Nächster ORF-Chef attackiert Wrabetz
13.11.2010
Kommt der zweite "Fall Oberhauser"? Reporter wurden bespitzelt.
Der ORF kommt auch nach der umstrittenen Abwahl von Elmar Oberhauser nicht zur Ruhe. Im Gegenteil: Jetzt folgt der nächste Paukenschlag. Bei der ORF-Geschäftsführungssitzung kommende Woche fordert ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz von ORF-General Wrabetz vehement Konsequenzen in einer hochnotpeinlichen Affäre.
Was war passiert? Donnerstag der abgelaufenen Woche, 6. Stock im ORF-Zentrum am Küniglberg. Hinter verschlossenen Türen wird im Zuge einer dramatischen ORF-Stiftungsratssitzung der Rauswurf Oberhausers besiegelt. Vor dem Sitzungssaal kommt es zu einem Eklat (ÖSTERREICH berichtete): Als drei vor der Tür wartende ORF-Direktoren – Radiochef Karl Amon, Programm-Boss Wolfgang Lorenz und Online-Chef Thomas Prantner – sich mit APA- und ÖSTERREICH-Journalisten unterhalten, versucht eine ORF-Mitarbeiterin die Unterhaltung aufzunehmen. Angeblich „im Auftrag von ORF-Kommunikationschef Pius Strobl“. Die Gespräche der ORF-Chefs mit den Journalisten sollen auf Tonband aufgezeichnet werden.
„Mitschnitte bloß für ORF-Intranet gemacht“
Kommunikationschef Strobl, von ÖSTERREICH damit konfrontiert, spricht von einem Missverständnis: „Ich hatte die Mitarbeiterin der Cross Promotion gebeten, Interviews, die an diesem Tag entstehen, aufzunehmen. Das sollte nur in unser hausinternes Intranet gestellt werden. Alle Aufnahmen wurden vernichtet, nachdem ich gehört hatte, was passiert ist.“
Das lässt Programmchef Lorenz aber nicht gelten. Er spricht im ÖSTERREICH-Interview von „untragbaren DDR-Methoden“ (siehe Interview) und attackiert Strobl total. „Er hat eine pervertierte Vorstellung von Kommunikation.“ Dazu muss man wissen: Strobl ist einer der engsten Verbündeten von Wrabetz .
ORF-Programm-Chef Wolfgang Lorenz spricht von Abhörskandal
ÖSTERREICH: Sie haben am Donnerstag in der ORF-Stiftungsratssitzung demonstrativ eine schwarze Krawatte getragen. Wie sehen Sie mit ein paar Tagen Distanz die Abwahl von Elmar Oberhauser? Wolfgang Lorenz: Es war ein schwarzer Tag für den ORF. Nicht nur wegen Elmar Oberhauser, der ja zum Schluss nur noch Statist eines parteipolitischen Spiels war. Persönlich trifft mich das Ausscheiden von Oberhauser natürlich sehr, ich verliere ja einen sehr netten und guten Kollegen. So was nimmt mich mit, ich bin ja kein Eiskasten. ÖSTERREICH: Sie sagen, er war „Statist eines parteipolitischen Spiels“. Wie meinen Sie das? Lorenz: Da geht es nicht nur um Rot-Grün, einmal sind es die einen, dann die anderen. Aber insgesamt versucht sich die Politik dem ORF wieder so anzunähern, dass man das abwehren muss. Ich war nie Mitglied einer Partei und aus mir ist trotzdem etwas geworden. Es ist an der Zeit, sich für Unabhängigkeit einzusetzen. Ich hoffe, dass das Unternehmen jetzt zur Ruhe kommt und, dass wir hoffentlich noch ein Jahr das Augenmerk auf unsere Kernaufgabe legen können. ÖSTERREICH: Nach der Oberhauser-Abwahl wurde das Image des ORF in fast allen Zeitungen sehr kritisch gezeichnet? Lorenz: Da muss man differenzieren: In Fragen des Programms – mit Auf und Abs – sind wir immer noch europäisches Spitzenfeld. Da hat der ORF ein sehr gutes Image. Das ist mir auch wichtig. Das andere ist eine Frage der Kommunikation des ORF. Welches Bild da transportiert wird. ÖSTERREICH: Apropos: Es soll nach wie vor Aufregung unter den ORF-Direktoren herrschen, weil eine ORF-Mitarbeiterin Ihre Gespräche mit Journalisten am Donnerstag aufnehmen wollte? Lorenz: So ist es. Wir werden das in der nächsten Geschäftsführersitzung thematisieren. Es ist absolut empörend, dass man unsere Gespräche mit euch Journalisten abhören wollte – und das im Auftrag von ORF-Kommunikationschef Pius Strobl. ÖSTERREICH: Es war eine ORF-ReporterinMitarbeiterin, die das versuchte… Lorenz: Das war ein unschuldiges Mädel, da sie auf unsere Frage, was das solle, offen zugegeben hat, dass es „im Auftrag von Pius Strobl die Gespräche von Direktoren mit Journalisten aufzeichnen soll“. Das ist ein Skandal. Das war ein offensichtlicher Abhörskandal. Dabei finden Abhörskandale normalerweise geheim statt. Das war auch noch offen. Was sind denn das für Methoden? ÖSTERREICH: Gute Frage? Sie wollen das in der Geschäftsführersitzung thematisieren – was bedeutetheißt das konkret? Lorenz: Das heißt, dass das Konsequenzen haben muss! Wir können diese blamable Situation nicht auf unserem Unternehmen sitzen lassen. Da gibt der Kommunikationschef des Hauses einen Abhöra-Auftrag. Das zeigt, was für eine pervertierte Vorstellung von Kommunikation er hat. Wo sind wir denn da? Das erinnert an späte DDR-Methoden. Untragbar! ÖSTERREICH: Sehen das alle betroffenen Direktoren so? Lorenz: Alle Direktoren sind sehr erbost. Das sind Sitten, die man sich verbiteten muss! Da geht es ja auch um das Image des ORF.
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