Derzeit rechtfertigt sich der FP-Chef Strache in einer Pressekonferenz wegen der Bilder.
Bisher hatte Strache seine Kontakte mit Mitgliedern der rechtsradikalen Szene stets auf die späten 80er Jahre datiert. Doch nun sorgt ein Foto für Aufregung, das Strache bei der Verleihung einer Auszeichnung durch einen rechtsnationalen Burschenschafter im Jahr 2006 zeigt. Dieses Foto wurde ÖSTERREICH zugespielt. Es zeigt Strache am 28. Oktober 2006. An diesem Tag erhielt der FPÖ-Obmann die Ehrenmitgliedschaft der schlagenden Verbindung Rugia Eisgrub zu Wien. Das geschah im Rahmen des Stiftungsfestes zum 100-jährigen Bestehen der Rugia im Wiener Schloss Cobenzl. Strache bekommt von Rugia-Konkneipant Jürgen D. die Ehren-Plakette. Man stößt mit einem Krügel Bier an und feiert. An sich ist das eine Auszeichnung von vielen für den im Wahlkampf erfolgreichen FPÖ-Obmann, und die Rugia-Wien ist ein unbescholtener Verein.
Deutsches Reich
Allerdings bewegt sich die "Fachstudentenschaft"
in ihren Inhalten offenbar weit rechts der politischen Mitte. Laut
Selbstdefinition ist die Rugia "eine Gemeinschaft (...), die sich zum
deutschen Volk und österreichischen Staat als gleichberechtigte Partner in
der europäischen Völkergemeinschaft bekennt". Aus dem "Bundeslied"
der Verbindung: "Wir wollen das Wort nicht brechen, nicht Buben werden
gleich, wollen predigen und sprechen vom heil’gen Deutschen Reich."
Die Mitglieder der Rugia, Motto "treu wie deutsche Eichen", haben
ihre Heimat im Haus der Burschenschaft Nibelungia in der Ziegelofengasse im
5. Wiener Gemeindebezirk.
Fragwürdige Feste
Dort werden auch Feste gefeiert,
sogenannte "Budenfeste". Am 18. Mai des Vorjahres trat während
eines solchen Festes der Nibelungia (Selbstbeschreibung: "Kein
Mönchsorden") auch jener Konkneipant Jürgen D. der Rugia auf, der
Strache wenige Monate später die Ehrenmitgliedschaft verlieh. Im Mai zierte
sein T-Shirt allerdings das Konterfei des von Rechtsextremen und Neonazis
verehrten Fliegers Walter Nowotny. Ein Foto von dem fidelen Budenfest fand
sich bis gestern noch auf der Homepage der Rugia.
Rechtsextreme "Links"
Auch die Internet-Links, dort
als Verweise bezeichnet, zieren einschlägig bekannte Adressen. Etwa die der
vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextrem
eingestuften Zeitschrift Aula oder der als rechtextrem eingestuften
Österreichischen Landsmannschaft, zugleich Herausgeberin der rechten
Zeitschrift Der Eckart.
Extremes Milieu
Das Dokumentationsarchiv über die Aula: "Der
Aula-Verlag hat sowohl in politisch-organisatorischer Hinsicht als auch und
noch stärker in politisch-weltanschaulichen Belangen eine zentrale Funktion
erlangt. Im Wesentlichen repräsentiert die Aula das deutschnationale bis
rechtsextreme Milieu in Österreich." Ebenfalls Rugia-verlinkt: der
Korporationsring. Auf einem Treffen dieser Gruppe ist jenes Foto entstanden,
auf dem Strache eine Geste macht, die an den "Kühnengruß"
der Neonazis erinnert. Strache wollte nicht Stellung nehmen.
In rechter Burschengesellschaft
Was ÖSTERREICH bereits
berichtete, bestätigte der oberösterreichische FPÖ-Chef Lutz Weinzinger: Die
Fotos, die FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei wehrsportähnlichen Spielen
zeigen, stammen höchstwahrscheinlich aus der rechtsextremen Szene. Es dürfte
sich dabei um eine Intrige und Rache-Aktion des ehemaligen Neonazi-Führers
Gottfried Küssel handeln. Weinzinger in der ORF-Sendung "Hohes Haus":
"Irgendwelche Nazis wollten der FPÖ Schwierigkeiten machen."
Keine Paintball-Spielchen
Das ist jedenfalls gelungen. FPÖ-Chef
Strache hat bei seiner heute geplanten Stellungnahme jetzt gleich noch mehr
Erklärungsbedarf: denn damit ist praktisch bewiesen, dass es sich bei den
Fotos nicht – wie Strache immer behauptet hatte – um harmlose
Paintball-Spielchen, sondern um Wehrsportübungen gehandelt hat.
Ehrenerklärung in Kuvert
Hintergrund der Nazi-Intrige:
Weinzinger hatte einmal eine Ehrenerklärung für Küssel abgeben müssen, in
der er die Aussage zurückgezogen hatte, Küssel öffentlich einen Idioten
genannt zu haben. Genau diese Ehrenerklärung hätte sich laut Weinzinger in
jenem Kuvert befunden, dass Ewald Stadler anonym überreicht worden war.
Gemeinsam mit den Wehrsport- Fotos.
Nazi-Gruß – Rücktritt
Für weiteren Druck sorgt
auch jenes Foto, das ÖSTERREICH in seiner Samstags-Ausgabe veröffentlicht
hatte, das Strache – mit drei ausgestreckten Fingern – beim Neonazi-Gruß
zeigt. Grün-Abgeordneter Peter Pilz forderte Strache auf, die Existenz von
Fotos eidesstattlich auszuschließen, die ihn beim Nazi-Gruß zeigen – oder
sofort zurückzutreten.
Koalitionskrach
Die Frage, wie Straches Wehrübungen und seine
Gesten bei Zusammenkünften nationaler Burschenschaften zu bewerten seien,
und die bisher zahme Reaktion von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer führte
auch in der Koalition zu heftigen Turbulenzen: Der neue ÖVP-General Hannes
Missethon attackiert Gusenbauer im Interview mit ÖSTERREICH scharf. Er
vermutet ein geheimes Bündnis, das Strache und Gusenbauer vor Zustandekommen
der Großen Koalition geschlossen hätten: "Die Sozialisten tun
für den Machterhalt alles. Da werden auch Grundsätze über Bord geworfen."
Missethon empfiehlt dem Kanzler, seine Nachhilfe auf Sport zu beschränken: "Da
kann Gusenbauer seine Lieblingsübung vorführen: den Salto rückwärts."
Cap geht auf Distanz
Auch SPÖ-Klubobmann Cap geht auf Distanz:
Strache sei "gut beraten, möglichst deutliche Schritte zu setzen".
Cap erwartet sich "einen klaren Trennstrich zu den Aktivitäten in den
80er Jahren". Der Ankündigung von Leon Zelman, Leiter des Jewish
Welcome Service, aus der SPÖ austreten zu wollen, will Cap zuvorkommen:
Heute will er den Holocaust-Überlebenden zu einem Gespräch einladen. Die SPÖ
denke nicht daran, ihre Grundsätze aufzugeben: "Ich werde mich
sehr sehr bemühen, Herrn Zelman zu überzeugen."