Vertuschungsskandal

Natascha-Ausschuss kommt

20.09.2008

Die Grünen wollen den Parlamentsausschuss zur Polizei neu starten. Im Mittelpunkt stehen die Pannen bei den Kampusch-Ermittlungen.

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© Michelle Pauty
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Noch ist völlig offen, wer im nächsten Nationalrat sitzen wird - die erste politische Bombe nach der Wahl tickt aber bereits: Gleich zum Start der nächsten Legislaturperiode wird der Grün-Abgeordnete Peter Pilz den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses einbringen. Dabei soll die Arbeit des durch die Neuwahl abgebrochenen Innenministeriums-Ausschusses fortgesetzt werden. Im Zentrum wird aber ein Thema stehen: die polizeilichen Ermittlungsfehler und Vertuschungen im Fall Natascha Kampusch.

Was wurde vertuscht?
Vor allem drei wesentliche Fragen sollen dabei unter die Lupe genommen werden:

  • Wurden die schlampigen Ermittlungen von der ÖVP gezielt vertuscht? Und hätte Opfer Natascha Kampusch um ihre Schadenersatzansprüche gegenüber der Republik geprellt werden sollen?
  • Hätte Kampusch schon viel früher befreit werden können, wenn Hinweise der Bevölkerung nicht verschlampt worden wären?
  • Und die brisanteste: Hatte Entführer Wolfgang Priklopil Mittäter – die heute noch frei herumlaufen?

Laut Pilz gibt es neue Hinweise, die der von der Polizei aufgestellten Einzeltäter-Theorie widersprechen.

ÖSTERREICH-Interview mit Peter Pilz:

ÖSTERREICH: Hat der U-Ausschuss zum Innenministerium seine Arbeit nicht schon beendet?
Peter Pilz: Nein, es sind noch viele Fragen offen. Zum Beispiel, warum die Ermittlungsfehler im Fall Kampusch von ÖVP-Innenministern vertuscht worden sind.

Wollen Sie auch untersuchen, ob es einen Mittäter gegeben hat?
Da gibt es Hinweise, ja. Der Ausschuss kann nicht die Kriminalpolizei ersetzen, aber wir werden untersuchen, ob wirklich allen Hinweisen ernsthaft nachgegangen wurde. Und da ist die Frage nach einem Mittäter von Bedeutung.

Geheimer Akt
Der U-Ausschuss könne, so Pilz, die kriminalpolizeilichen Ermittlungen nicht ersetzen, aber sehr wohl untersuchen, warum eine Reihe von in einem Geheimakt aufgelisteten Ungereimtheiten nie ernsthaft aufgeklärt wurde:

  • Es gibt ein Video, das eine Geburtstagsfeier für Natascha Kampusch während ihrer Gefangenschaft zeigt. Polizisten, die es gesehen haben, behaupten, an dem Video mussten mehrere Personen beteiligt gewesen sein. Das Band wurde voreilig an Kampusch ausgehändigt.
  • Der Aussage eines Mädchens, das die Entführung beobachtet und dabei zwei Täter gesehen haben will, wurde nie nachgegangen.
  • Die Rufdaten-Rückerfassung der Telefonate Priklopils wurde nie ausgewertet.
  • Einem Hinweis aus Deutschland, im Internet wären Kampusch-Videos angeboten worden, wurde nicht nachgegangen.

Zeuge H.
Ein wertvoller Zeuge für diesen U-Ausschuss wäre wohl jener Mann, der in der vergangenen Woche mit Prügelszenen auf sich aufmerksam gemacht hatte (siehe oben): Ernst H., bester Freund Priklopils und jener, der ihn zuletzt lebend gesehen hat. Der sich immer noch regelmäßig mit Natascha Kampusch trifft und der nach Priklopils Tod mit einer Vollmacht der Mutter Gegenstände aus Priklopils Haus entfernt hat.

Sollte der grüne Antrag für diesen Ausschuss durchgehen, ist für einen spannenden Parlamentsherbst gesorgt. Ex-Verfassungsrichter Ludwig Adamovich, der die Evaluierungskommission zum Fall Kampusch geleitet hat, ist jedenfalls dafür: "Das würde den nötigen Druck auf die Behörden erhöhen.“

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