Verhaftungen

Neonazis im Dauer-Verhör

12.04.2011

Waffen, Computer, Handys gefunden. Vor Anklage gegen "Führer" Küssel.

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© TZ ÖSTERREICH/Juvan
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Am Montag fanden sechs Hausdurchsuchungen und zwei Verhaftungen von Rechtsextremisten statt. Küssel wird nun über Neonazi-Homepage befragt.

Er hat nur wenig zu sagen. Und hält sich äußerst bedeckt. Immerhin sind Gottfried Küssel Vernehmungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft nicht unbekannt. Montagabend wurde der bekannte Rechtsextremist in seiner Wohnung in der Unteren Donaustraße in Wien verhaftet.

Küssel wird von Verfassungsschutz und Justiz verdächtigt, einer der Hauptdrahtzieher der Neonazi-Homepage alpen-donau.info zu sein – und wird seither permanent verhört.

Auf der via US-Server betriebenen Internetseite wurde seit zwei Jahren gegen Minderheiten, Politiker und Journalisten gehetzt. Zudem erfüllten die Inhalte der Website den Tatbestand der Wiederbetätigung. Gegen Küssel wird denn auch nach dem NS-Verbotsgesetz und wegen Körperverletzungsdelikten ermittelt. Polizeiermittler gehen von "ausreichenden Indizien" aus.

Bereits im Oktober 2010 fanden insgesamt 16 Hausdurchsuchungen im Neonazimilieu – auch bei Küssel – statt. Damals wie heute wurden bei einigen Kameraden Waffen, einschlägige Devotionalien und jede Menge Computerdaten sichergestellt. Auch dieses Mal wurden die Spezialeinheiten der Cobra und des Verfassungsschutzes fündig. In Küssels Wohnung wurden allerdings keine Waffen gefunden.

Die Ermittler gehen davon aus, dass ihre Indizienkette "gegen Küssel als Drahtzieher hinter der Alpen-Donau ausreichend" sei, um "Anklage gegen ihn zu erheben", so ein Justiz-Insider.

Der 52-jährige Küssel galt schon in den 1980er-Jahren als "Führungspersönlichkeit" der einschlägigen Szene. 1993 stand er wegen Wiederbetätigung vor Gericht und kam 1999 "wegen guter Führung" vorzeitig aus der Haft. Seit Mitte der 2000er-Jahre gilt Küssel wieder als ­einer der Hauptakteure der heimischen Szene.

Auch der deutsche Verfassungsschutz hat ihn sowie einen weiteren ehemaligen Kameraden aus den 1980er-Jahren im Visier. Beide Herren sollen in Deutschland in der Szene "äußerst aktiv" sein. Bei einer Verurteilung droht Küssel erneut eine langjährige Haftstrafe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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