Brisante ORF-Sitzung mit Wrabetz. Aufregung wegen Abhör-Aktion.
Mittwoch Früh wird ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz von den ORF-Informationsredakteuren befragt werden – in seiner neuen Rolle als Infochef. Am Nachmittag findet dann eine Redakteursversammlung statt: Dort sollen weitere Proteste gegen „Polit-Einmischungen und für die Unabhängigkeit“ des ORF beschlossen werden. Zudem wird an einem Volksbegehren gebastelt. Und last but not least wollen die ORF-Journalisten einen eigenen Infochef.
Am Donnerstag muss sich Wrabetz der nächsten unangenehmen Sitzung stellen: Der routinemäßigen Geschäftsführungssitzung, die zur Krisensitzung mutiert:
Wie von ÖSTERREICH aufgedeckt, herrscht unter den ORF-Direktoren Empörung um eine mutmaßliche „Abhöraffäre“ – ORF-Kommunikationschef Pius Strobl ließ eine ORF-Mitarbeiterin Gespräche von Direktoren und Journalisten bei der Stiftungsratssitzung vergangenen Donnerstag aufnehmen.
Nachdem ORF-Programmchef Wolfgang Lorenz gegenüber ÖSTERREICH von „DDR-Methoden und Skandal“ gesprochen hatte, nimmt die Aufregung zu.
Konsequenzen
Der ORF-Redakteursrat hat Protest eingelegt, ebenso der Club der Medienjournalisten. FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger hat gar „Strafanzeige gegen Strobl“ eingebracht, weil er ihn im Verdacht habe, „die Stiftungsratssitzung am Donnerstag abgehört“ zu haben. Was Strobl heftigst dementiert. Am Donnerstag wollen ORF-Direktoren jedenfalls von Wrabetz „Konsequenzen“ verlangen. Strobl selbst „entschuldigt sich für seinen Fehler. Diese Aufzeichnungen sollten Interviews betreffen.“
Im ÖSTERREICH-Interview sagt nun aber auch der erfolgreiche ORF-Finanzdirektor und Wrabetz-Vize Richard Grasl erstmals: „Ich möchte diesen Vorfall intern besprechen. Mein Vertrauen hat Strobl nicht mehr.“
Indes laufen im Hintergrund die Vorbereitungen für eine vorgezogene Neuwahl der ORF-Geschäftsführung auf Hochtouren.
Grasl spricht sich für „sofortige Neuwahlen“ aus. Doch dafür ist bekanntlich eine Gesetzesänderung – also die Hilfe der Politik – nötig, die im ORF den ganzen Wirbel erst ausgelöst hatte …
ORF-Kommunikationschef Strobl: "War ein Fehler"
Im ÖSTERREICH-Gespräch entschuldigt sich der kritisierte ORF-Kommunikationschef Pius Strobl: „Ich habe einen Fehler gemacht, diesen sofort korrigiert, mich entschuldigt. Ich hatte nie vor, inoffizielle Gespräche aufnehmen zu lassen. Es ging um Interviews. Alles andere ist eine interne Angelegenheit, die im Haus entschieden wird.“
ORF-Finanzdirektor Grasl: "Sofortige Neuwahlen"
ÖSTERREICH: Der ORF hat ein fatales Image, oder?
Richard Grasl: Beim Programm, den Finanzen und online sind wir Europas bester Sender. Unser Image hat aber trotzdem massiv gelitten. Und das muss zu Konsequenzen führen.
ÖSTERREICH: Kommunikationschef Strobl steht wegen einer mutmaßlichen Abhöraffäre unter Beschuss.
Grasl: Ein großer Teil des Imageproblems hängt mit den öffentlichen Debatten der letzten Wochen zusammen. Daher möchte ich diesen Vorfall intern besprechen. Pius Strobl ist ein Mitarbeiter des Generaldirektors. Mein Vertrauen hat er nicht mehr. Aber es ist die Entscheidung des Generals als Alleingeschäftsführer, ob er Strobl weiter als Kommunikationschef hält.
ÖSTERREICH: Wären Neuwahlen der ORF-Geschäftsführung sinnvoll?
Grasl: Der ORF steht vor großen Herausforderungen. Daher spreche ich mich für Neuwahlen aus – am besten gleich morgen. Immerhin haben wir auch zwei Vakanzen (Info und Technik).
ÖSTERREICH: Ex-ORF-Chef Bacher hält ORF-General Wrabetz für den falschen Chef.
Grasl: Diese ewigen Zurufe von außen schaden dem Unternehmen. Wir haben gerade aus der Ära Bacher Verträge, die wir gerne anders hätten. Ich muss ohnehin einmal im Monat an Bacher denken, wenn der ORF ihm seine Pension überweist. Wrabetz und seine Geschäftsführung arbeiten gut zusammen. Mit den Methoden und dem Stil von Bacher könnte man den ORF heute nicht mehr führen.
ÖSTERREICH: Die ORF-Redakteure protestieren nun gegen Polit-Einmischungen.
Grasl: Ich verstehe, dass die Unabhängigkeit verteidigt wird. Der Zeitpunkt, drei Tage nach der Abwahl Elmar Oberhausers, ist aber rätselhaft. Ich fordere alle auf, diese Debatten intern zu führen. Alle Türen dafür stehen offen. Isabelle Daniel