Ex-Verfassungsschützer mit familiärer Verbindung zu Neonazi-Homepage.
Knalleffekt in den Ermittlungen rund um die Neonazi-Homepage "alpen-donau.info": Wie die APA aus Insiderkreisen erfuhr, gibt es Hinweise auf enge familiäre Verbindungen zwischen einem der für die Homepage mutmaßlich Hauptverantwortlichen und einem nunmehr ehemaligen Verfassungsschützer. Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums, bestätigte am Samstagabend den Sachverhalt, betonte aber, dass dem Beamten nach Bekanntwerden der Angelegenheit nahegelegt wurde, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu verlassen. Das habe er im Sommer 2010 getan.
Operative Abteilung
Informationen, wonach es sich um einen leitenden Mitarbeiter des BVT handelte, wies der Innenministeriums-Sprecher zurück. "Der Beamte war in einer operativen Abteilung tätig. Er verließ das BVT im Sommer 2010, nachdem er von uns dazu aufgefordert wurde." Er sei nach wie vor im Innenministerium tätig. Wo, wollte Gollia unter Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz nicht sagen. Der Beamte stehe unter keinerlei Verdacht. Die Ermittlungen hätten "in keiner Weise unter dem Umstand gelitten, dass hier ein enges Verwandtschaftsverhältnis bestand", sagte Gollia. "Die Ermittlungen des Verfassungsschutzes und der Staatsanwaltschaft wurden und werden mit voller Intensität geführt."
Infos aus dem Innenministerium
Immer wieder fanden sich auf der Homepage "alpen-donau.info" Formulierungen, die darauf hindeuteten, dass die Betreiber mit Informationen aus Innenministeriums- bzw. Polizeikreisen versorgt worden sein könnten. Erst am vergangenen Mittwoch war auf der Neonazi-Website zu lesen: "Wie wir aus dem Innenministerium erfahren konnten, fanden letzte Woche eine Reihe von Hausdurchsuchungen statt. (...) Wir brauchen eure Hilfe, liebe 'Beamtshandelte' und Kameraden bei der Polizei." Kenner der Szene hatten diese Informationen bisher eher für Desinformationsversuche gehalten, im Lichte der neuen Hinweise sei dies aber anders zu bewerten, wie aus Insiderkreisen zu hören war
Hausdurchsuchungen
Gollia bestätigte unterdessen auch den ÖSTERREICH-Bericht
über Hausdurchsuchungen am Wochenende. Insgesamt habe es 18 gegeben. Näher wollte er darauf unter Hinweis auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft nicht eingehen. Auf Polizeiseite führt das BVT mit Unterstützung mehrerer Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) die Ermittlungen. Die Hausdurchsuchungen fanden unter anderem in Wien, im Bezirk Wiener Neustadt und auch in Tirol statt.
Unbestätigt blieb, dass der Großteil der Durchsuchungen am Beginn der Vorwoche, jene bei einem prominenten Wiener Neonazi aber erst am vergangenen Samstag durchgeführt worden sein soll. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft hatte dem "Standard" gegenüber überhaupt dementiert, dass im Zusammenhang mit "alpen-donau.info" gegen den bereits in der Vergangenheit unter dem Vorwurf der Wiederbetätigung vor Gericht gestellten Mann eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde. Der APA liegen dazu anderslautende Insider-Informationen vor. Es wurde darauf verwiesen, dass "die Frage der Sinnhaftigkeit derartiger Amtshandlungen aufgeworfen werden müsste", sollte es tatsächlich einen solchen zeitlichen Abstand der Durchsuchungen gegeben haben.
Militärgymnasium
Den APA-Quellen zufolge dürften Absolventen des Militärgymnasiums Wiener Neustadt eine zentrale Rolle beim Betrieb der Homepage spielen. Mehrere der in einer parlamentarischen Anfrage der Grünen zu der Homepage an Innenministerin Maria Fekter (V) genannten Personen, die dem Umfeld der Homepage-Betreiber zugerechnet wurden, sollen das Gymnasium absolviert haben.
Auf dieser Namensliste fanden sich neben dem bekannten Wiener Neonazi auch zwei steirische "Größen" der Neonazi-Szene. Gegen einen von ihnen war bereits im Zuge der Briefbomben-Causa ermittelt worden, er soll sich jetzt im Zusammenhang mit der Neonazi-Homepage einem Verfahren in Leoben gegenüber sehen. Beim anderen dürfte es sich um den Doyen der Neonazi-Szene in Österreich und Deutschland handeln. Darüber hinaus dürften sich weitere Mitstreiter aus dem Dunstkreis der mittlerweile verbotenen Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO), aber auch ein ehemaliger parlamentarischen Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (F) unter den Verdächtigen befinden.
In Ermittlerkreisen wurde übrigens auch dementiert, dass es sich bei dem mit dem Ex-Verfassungsschützer verwandtschaftlich verbundenen Verdächtigen um einen Hauptverantwortlichen der Homepage handelt. Er sei lediglich im Dunstkreis der Betreiber zu finden, hieß es.