Für Patienten haben sie den Vorteil des One-Stop-Shop: Verschiedene Mediziner arbeiten in einer Ordination zusammen.
Die von SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger geplante Schaffung von Ärztegesellschaften hat am Dienstag den Ministerrat passiert. Damit wird für Ärzte die Möglichkeit geschaffen, in verschiedenen Modellen Kooperationen einzugehen. Ziel ist, einerseits die Spitalambulanzen zu entlasten und andererseits bessere Öffnungszeiten anbieten zu können. Stöger zeigte sich erfreut: Das Gesetz bringe "wesentliche Verbesserungen im ambulanten Bereich".
Vor allem am Land sinnvoll
Die Ärzte-GmbHs würden es möglich
machen, die Versorgung besser abzustimmen. Vor allem im ländlichen Bereich
bringe diese Maßnahme Verbesserungen für die Bevölkerung, so Stöger. Ob es
damit in Zukunft möglich sein wird, weniger Spitäler zu haben, wollte Stöger
nicht beantworten. Die Frage, ob die Spitäler in 20 Jahren noch genauso
aussehen wie heute, könne er nicht beantworten.
Mediziner als Gesellschafter
Mit den Ärztegesellschaften sollen
einerseits die zum Teil überlaufenen Spitalsambulanzen entlastet und
andererseits den Patienten bessere Öffnungs- und geringere Wartezeiten
geboten werden. Der wesentliche Unterschied zwischen den künftigen
Ärzte-GesmbHs und den bestehenden Ambulatorien besteht darin, dass in den
neuen Gruppenpraxen nur Ärzte bzw. Zahnärzte Gesellschafter sein können.
Ärzte werden nicht angestellt
Jeder Arzt muss als
Gesellschafter auch "maßgeblich" mitarbeiten. Ärzte können keine anderen
Ärzte anstellen, die Anstellung von Ärzten ist nur im Ambulatorium möglich.
In einer Gruppenpraxis dürfen künftig pro Arzt fünf Mitarbeiter angestellt
werden, maximal jedoch 30 Bedienstete pro GesmbH, wobei hier nur
Gesundheitsberufe (z.B. Physiotherapeuten, nicht jedoch Ärzte), aber keine
Ordinationsgehilfen gezählt werden. Bei technischen Fächern wie Labors oder
Röntgen gibt es keine derartigen Beschränkungen. Über diesen letzten Punkt
wurde bis zuletzt noch in der Regierung gerungen.
One-Stop-Shop
Möglich sollen mit den neuen Gesellschaften die
verschiedensten Formen der Zusammenarbeit von Ärzten werden. So ist es etwa
denkbar, dass Allgemeinmediziner mit Fachärzten eine gemeinsame Praxis
betreiben, aber auch die Zusammenarbeit von zwei Allgemeinmedizinern mit
dann längeren Öffnungszeiten oder von mehreren Fachärzten, die sich etwa auf
verschiedene Fachbereiche spezialisiert haben, wäre denkbar. Für die
Patienten ergeben sich damit die Vorteile längerer Öffnungszeiten und
geringerer Anfahrtswege.
Aus EU-rechtlichen Gründen wird es sowohl für die Ambulatorien als auch für die neuen Gruppenpraxen ein einheitliches Zulassungsverfahren geben. Die Zulassung entfällt grundsätzlich bei Ärzten mit bestehenden Kassenverträgen und bei Einzelordinationen. Zudem muss sie auch dann nicht durchgeführt werden, wenn die Gruppenpraxen im Stellenplan und daher in den regionalen Strukturplänen vorgesehen sind. Grundsätzlich gilt das Zulassungsverfahren nicht nur für Gesellschaften von Kassen-, sondern auch von Wahlärzten. Nur wenn es keine Kostenerstattung durch die Kasse gibt, etwa bei Schönheitschirurgen, ist kein solches Verfahren vorgesehen.
Geführt wird das Zulassungsverfahren vom Landeshauptmann bzw. der Landesregierung. Ärztekammer, Sozialversicherung und Wirtschaftskammer haben nicht nur Parteienstellung in dem Verfahren sondern auch das Recht, gegen den Bescheid Beschwerde beim VfGH oder beim VwGH einzulegen. Basis des Bescheides des Landeshauptmannes soll ein neutrales Gutachten etwa der Gesundheit Österreich Gmbh und eine Bedarfsfeststellung der Landesgesundheitsplattform sein. Der Landeshauptmann muss bei seiner Entscheidung den Versorgungsauftrag und das Angebot (Öffnungszeiten etc.) der Gesellschaften berücksichtigen, Voraussetzung für eine Genehmigung ist eine Verbesserung des Versorgungsangebots.
Für die diversen Formen der Gruppenpraxen wird es eigene Gesamtverträge geben, die auch Voraussetzung für die Zulassung einer Gesmbh sind. Individuelle Einzelverträge zwischen Kassen und Ärztekammer sollen nur ausnahmsweise möglich sein. Die Leistungsabgeltung soll zumindest bei multidisziplinären Gruppenpraxen und Ambulatorien nach Fallpauschalen ähnlich der Abrechnung mit dem sogenannten LKF-System der Krankenhausfinanzierung erfolgen. Das bedeutet, dass es für die Behandlung einer bestimmten Krankheit einen einheitlichen Satz für die Abrechnung gibt, egal wie aufwendig der jeweilige Fall ist. Damit will man u.a. verhindern, dass ein Patient mehrfach hin- und herüberwiesen wird.
Sowohl die Gruppenpraxen als auch die Ambulatorien sollen zu einer Dokumentation ihrer Diagnosen und Leistungen verpflichtet werden. Das soll der Nachvollziehbarkeit, aber auch der Qualitätskontrolle dienen. Die ÖQMed, eine Gesellschaft der Ärztekammer, soll zwar weiter für die Durchführung der Qualitätskontrolle zuständig sein, der Gesundheitsminister soll aber ein Weisungsrecht dafür bekommen. Der fachliche Input dafür kommt von einem Beirat, in dem alle wesentlichen Player vertreten sind.
Zur Stärkung des Rechtsschutzes werden alle selbstständigen Ärzte und die Spitäler als Träger verpflichtet werden, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Pro Versicherungsfall ist ein Höhe von drei Millionen Euro sowohl für Gruppenpraxen als auch für Ambulatorien vorgesehen.
Bei Kassenärzten wird es künftig leichter möglich sein, den Kassenvertrag zu kündigen. Vorgesehen ist dazu ein Wegfall der sogenannten Härteklausel, die bisher eine Kündigung ausgeschlossen hat, wenn der Arzt dadurch zu einem "Sozialfall" zu werden drohte. Verknüpft wird das Kündigungsrecht auch mit der Qualitätskontrolle. Wenn ein Arzt bestimmte Qualitätskriterien nicht einhält, soll das ein möglicher Kündigungsgrund sein. Möglich soll eine Kündigung künftig zum Ende jedes Quartals werden.