"Die Freiheit wird siegen". Parlament verurteilt Attentate von Paris.
Mit einer Schweigeminute und Ansprachen sowohl von Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) als auch von Regierungsvertretern hat das Parlament der Opfer der Anschläge von Paris gedacht. Gleichzeitig gab es Plädoyers für Freiheit und Versicherungen, dass sich die Gesellschaft von Attentaten nicht auseinanderdividieren lasse.
Bures betonte, man werde nicht zulassen, dass Terrorakte wie jene von Paris, "feige Angriffe auf Unschuldige", Freiheit und Grundwerte gefährden: "Die Freiheit wird siegen."
Faymann: Demokratie ist verankert
Für Kanzler Werner Faymann (SPÖ) haben die Solidaritätskundgebungen in verschiedensten Städten gezeigt, wie stark verankert die Werte der Demokratie in Europa seien. Nun gelte es, weiter aktiv für Rede- und Meinungsfreiheit und die Wertehaltung Europas einzutreten. Dies werde entscheiden, ob die Demokratie stärker sei "als irgendein Terrorist".
Abgelehnt wird vom SPÖ-Chef jede Verallgemeinerung oder Herabwürdigung. Die Religion des Islam dürfe nicht für die Verbrechen der Attentäter verantwortlich gemacht werden. Viele muslimische Organisationen hätten sich in den vergangenen Tagen gegen Gewalt und für die Freiheit geäußert.
"Mit Sorge" betrachtet Faymann das Ansteigen von antisemitischer Gewalt, die gerade Österreich nicht egal sein könne. Man müsse die Dinge beim Namen nennen, dass auch nach über sechs Millionen Opfern des Holocaust der Antisemitismus nicht aus Europa verschwunden sei: "Jede Art von Hass und Herabwürdigung und erst recht Antisemitismus haben keinen Platz in einer freien Gesellschaft."
Prävention
In Sachen Prävention nannte der Kanzler eine Stärkung der sozialen Sicherheit, aber auch Aufklärung in den Schulen. Dies werde darüber entscheiden, "ob wir in Europa stark genug sind, unseren Werten zum Durchbruch zu verhelfen".
Das Ziel "dieser Verbrecher" sei es, die Gesellschaft zu spalten, einzuschüchtern und in der Meinungsfreiheit einzuschränken, verurteilte auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die Attentate massiv. Diesem Anschlag auf das Wertegefügte der ganzen freien Welt müsse man mit Geschlossenheit und Entschlossenheit begegnen. Dabei müsse man freilich auch darauf achten, dass das Pendel nicht in die andere Richtung ausschlage: "Jede Art von Extremismus ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft."
Gleichzeitig machte die Ministerin klar, dass auch Österreich nicht vor Terror sicher sei. Immer wieder gebe es Drohungen im Internet, niemand könne Anschläge ausschließen. Daher gebe es erhöhte Alarmbereitschaft, mit Medienhäusern und Israelitischer Kultusgemeinde habe man Kontakt aufgenommen. Insgesamt hielt die Ministerin fest, es gebe Grund zu Sorge und Vorsicht, aber keinen zu Panik oder gar Hass.
Bedrohungslage
Die Bedrohung werde ohnehin seit langem sehr ernst genommen, verwies Mikl-Leitner auf die zuletzt beschlossene Gesetze wie das Verbot, Symbole von Organisationen wie "Islamischer Staat" und "Al-Kaida" zu tragen. Zudem werde diese Woche ein zusätzliches Sicherheitspaket geschnürt. Kooperiert werde auch mit dem Verteidigungsressort.
Begleitet wurde die Debatte von diversen Tafel-Aktionen. Die Grünen und die NEOS hielten "Je Suis Charlie", "Je Suis Juif" ("Ich bin Jude") oder "Je Suis Ahmet" ("Ich bin Ahmet" in Anlehnung an einen bei den Anschlägen getöteten Polizisten) hoch, die FPÖ dagegen Parolen wie "Kein Platz für Radikal-Islam". Die ÖVP wiederum bewarb "Freiheit der Meinung" und "Freiheit der Presse". Die SPÖ beließ es bei "Je Suis Charlie"-Buttons. Ganz auf Aktionismus verzichtete das Team Stronach.
Die rechten Frankreichs spielen sich als neue Freunde von "Charlie Hebdo" auf. Deswegen haben auch Marine Le Pen von der rechten Partei Front National und ihren rechtsextremen Vater Jean-Marie Le Pen ihren Platz im Heft. Statt "Ich bin Charlie" trägt Marine Le Pen "Ich bin begeistert", ihr Vater hält hoch: "Ich bin Charlie Martel". (Anmerkung: Karl Martell, wie er auf Deutsch genannt wird, hatte 732 in der Schlacht von Tours und Poitiers die einfallenden Araber abgewehrt.)
Ein Comic zeigt einen der beiden Attentäter, auf dem Sofa der Psychiaterin und Charlie-Redakteurin Elsa Cayat, die bei bei dem Anschlag ums Leben kam. "Ich habe geträumt, ich hätte 'Charlie Hebdo' umgebracht", sagt ihr vermummter Patient. Er beschreibt die Tat, doch die Psychiaterin hinterfragt ständig, was der Traum anderes bedeuten könnte. Sie fordert ihn auf, seine Alpträume zu Papier zu bringen. Er gibt ihr eine blutrünstige Zeitung. Sie konstatiert: "Ah ok. Sie zeichnen wirklich beschissen. So werden Sie es nicht morgen zu 'Charlie Hebdo' schaffen, das kann ich Ihnen versichern."
Drei Islamisten sitzen schlecht gelaunt beieinander. "Die Leute von 'Charlie Hebdo' dürfen wir nicht anrühren", sagt einer. "Sonst werden sie den Leuten als Märtyrer erscheinen und uns im Paradies die Jungfrauen wegschnappen."
Im Auslandsteil wird vom jüngsten Boko-Haram-Massaker in Nigeria berichtet. Zwei Dschihadisten frohlocken: "2000 potenzielle Charlie-Abonnenten weniger". Der Islamische Staat habe angekündigt, vier Millionen Frauen zwischen 11 und 46 Jahren genital verstümmeln zu wollen, lässt "Charlie Hebdo" IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi behaupten. "Auch dafür suchen wir ausländische Freiwillige."
"Erste Bilanz der Tage nach dem Anschlag" Links im Kasten: "Alle zusammen: Ich bin Charlie". Dazu singt die Menge die französische Nationalhymne. Darunter: Philippe, Katerine, Wer erinnert Euch ans Kiffen am nächsten Tag?. Rechts im Kasten: "Feste die Hände Herrn Manuel Valls schütteln".
Karikatur der Liebe: Zunächst links: Ich liebe Dich mein Schatz, schön dass Du lebst. Rechts daneben: Halbmast, Auch Libido auf Halbmst. Links unten: Madonna unterstütz "Charlie": "Ich stelle mein Höschen zur Verfügung". Und rechts im Kasten: Auch Angela Merkel: "Ich bin kein Träger eines Höschens".
Die Redaktion der Zeitung "Liberation" wird karikiert. Links: "Man kann bei der 'Liberation' rauchen. Charb, der ermordete Charlie-Hebdo-Chefredakteur": Lungenkrebs, Idiotenbande". Unten dann ein Redakteur: "Entschuldigung, Charb". Im Kasten links unten spricht Hollande: "Der französische Staat stellt eine Million Euro für "Charlie" zur Verfügung. Google hilft.