Fast schon traditionell zeigt sich in diesem Wahlkampf wieder: Auf Social Media macht der FPÖ niemand etwas vor.
Die Partei von Herbert Kickl erreicht mit Abstand die meisten Menschen, nicht nur "zuhause" auf Facebook, sondern auch auf Youtube, Tiktok und Instagram. Einzig auf X (vormals Twitter) sind die Blauen vergleichsweise weniger stark vertreten. Dass Social Media Wahlkampf auch ohne Geld funktionieren kann, zeigt die Bierpartei.
2,4 Millionen Interaktionen: Kickl übertrifft seine Kontrahenten
Mit 2,4 Millionen Interaktionen im Juli und August auf seinen Kanälen sowie jenen der Bundespartei übertrifft Kickl seine beiden Kontrahenten im Rennen um die Kanzlerschaft, Andreas Babler (603.000) und Karl Nehammer (464.000) um ein Vielfaches, wie eine Auswertung der Social Media Marktforschungsagentur Buzzvalue zeigt. Dass die FPÖ hier die Nase vorn hat, kommt für Geschäftsführer Markus Zimmer nicht überraschend, haben die Freiheitlichen bekanntlich schon unter Heinz-Christian Strache früh auf Social Media gesetzt. Das Erfolgsrezept der Blauen heißt dabei: "Einfache Botschaften, sehr polarisierend, teilweise völlig überzogen und überspitzt. Aber das ist genau das, was die Anhänger wollen", sagte er im Gespräch mit der APA.
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Genau dieses bewusste Emotionalisieren, auch das Schüren von Feindbildern funktioniert für die FPÖ schon seit vielen Jahren, und führt etwa dazu, dass Kickl und die FPÖ mit knapp einer Million dreimal so viele Follower haben wie Nehammer oder Babler. So liest man auf Kickls Instagram-Account etwa in "blutender" Schrift "Messerstecher konsequent abschieben" oder "der Horror geht weiter" (nach Ursula Von der Leyens zweiter Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin). In schwarz-weiß und durchaus bedrohlich anmutend sind auch Bilder politischer Widersacher, beispielsweise Bundespräsident Alexander Van der Bellen oder Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zu sehen. Und auch ein Fixum blauen Wahlkampfes - die Reimkunst - darf nicht fehlen, wenn auch weniger kreativ als in vorherigen Wahlkämpfen: "Sei schlau, wähl blau". Privat zeigt sich Kickl beim Wandern.
Instagram: Nehammer und Babler wollen volksnah zu wirken
Nehammer und Babler bemühen sich auf Instagram darum, möglichst volksnah zu wirken. So sieht man ersteren beim Neustifter Kirtag, einem "Fixtermin" in seinem Kalender, zweiteren bei diversen Terminen der "Herz und Hirn"-Tour oder etwa mit Sprühkerzen in der Hand bei einem Fußballspiel des für seine vorrangig linke Anhängerschaft bekannten Wiener Sport-Club. Auf die Leistung der Fußballnationalmannschaft bei der EM im Sommer sind fast alle Politiker aufgesprungen, "ob das glaubwürdig ist, ist natürlich ein schmaler Grat", so Zimmer.
Ob ein Posting gut oder schlecht sei, will der Experte nicht entscheiden. Klar sei aber, dass es für Parteien der "liberalen Mitte" wie den Grünen oder NEOS schwerer sei, ihre Inhalte zu transportieren, als für jene an den Enden des politischen Spektrums. Bei den beiden müsse aber noch "mehr passieren", liegen sie mit 135.000 (Grüne) bzw. 80.000 (NEOS) Interaktionen doch weit abgeschlagen, "obwohl sie eigentlich schon gezeigt haben, dass sie Wahlkampf auf Social Media können." Auch Nehammer habe mit anderen Herausforderungen zu kämpfen als Kickl: "Als Bundeskanzler kann ich da auch nicht wie das Rumpelstilzchen auftreten".
Die meisten Menschen erreicht man auf Facebook
Nach wie vor erreicht man die meisten Menschen auf Facebook (2,3 Millionen Interaktionen auf den Kanälen der Parteien und Spitzenkandidaten), gefolgt von Instagram (750.000) und X (450.000). Alle Parteien nutzen ihre Kanäle, um Interviewsequenzen mit ihren Spitzenkandidaten zu teilen. Lediglich die FPÖ postet dann keine Ausschnitte aus Formaten des ORF oder eines privaten Senders, sondern setzt auf FPÖ-TV. Mit dem eigenen Sender erreicht man auch auf Youtube viele Menschen, über 200.000 Personen haben den Kanal abonniert.
Nach wie vor nicht angekommen sind die österreichischen Parteien auf Tiktok. Zwar gelingt es einzelnen Politikerinnen, etwa den Ministerinnen Karoline Edtstadler (ÖVP), Gewessler und Alma Zadić (Grüne) dort eine gewisse Reichweite zu generieren, allgemein werde Tiktok, anders als in den USA, wo sich die chinesische Plattform im Wahlkampf beinahe zum "Schlüsselkanal" entwickelt hat, in Österreich immer noch zu stiefmütterlich behandelt. Zimmer hält das für einen Fehler: "Man erreicht dort nicht nur 13-Jährige, die singen und tanzen, sondern zu 75 Prozent Jungwähler".
Ausgaben der wahlwerbenden Parteien
Ein Blick auf die Ausgaben der wahlwerbenden Parteien zeigt, dass alle in den Sommermonaten noch zurückhaltend waren. Mit knapp 45.000 Euro griff die ÖVP am tiefsten in die Tasche, gefolgt von FPÖ (38.000), NEOS (33.500), SPÖ (24.000), Grünen (18.000) und KPÖ (11.000 investiert, 100.000 Interaktionen). Gerade für Parteien mit begrenzten finanziellen und organisatorischen Kapazitäten ist Wahlwerbung auf Social Media eine effiziente Methode, die eigene Zielgruppe zu erreichen.
Dass es auch ohne Geld geht, zeigt die Bierpartei. Rein durch "organische Reichweite" erreichte sie bislang 170.000 Interaktionen und damit mehr als die im Parlament vertretenen Grünen oder NEOS. "Die Bierpartei ist im Social Media Wahlkampf kein Neuling, das hat schon bei Dominik Wlaznys Präsidentschaftskandidatur gut funktioniert", sagte Zimmer. Die Bewegung, die sich ernsthafte Chancen auf den Einzug in den Nationalrat ausrechnet, wisse wie man die Kanäle bespielt und vor allem auch das jüngere Publikum erreicht. Zimmer ist aber überzeugt, dass bei den anderen in den gut drei Wochen bis zur Nationalratswahl noch einiges an Geld fließen werde. 2019 etwa zahlte die SPÖ unter Pamela Rendi-Wagner über 250.000 Euro, die FPÖ mit Norbert Hofer als Spitzenkandidat 115.000 und die Volkspartei mit Sebastian Kurz rund 100.000 Euro für Social Media Werbung.