In Ebensee
Neonazis stören KZ-Gedenkfeier
10.05.2009
10.000 kamen zu der Befreiungsfeier in Mauthausen. Überschattet war das Gedenken von einer Neonazi-Provokation im ehemaligen Konzentrationslager Ebensee.
Die Teilnehmer/innen, unter ihnen zahlreiche Überlebende, wurden von einer Gruppe schwarzgekleideter und mit schwarzer Maske Vermummter mit Sieg-Heil-Rufen und Hitlergruß beleidigt. Der Vorsitzende des Mauthausen Komitee Willi Mernyi spricht von einem unglaublichen Tabubruch: "Vor wenigen Wochen die KZ-Gedenkstätte Mauthausen geschändet, gestern ehemalige Häftlinge mit Nazi-Parolen provoziert - was kommt als nächstes?"
Mernyi, berichtete, dass sie - wie er hoffe - nur eine Attrappe eines Maschinengewehres bei sich gehabt hätten.
Grüne und BJV werden aktiv
Die Grünen sehen nun
Innenministerin Maria Fekter (V) gefordert: "Wir erwarten von der Ministerin
nicht nur, dass sie endlich aktiv wird, sondern generell ein entschiedenes
Vorgehen der Exekutive bei derartigen Vorfällen", sagte Sozialsprecher Karl
Öllinger am Sonntag.
Auch die Bundesjugendvertretung (BJV), deren Vertreter bei der Veranstaltung anwesend waren, meldete sich zu Wort. Die BJV-Vorsitzende Rodaina El Batnigi sprach von "unfassbaren Szenen" bei der Gedenkfeier. Alle politischen Kräfte seien jetzt dringend aufgefordert, zu verhindern, dass solche Vorkommnisse in Österreich möglich sind.
Dringender Appell
Umso wichtiger war das Zeichen der mehr als
7.500 Besucher/innen aus ganz Europa, der Vertreter von fünf Religionen und
der Überlebenden des KZ-Mauthausen, die einen dringenden Appell an
Bundespräsident Fischer und hochrangige Repräsentant/innen der Republik
richteten, dass diese Maßnahmen gegen den aufkeimenden Rechtsextremismus und
zunehmenden Rassismus ergreifen.
Religiöser Widerstand
Die Internationale Gedenkfeier in
Erinnerung an die Befreiung des KZ-Mauthausen stand heute Sonntag, 10. Mai
2009 im Zeichen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus aus religiöser
Motivation. Unter den mehr als 200.000 Häftlingen, die zwischen 1938 und
1945 in Mauthausen inhaftiert waren, befanden sich auch Tausende, die sich
aufgrund ihrer religiösen Überzeugung gegen das NS-Regime aufgelehnt hatten.
Moralische Würde
Unter ihnen waren zahlreiche Zeug/innen
Jehovas, die wie einer der Gedenkredner, Karl Hubmann vom Verein Lila
Winkel, betonte "nicht die gewaltsame Veränderung der politischen
Ordnung" zum Ziel hatten, sondern lediglich dem Gebot "Du sollst
nicht töten" folgten. Obwohl nicht aus religiösen sondern aus
rassischen Gründen verfolgt, war es für Jüdinnen und Juden wichtig, "Gott
und sich selbst treu zu bleiben und ihre moralische Würde und jüdischen
Werte auch im Angesicht des Todes und der Vernichtung zu bewahren" wie
Rabbiner Schlomo Eliezer Hofmeister hervorhob.
Fehler der Kirche
Der römisch-katholische Altbischof Maximilian
Aichern und der evangelische Bischof Michael Bünker widmeten sich in ihren
Reden nicht nur jenen Glaubensbrüder und -schwestern, die auch angesichts
der Gefahr für das eigene Leben zu ihren christlichen Werten standen,
sondern bezogen klar Stellung zu den Fehlern und Versäumnissen ihrer
Kirchen. "Insgesamt hat die evangelische Kirche im Nationalsozialismus
Schuld auf sich geladen.
Sie hat gegen sichtbares Unrecht nicht protestiert, sie hat geschwiegen und weggeschaut, sie ist dem Rad nicht in die Speichen gefallen’" (Bischof Bünker). Beide Bischöfe betonten jedoch auch die Verantwortung, die sich daraus für die Gegenwart ergibt.
Bekämfung von Rassismus
In ihrem Appell, den die
Religionsvertreter gemeinsam mit den Überlebenden des KZ-Mauthausen und dem
Mauthausen Komitee Österreich als Veranstalter der Gedenkfeier,
stellvertretend an die anwesenden Ehrengäste Bundespräsident Dr. Heinz
Fischer, Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer, Innenministerin Dr.
Maria Fekter, ÖGB-Präsident Erich Foglar und Altbischof Herwig Sturm
richteten, forderten sie dazu auf, "alle Mittel und Maßnahmen zur
Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus auszuschöpfen, ein Klima zu
schaffen, das von Respekt für alle Menschen unterschiedlicher Herkunft,
Hautfarbe, sexueller Ausrichtung, Alter, Religion und Weltanschauung
getragen ist, verstärkt für Gleichberechtigung und Antidiskriminierung
einzutreten, um eine Arbeitswelt des Miteinanders zu gestalten, für ein
Klima des Verständnisses und der Toleranz zu sorgen, dafür zu
sensibilisieren, dass Worte Wegbereiter für Taten werden können, und
aufzuzeigen, wo die Würde des Menschen bedroht wird und ewig gestrigen
Stammtischparolen und demagogischen Hetzern mutig entgegen zu treten."