Wahlkampf in Graz
Kickl vergleicht sich mit Messner: „Werden Mount Everest besteigen“
07.09.2024Mit ihrem Wahlkampfauftakt in Graz starten die Freiheitlichen in den ganz heißen Intensivwahlkampf. FPÖ-Chef Herbert Kickl peitschte seine Anhänger für die nächsten Wochen bis zum 29. September mit einer emotionalen Rede ein. Sein Ziel: Er will Kanzler werden.
Das Match Nehammer vs. Kickl wird jetzt richtig heiß. Beide hatten heute ihren Wahlkampfauftakt. Nehammer in der vollen Steffl Arena in Wien und Herbert Kickl in Graz.
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Duell um die Kanzlerschaft
Nehammer legte mit einem heißen Auftritt vor. Kickl zog wenige Stunden danach - nachdem er am Vormittag noch im Welser Bierzelt sprach- nach. Das Duell um die Kanzlerschaft zwischen ÖVP und FPÖ hat also offiziell begonnen. Alles deutet darauf hin, dass Nehammer vs. Kickl ein absoluter Thriller wird.
"Eine Richtungswahl"
Kickl erklärte gleich zu Beginn seiner Rede die Nationalratswahl am 29. September zur „Richtungswahl". Der blaue Chef will den „blauen Pfeil der Freiheit abschießen und mitten ins Schwarze treffen".
Duell mit Nehammer
Kickl machte sich darüber lustig, dass Nehammer ein Duell mit Kickl will. Er forderte den Kanzler auf, das Ergebnis eines Duells anzuerkennen. An die ÖVP richtete er die Frage, „seid ihr Demokraten genug?" Wenn Kickl nicht Erster wird, will er keinen Kanzleranspruch anmelden. Kickls Ziel: Fünf gute Jahre, wie er in Graz sagte und auf seine Wahlkampfplakate schreibt. Kickls Hauptgegner in seiner Rede war der Kanzler. An Nehammer richtete er die Frage: „Was haben Sie die letzten Jahre eigentlich beruflich gemacht?“
Kickl gegen die Kulturschaffenden
Gegen Prominente, die gegen Kickl aufgerufen hatten, teilte der FPÖ-Chef kräftig aus: "Wichtigtuer vom Dienst", nannte er sie. Es ist der erste Frontalangriff, den Kickl in seiner Rede ritt.
Kampf gegen das System
Die Einheitsparteien und das System, diese Konfrontation will Kickl. Sein Ziel: Die „Brandmauer“ einreißen. „Mauerfall am 29. 9.“, das gab Kickl aus. Heftig warnte der Chef der Freiheitlichen vor einer Ampel-Regierung nach deutschem Vorbild. Das, was andere als Stabilität bezeichnen, ist für Kickl nur ein „Weitermachen wie bisher.“
Liebeserklärung an die Partei
Eine Liebeserklärung richtete Kickl an seine eigene Partei und das Land: „Ich liebe die FPÖ“. Er streichelte die Seele der blauen Funktionäre und Anhänger. Zusammen mit einer starken Partei im Hintergrund will Kickl sich nicht davon abhalten lassen, Österreich zu regieren. Nicht nur um die Partei geht es Kickl, sondern er richtete sich auch an das Land und die Österreicher: „Ich liebe meine Heimat“ Kickl will eine „neue Ära“ für Österreich. Dabei forderte er, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. So definierte Kickl den von ihm vielzitierten „Volkskanzler“.
Freiheitliche Kernthemen
Inhaltlich setzte Kickl die gewohnten Akzente: Migration bekämpfen, Sozialleistungen nur für Staatsbürger, mehr Familienförderung, steuerliche Entlastungen und die Einführung der direkten Demokratie. Das ist das freiheitliche Kernprogramm. Kickl setzte darauf und machte keine Experimente. Keine Experimente, davon war die ganze Kickl-Rede geprägt. Was auffällt: Auf dem Weg ins Kanzleramt gibt sich der FPÖ-Chef für seine Verhältnisse fast schon zahm. Und Kickl setzte in seiner Rede auf emotionale Botschaften und verteilte Liebeserklärungen. Von seinen Anhängern fordert er den "unbedingten Willen zum Sieg." In seinen letzten Worten verglich Kickl sich mit Bergsteiger Reinhold Messner: „Werden Mount Everest besteigen.“ Kickls Mount Everest steht am Ballhausplatz.
Kickl-General Hafenecker attackiert Nehammer
Nach dem Wahlkampfauftakt der ÖVP attackierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker den Kanzler und die Volkspartei frontal. Wenn Nehammer davon spreche, dass er und seine Partei „Probleme lösen“ und sie sich dadurch von den anderen unterscheiden würden, so könne man das nur als „totale Realitätsverweigerung“ werten. Hafenecker weiter: „Der schlechteste Kanzler aller Zeiten ist ein Problemverursacher, Leistung, Familie und Sicherheit sind Fremdwörter für ihn. Denn er und seine ÖVP stehen für eine beispiellose Wohlstandsvernichtung, extreme Teuerung und Rekordinflation, die Zerstörung unseres Wirtschaftsstandorts, Bürger-Abzocke und Klimakommunismus mit CO2-Steuer, ORF-Zwangssteuer und Co., für illegale Masseneinwanderung, steigende islamistische Terrorgefahr und Unsicherheit."
Eine positive Wende für Österreich sei nur mit einer FPÖ-geführten Bundesregierung und einem Volkskanzler Herbert Kickl möglich. „Diese Nationalratswahl ist eine historische Richtungsentscheidung. Karl Nehammer hat unsere Heimat und die Bürger von einer Krise in die nächste geführt, das ist der Weg der schwarz-grün-rot-pinken Einheitspartei", so Hafenecker.
Landesparteichef Mario Kunasek stellt abermals den Landeshauptmann-Anspruch - freilich unter einem Bundeskanzler Kickl, wie er es sich wünschte. "Wir werden dich dann als Bundeskanzler, als unser Volkskanzler, begleiten", zeigte sich Kunasek überzeugt von einem Sieg der Freiheitlichen bei der Nationalratswahl. "Asylschwindler" und "vermeintliche Eliten des Landes" waren daher auch sein Ziel der verbalen Attacken. Zuvor waren die ersten zehn Kandidaten und Kandidatinnen auf der Bundesliste, angeführt von Kickl, zu Europes "Final Countdown" auf die Bühne marschiert.
Die besten Bilder vom Wahlkampfauftakt der FPÖ in Graz:
Alle bei den Blauen bisher da gewesenen Dimensionen sprengte auch die Inszenierung durch parteieigene Medien, vor allem "FPÖ TV". Zehn Live-Kameras übertrugen den Auftakt, dazu kamen etliche weitere. Dementsprechend versprach Kunasek auch einen Wahlkampf, den es so noch nie gegeben habe. Mit der John Otti Band auf Bewährtes setzte man beim Show-Programm.
Kopf-an-Kopf-Rennen
In der aktuellsten Umfrage bleibt die FPÖ an der ersten Stelle – sie wird derzeit mit 28 % berechnet, ein Plus von einem Prozentpunkt. Allerdings reicht das nicht, damit sich die FPÖ von der Kanzlerpartei ÖVP absetzt: Denn für Karl Nehammers Partei wird ein Plus von drei Prozentpunkten berechnet. Somit käme die ÖVP aktuell auf 26 % – da spürt Herbert Kickl den türkisen Atem im Nacken. Herbert Kickl scheint für viele Wählerinnen und Wähler derzeit der Grund zu sein, bei der FPÖ das Kreuzerl zu machen. Der FPÖ-Chef kommt (in nicht hochgerechneten Rohdaten) derzeit auf 22 % – das ist klar Platz 1 in der Kanzlerfrage.
SPÖ abgeschlagen
Lazarsfeld berechnet für die Roten mit ihrem Spitzenkandidaten Andreas Babler derzeit lediglich 20 % – das ist der niedrigste Wert in den wöchentlichen Lazarsfeld-Hochrechnungen der letzten zwei Jahre.