Das TV-Duell von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) lief harmonisch ab, wenngleich beide ihre unterschiedlichen Sichtweisen in Sachen Umweltschutz unterstrichen.
Bei der unterschiedlichen Katastrophenhilfe ist man sich auch nicht einig aber sehr wohl bei der Aktion "Österreich hilft Österreich". Bei einer Regierungsbeteiligung ohne Umweltministerin Gewessler könnte ein Kompromiss zustande kommen. Bei der Reform der Justiz auch. Nehammer drückt am Anfang des Duells Anteilnahme für die Opfer aus, die dringend Hilfe brauchen.
Frage: "Wie war die Koalition beim Klimaschutz?"
Nehammer: „Wir sind große Projekte angegangen wir haben CO2 bepreist und die Kalte Progression abgeschafft und die Photovoltaik ausgebaut. Das Klimaschutzgesetz – war mit uns nicht möglich, es darf nicht dazu führen dass wir für die Bauern Nachteile schaffen oder der Industrie Auflagen machen, so dass die Industrie abwandert. Auch Habeck in Deutschland veranstaltet einen Autogipfel."
Auf die Frage warum das Ziel, den Bodenschutz auf 2,5 Hektar pro Tag bis 2030 umzusetzen gescheitert sei:
Nehammer: „Es hat keinen Sinn, mit dem Raster drüberzugehen, nur 6,7 % des Bodens sind - die Anspruchsflächen dazugerechnet - versiegelt. Man darf aus der Katastrophe kein politisches Kleingeld machen. Es ist alles viel komplexer. Es braucht die richtige Maßnahme am richtigen Ort. Das 2,5-ha-Ziel ist falsch. Die Bürgermeister wissen das am besten.“
Verhalten der Bundesländer
Kogler konterte: „Es ärgert mich das Verhalten der Länder, in der Bundesregierung waren wir uns einig und alle Berater haben Verbindlichkeit gefordert, Die 100-jährigen Hochwässer haben wir jetzt alle 10 Jahre. Die beste Vorsorge ist der Bodenschutz. Seit damals haben wir aber mehrere 100.000 Fußballfelder verbetoniert. Jeder Kilometer Autobahn sind 10 Fußballfelder. Natürlich trennt uns das. Ich weiß schon, wie schwierig das ist mit den Landeshauptleuten. Das ist ein altes Denken gegen die Veränderung, wenn wir so weitermachen, haben wir gar keine fruchtbaren Felder mehr. Es würde helfen zum Schutz der Felder und für den Menschenschutz, weil wir ja fruchtbare Felder dazu brauchen."
Öl- und Betonbarone
Das alte Denken käme aus der Wirtschaftskammer. Kogler weiter: "In der Wirtschaftskammer gehen die Ölbarone, die Betonbarone und die Gasagenten ein und aus.“
Auf die Frage nach der Koalition mit der ÖVP ohne Umweltministerin Leonore Gewessler legt sich Kogler nicht fest und weicht zunächst aus: Kogler: „Die Renaturierung ist eines der wichtigsten Gesetze überhaupt und wir haben es durchgesetzt. Natürlich würden wir es genau so machen. Die Frage,die sich dabei auch stellt, wer bringt diese Themen ein bei einer Regierungsbeteiligung und zur sozialen Absicherung? Wenn uns das nicht gelingt bei den Verhandlungen werden wir es nicht machen." Kogler bemüht einen sportlichen Vergleich: "Es schaut jeder Kapitän, welche Mannschaft einläuft."
Kein Brüssel für Renaturierung
Nehammer: „Es braucht, dass sich jeder an die Spielregeln hält. Was bedeutet das für den Lebensstandort? Für Renaturierung brauchen wir kein Brüssel. Wir brauchen aber den Platz für Wohnen, Arbeiten und Produzieren. Es kommt zu einer Überbürokratisierung, die den Standort plätzlich unter massiven Druck stellt. Wir müssen auf Bauern und Forstwirte schauen, damit auch die die Zukunft planenkönnen.“
Kogler: „Es ist gut, wenn die EU ein Ziel vorgibt, weil es in vielen Ländern nicht gut läuft. Wir brauchen nicht ein Einkaufszentrum in jedem Ortseingang. Da wurde reinkampagnisiert und wir haben den Bauernbund, der irre gemacht wurde und wir haben den Wirtschaftsbund – die Natur hält aber den Nicht-Bodenschutz nicht mehr aus. In Niederösterreich etwa haben wir einen Bodenverbrauch pro Kopf, der 50 % über dem Schnitt liegt. Mehr Autobahnen und Schnellstraßen zu bauen geht da nicht. Man könnte das sanfter, wie etwa in der Steiermark machen. Aber das muss auch mit etwas Empathie vorgetragen werden.“
Für den Wirtschaftsstandort
Nehammer: “ Das Thema eignet sich nicht für parteipolitische Dogmatik. Wir haben seit dem Jahrunderthochwasser 2002 viel investiert und dabei auch viel gelernt. Etwa bei der Wildbachverbauung und den Retentionsbecken. Man kann nicht das eine gegen das Andere ausspielen. Straßen sind wichtig für die Menschen im Ländlichen Raum., es ist wichtig in Straßen und Schienen zu investieren. Wir sind für Technologieoffenheit und Chancen. Wir wollen die Menschen nicht einengen, wir sind für den Wirtschaftsstandort und für den Forschungsstandort.“
Landeshauptleute kompetent
Auf die Frage, ob unterschiedliche Hilfe nach Ländern vereinheitlicht werden sollte, meinte Nehammer: "Die Landeshauptleute wissen am besten, was richtig ist? Das hängt auch von der Schadensfläche ab. Wir bekommen von der Europäischen Union 500 Millionen, auch das wird dann eingesetzt. Und man schaut sich Härtefalle an."
Kogler: "Ich bin schon der Meinung, dass man das vereinheitlicht, Die LH-Konferenz soll sich zusammentun, dass man das vereinheitlicht, Man muss von 20 % auf 80 % Entschädigung für Betriebe und Private gehen, damit die Schäden wirklich abgedeckt sind. Es muss mehr kommen als 20 %, sonst werden viele verschwinden."
Nehammer: "Wir als Bund stellen die Geldmittel zu Verfügung – alles andere ist Sache der Länder und es gibt ja auch eine Härtefall-Klausel."
Versicherungen vereinheitlichen
Beide können sich vorstellen, andere Versicherungssysteme wie etwa in Belgien genauer durchzurechnen. Beide zeigen sich am Ende über die Klimadebatte überzeugt, dass es Sinn macht die Einnahmen der Aktion "Österreich hilft Österreich" mit Bundesmitteln zu verdoppeln.
Kogler tritt für eine Vereinheitlichung der neuen verschiednenen Katastrophenschutzsysteme ebenso ein, wie die des Tierschutzes, der Pflege, Gesundheit und der Vorgaben für Kindergärten, die alle Ländersache sind.Nehammer führt ins Treffen, dass beim jüngsten Hochwasser ohnehin über Ländergrenzen hinweg zusammen gearbeitet wurde zur Katastrophenhilfe.
Justiz regeln
Auf die Frage, wie es beim unerledigten Thema einer Generalstaatsanwalschaft bei der Justiz weitergehen könnte, weil Justizministerin Alma Zadic und EU-Ministerin Karoline Edtstadler unterschiedliche Ansätze haben, gaben sich sowohl Kogler als auch Nehammer verhandlungsbereit, wenngleich Kogler den Bundestrojaner begrenzt haben möchte und Nehammer für die vollständige Überwachung von Messenger-Diensten ist.