Das bisher größte Minus der Parteigeschichte hat die ÖVP am Sonntag bei der Nationalratswahl eingefahren und damit auch das erklärte Ziel - den ersten Platz - klar verfehlt.
Den Hochrechnungen zufolge büßte die Volkspartei über elf Prozentpunkte ein. Der Stimmenverlust ist damit klar größer als bei der Wahl im Jahr 1990, als man ein Minus von 9,23 Prozentpunkten hinnehmen musst. Auch damals profitierten die Freiheitlichen.
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52 Sitze im Hohen Haus
Die ÖVP verliert damit beinahe ein Drittel ihrer Mandate. Statt 71 stehen der Volkspartei künftig wohl nur noch 52 Sitze im Hohen Haus zu. Immerhin blieb der Partei der bisherige Negativ-Rekord aus dem Jahr 2013 erspart, bei der damaligen Nationalratswahl kamen die Schwarzen lediglich auf 23,99 Prozent der Stimmen.
Für Bundeskanzler Karl Nehammer, der die Partei Ende 2021 von Sebastian Kurz übernommen hatte, bedeutet das Minus am Sonntag jedoch die fünfte Wahlschlappe in seiner Obmannschaft. In den sechs Urnengängen setzte es fünfmal ein sattes Minus. Lediglich einmal, nämlich bei der Landtagswahl in Kärnten, gab es ein zartes Plus. Jedenfalls eindeutig manifestiert hat sich der Abwärtstrend auf Landesebene in Niederösterreich und Tirol mit je fast minus zehn Prozentpunkten, in Salzburg verlor man (bei niedrigerer Ausgangslage) 7,41 Punkte und bei der EU-Wahl machte das Minus schließlich 10,03 Prozentpunkte aus.
Korruptionsermittlungen gegen die Bundes-ÖVP
Das letzte Plus davor hatte die ÖVP in Oberösterreich geschafft, im September 2021 - kurz bevor die Korruptionsermittlungen gegen die Bundes-ÖVP und den damaligen Kanzler Kurz bekannt wurden. Auch dieses war allerdings schon recht mager ausgefallen, mit 1,6 Prozentpunkten. Und es war - mit den folgenden Rücktritten von Kurz und seinen Getreuen samt Details aus Chats von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid und anderen - das Ende der türkisen Erfolgsserie. Zwischen 2017 und 2021 hatte die ÖVP bei zwölf Wahlen unter Kurz teilweise triumphale Wahlsiege gefeiert.