Riesen-Wirbel bei den Grünen: Zwei Nationalratsabgeordnete greifen nun offen die Parteispitze an.
Der am Wochenende bekannt gewordene "Sideletter" zum Koalitionsvertrag sorgt für Riesenwirbel bei den Grünen. Während sich die Landeschefs hinter Werner Kogler stellen, greifen nun zwei Abgeordnete die Parteispitze direkt an und üben scharfe Kritik an der grünen Zustimmung zu einem Kopftuchverbot für Lehrerinnen.
Grüne Abgeordnete revoltieren
Zunächst postete die Nationalratsabgeordnete Faika El-Nagashi auf Twitter einen längeren Thread, in dem sie die Vereinbarung als „beschämend“ bezeichnet. Die Abgeordnete begann ihr Poosting sogar mit dem Satz „Wir müssen über Rassismus reden“.
Wir müssen über Rassismus in der Politik spechen. Die Vereinbarung des Türkis-Grünen #sideletter zu einem Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist beschämend und ich halte sie für politisch falsch. ????
— Faika El-Nagashi (@el_nagashi) January 31, 2022
Wenig später kritisierte auch Ewa Ernst-Dziedzic Grünen-Chef Kogler. „Es steht für mich außer Frage, dass ich nie einem Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen zustimmen würde. Unsere Position dazu bleibt aufrecht - wie meine Überzeugung, dass man nie mit rassistischem Populismus Politik machen darf“, schrieb die Abgeordnete, die zuletzt auch der der Impfpflicht-Abstimmung aus Protest ferngeblieben ist.
Es steht für mich außer Frage, dass ich nie einem Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen zustimmen würde. Unsere Position dazu bleibt aufrecht - wie meine Überzeugung, dass man nie mit rassistischem Populismus Politik machen darf. https://t.co/gqZ2w9uQuh
— Ewa Ernst-Dziedzic (@dziedzic_ewa) January 31, 2022
Grüne wollen »Kurz nicht in die Falle gehen«
Offen Kritik geübt hat bislang vor allem die einstige Chefin der Wiener Grünen, Birgit Hebein. Sie saß 2020 auch im Koalitionsverhandlungsteam der Grünen und habe den Sideletter nicht gekannt. Er sei auch den "Delegierten des Bundeskongresses nicht vorgelegt" worden. "Irritierend", nennt das Hebein.
Konter. Der einstige grüne Mandatar Albert Steinhauser kritisiert via Twitter ebenfalls, dass "relevante Informationen" dem grünen Bundeskongress 2020 nicht "offengelegt" worden seien. Dieser habe damals Ja zu Türkis-Grün gesagt, ohne zu wissen, dass etwa Posten aufgeteilt wurden und ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen als Abtausch für den ORF-Stiftungsratsvorsitz ausgemacht wurde.
Der Grund, weshalb nicht viel breitere Kritik geübt wird, dürfte die ÖVP sein. Die Wut der Grünen auf ihren Koalitionspartner - besonders auf Sebastian Kurz und "seine Partie" - ist immens. Ihnen wird vorgeworfen "den Sideletter an die Öffentlichkeit gespielt zu haben, um von eigenen Problemen abzulenken und uns zu schaden".
Die grünen Länder stellen sich daher hinter Kogler, da offenbar befürchtet wird, dass ein "offener grüner Konflikt von der ÖVP für Neuwahlen genützt werden könnte". Angesichts der türkisen Affären wäre das eine seltsame Taktik.