucht eine stabile und integre Regierung“ erklärte VdB. „Bei der Nationalratswahl geht es nicht um ein Rennen, wo der Erste gewinnt. Wenn eine Partei alleine regieren will, braucht sie mehr als 50 %. Sonst braucht sie Partner und die Zustimmung des Bundespräsidenten.“
VdB: "Niemand will mit Kickl koalieren"
Die Entscheidung argumentiert VdB mit dem „völlig unüblichen Fall“, dass niemand mit der FPÖ als stimmenstärkster Partei in einer Regierung zusammenarbeiten wolle.
„Niemand kann alleine das ganze Volk für sich beanspruchen“, sagte der Bundespräsident daher in Richtung der Freiheitlichen unter Herbert Kickl, die nach ihrem Wahlsieg mit 28,8 Prozent Stimmanteil den Kanzleranspruch gestellt hatten.
"Österreich braucht eine stabile und integre Regierung"
Bundespräsident Van der Bellen sagte unter anderem:
- "Es geht zuallererst um Österreich", sagte Van der Bellen. "Österreich braucht eine stabile und integre Regierung".
- "Bei der Nationalratswahl geht es nicht um ein Rennen, wo der Erste gewinnt. Wenn eine Partei alleine regieren will, braucht sie mehr als 50 %. Sonst braucht sie Partner und die Zustimmung des Bundespräsidenten."
- "Eine Koalition braucht Inhalte, auf die man sich einigt."
- "Partner, die miteinander wollen und einander vertrauen."
- "Das Recht geht vom Volk aus. Das Volk sind wir alle", sagte der Bundespräsident. Dann zählte er die Wähler der Parteien auf.
- "Wir sind unterschiedlich. Unterschiedliche Dinge sind uns wichtig. Darum wählen wir unterschiedliche Parteien. Niemand kann allein das ganze Volk für sich beanspruchen. Niemand."
- "Jede Stimme zählt gleich viel. Aus ihnen ergeben sich die Mandate im Nationalrat. Nur die Mehrheit kann dort Gesetze beschließen."
- "Bisher war es üblich, dass der Bundespräsident den Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei mit der Bildung einer Regierung beauftragt."
Darum ist Herbert Kickl für ÖVP und SPÖ nicht tragbar
"Herbert Kickl hat mir gegenüber festgehalten, dass es eine FPÖ-Regierungsbeteiligung nur mit ihm als Kanzler geben würde", sagte Van der Bellen.
"Sorgen um die liberale Demokratie, mangelnde proeuropäische Haltung, Schädigung des Wirtschaftsstandorts, Putin-Nähe, mangelnder Respekt, spaltende Sprache, rückwärtsgewandtes Frauenbild und fehlende Abgrenzung zu Rechtsextremen." Das waren Punkte, die laut ÖVP und SPÖ gegen Kickl sprechen.
Van der Bellen hatte Kickl, Nehammer und Babler zum Ausloten aufgefordert, wer eine tragfähige Regierung zusammenbringen könnte. Viel schlauer dürfte man seit den drei bilateralen Gesprächen nicht geworden sein. Denn Nehammer und Babler wollen unverändert nicht mit Kickl bzw. der FPÖ koalieren, was der ÖVP-Chef via X am Montag auch bekräftigte. ÖVP und SPÖ wiederum hätten gemeinsam nur ein Mandat Überhang, was eine entsprechende Zweier-Koalition schwierig machen dürfte und wohl die Einbeziehung eines dritten Partners nötig machen würde.