Wanderausstellung

Neuer Wirbel um Hitler-Haus in Braunau

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Die Österreichischen Freunde von Yad Vashem wollen der Stadt Braunau ihre Wanderausstellung "Die Gerechten" schenken, um sie dauerhaft im Hitler-Geburtshaus zu zeigen.  

Das Innenministerium will das nicht und kam überraschend mit einem Gegenvorschlag: Man solle die Schau in Dienststellen des Innenministeriums präsentieren. Die Freunde von Yad Vashem möchten aber vom Konzept der Wanderausstellung wegkommen und zudem die Öffentlichkeit gewährleistet sehen.

Die Diskussion um das Hitler-Geburtshaus in Braunau ist wieder um eine Facette reicher: Zuletzt war mehrfach Kritik an den Plänen des Innenministeriums aufgetaucht, hier eine Polizeistation, in der auch Menschenrechtsschulungen der Exekutive abgehalten werden sollen, einzurichten. Die Initiative Diskurs Hitlerhaus und die Österreichischen Freunde von Yad Vashem präsentierten am Mittwoch einen Vorschlag, an dem sie seit einiger Zeit gearbeitet haben: Die Wanderausstellung "Die Gerechten" solle in dem Gebäude dauerhaft Quartier beziehen.

Raum für Ausstellung

"Gerechter unter den Völkern" ist ein offizieller Titel, den die Internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem Jerusalem im Auftrag des Staates Israel an Nichtjuden verleiht, die während des Holocaust ohne Gegenleistung ihr Leben aufs Spiel setzten, um Jüdinnen und Juden zu retten. In Österreich gibt es rund 110 dieser "Gerechten". Die von Michael John und Albert Lichtblau konzipierte Wanderausstellung "Die Gerechten - Courage ist eine Frage der Entscheidung" holt diese Menschen vor den Vorhang. Sie war in den vergangenen zehn Jahren in etlichen Museen Österreichs zu sehen, nun würde man sie gerne der Stadt Braunau übergeben.

Georg Schuster, Vorstandsmitglied der Österreichischen Freunde von Yad Vashem, sieht darin die ideale Nutzung für das Hitlerhaus: "Sie macht es nicht zum Gedenkort, was gar nicht angebracht ist, weil das Haus kein Schauplatz von NS-Verbrechen war. Stattdessen setzt sie dem Begründer des industriellen Massenmordes jene Menschen entgegen, die erfolgreich dagegengehalten haben." Die Ausstellung sei abbezahlt. Der Verein, der von Ehrenamtlichen getragen wird, wolle weg vom Konzept der Wanderausstellung. Daher sei man im August auf die Stadt mit dem Vorschlag zugegangen.

Innenministerium reagiert mit Gegenvorschlag  

Das Innenministerium hatte kurz vor der Präsentation einen Gegenvorschlag gemacht: Man biete den Freunden von Yad Vashem an, die Ausstellung in Dienststellen des Innenministeriums - dem Ministerium, Landespolizeidirektionen oder Polizeischulen - zu zeigen, aber nicht im Hitler-Geburtshaus. "Dadurch kann ein möglichst weiter Kreis an Polizistinnen und Polizisten erreicht werden, aber auch auf die Gerechten aus der Polizeiorganisation entsprechend eingegangen werden", hieß es in einer Erklärung. Das Ministerium will "Die Gerechten" alternierend mit einer ab kommendem Jahr geplanten Wanderausstellung zur Polizeigeschichte von 1938 bis 1945 zeigen.

Man bedanke sich für das Angebot, sagte ein überraschter Georg Schuster am Mittwoch. Er hält das aber - vorbehaltlich nötiger Vorstandsbeschlüsse des Vereins, wie er betonte - nicht für machbar. Zum einen, weil die Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich sein müsse, zum anderen, weil der Platzbedarf 300 bis 400 Quadratmeter betrage. Und man wolle wie gesagt weg von einer Wanderausstellung, nicht zuletzt weil ständige Ortswechsel und Sicherheit Geld kosten.

Seit dem Auszug der Lebenshilfe 2011 steht Hitlers Geburtshaus leer. Damit begann die Debatte über eine angemessene Nutzung. Seit 2016 gehört das Haus der Republik. Der Start des Umbaus zur Polizeistation wurde mehrfach verschoben, nun soll es im Herbst 2023 losgehen, der Baubescheid ist mittlerweile rechtskräftig. Als Bezugstermin ist das erste Quartal 2026 vorgesehen. Auch die zu erwartenden Kosten sind gestiegen: Mittlerweile geht man von Gesamtkosten von 20 Millionen Euro aus, zu Beginn waren es fünf Millionen.

Immer wieder gibt es Kritik an der geplanten Nachnutzung, auch im Hinblick auf die internationale Wahrnehmung: Der Zeithistoriker Andreas Maislinger wirbt seit langem für ein "Haus der Verantwortung", in dem junge Leute aus aller Welt sich mit den Themen Demokratie und Antisemitismus auseinandersetzen, und das einen neuen Namen etablieren würde. Die Initiative Diskurs Hitlerhaus wendet sich vor allem gegen die Nutzung als Polizeistation und argumentiert mit einer Umfrage (market, März 2023, n=1.000), wonach nur sechs Prozent der Österreicher dies gutheißen. Die angestrebte Neutralisierung des Hauses - es einer Erinnerung an den Nationalsozialismus zu entziehen - werde zudem ad absurdum geführt, da vor dem Haus der Mahnstein stehen bleibt, so Eveline Doll, eine der Initiatorinnen von Diskurs Hitlerhaus.

Zuletzt hatte der Film "Wer hat Angst vor Braunau?" die Debatte angefacht. Regisseur Günter Schwaiger war im Braunauer Stadtarchiv auf eine Zeitungsmeldung aus dem Jahr 1939 gestoßen, wonach Hitler sein Geburtshaus gerne zu Kanzleien der Kreisleitung und somit für administrative Zwecke umbauen lassen würde. Durch die Pläne des Innenministeriums werde damit in letzter Konsequenz Hitlers Begehr erfüllt, so Schwaigers Schlussfolgerung, die vom Zeithistoriker Oliver Rathkolb, Mitglied der damals vom Ministerium eingesetzten Nachnutzungskommission, wiederum postwendend als "absurd" bezeichnet wurde.

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