Kanzler-Aus

Nehammer geht nach 1.131 Tagen im Amt

10.01.2025

Nach dem Platzen der Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ ist ÖVP-Chef Karl Nehammer als Bundeskanzler abgetreten.  

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Sein interimistischer Nachfolger Alexander Schallenberg wird am Freitag angelobt. Nehammer hatte das Amt Ende 2021 nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz (ÖVP) übernommen und stand 1.131 Tage und damit etwas kürzer als Kurz an der Spitze der Regierung. Damit reiht er sich auf Platz neun unter den bisher 16 Bundeskanzlern der Zweiten Republik ein.

Nehammer war mit breiter Rückendeckung seiner Partei in das Amt gegangen, bei seiner ersten Wahl zum ÖVP-Obmann im Mai 2022 gab es 100 Prozent der Stimmen für ihn. Schlechte Wahlergebnisse brachten immer wieder Spekulationen über eine Rückkehr Kurz', der der Volkspartei jahrelang Wahlerfolge beschert hatte. Nach Beginn der Koalitionsverhandlungen mit den NEOS und der SPÖ, die bis zum Schluss auf Reichensteuern in irgendeiner Form pochte, brodelte es schon seit Wochen vor allem im Wirtschaftsflügel der Partei.

Etwas kürzer als Kurz im Amt

Nehammer hatte das Amt übernommen, nachdem sein mit Korruptionsvorwürfen konfrontierter Vorgänger Kurz seiner Abberufung durch den Nationalrat durch einen Rücktritt zuvorgekommen war. Es war Kurz' zweiter Rücktritt, nachdem der Nationalrat die türkis-blaue Regierung nach der Ibiza-Affäre und dem Ende der türkis-blauen Regierung am 27. Mai 2019 abgewählt hatte. Damals übernahm ein von Brigitte Bierlein geführtes Expertenkabinett die Regierungsgeschäfte. Nach dem ÖVP-Wahlsieg und der Verhandlung einer Koalition mit den Grünen kehrte Kurz am 7. Jänner 2021 ins Kanzleramt zurück. In Summe kam er auf 1.168 Amtstage.

Nehammer stand damit etwas kürzer an der Regierungsspitze als Kurz. Ähnlich lange war etwa auch SPÖ-Kanzler Fred Sinowatz im Amt, ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel (knapp sieben Jahre) und Josef Klaus (sechs Jahre) deutlich länger.

Der bisher längst dienende Bundeskanzler war Bruno Kreisky (SPÖ), der von April 1970 bis Mai 1983 - etwas mehr als 13 Jahre - die SPÖ-Alleinregierungen anführte. Auf die zweitlängste Amtsperiode kommt Franz Vranitzky (SPÖ) mit zehneinhalb Jahren im Kanzleramt vor Julias Raab (ÖVP) mit acht sowie Werner Faymann (SPÖ) und Leopold Figl (ÖVP) mit jeweils über sieben Jahren. Figl wurde 1945 angelobt und war der erste reguläre Bundeskanzler der nach 1945.

Zuvor hatte Karl Renner (SPÖ) die provisorischen Regierungsgeschäfte als "Staatskanzler" geführt. Renner war mit gut sieben Monaten auch einer der bisher kürzest dienenden Regierungschefs der Zweiten Republik. Noch kürzer war nur Brigitte Bierlein im Amt, die Übergangskanzlerin nach der Ibiza-Affäre. Kurz' unmittelbarer Vorgänger Christian Kern (SPÖ) brachte es auf etwas über eineinhalb Jahre.

Nicht einbezogen wurden in der Rangliste die nach Rücktritten provisorisch mit der "Fortführung der Geschäfte" betrauten Regierungschefs. Hier trägt Hartwig Löger die rote Laterne: Der ÖVP-Finanzminister sprang nach Kurz' Amtsenthebung bis zur Angelobung von Bierleins Beamtenregierung ein - und war nur sechs Tage, von 28. Mai bis 3. Juni, im Amt. Zwei Tage länger war ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner 2016 provisorischer Bundeskanzler: Als Werner Faymann zurücktrat, wurde er am 9. Mai 2016 mit der Fortführung der Geschäfte betraut - bis am 17. Mai Christian Kern angelobt wurde.
 

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