Der Rechnungshof attestiert dem Assistenzeinsatz des Bundesheers nur "geringen Nutzen". Nicht einmal ein Prozent aller Angezeigen kamen von Soldaten.
Dem verfassungsrechtlich umstrittenen Assistenzeinsatz des Bundesheers wird in einen aktuellen Rechnungshofbericht nun auch eine nur marginale Wirkung auf die Sicherheit im östlichen Grenzraum bescheinigt. Die Soldaten, die seit dem Fall der Schengengrenze über keinerlei Befugnisse verfügen, haben einen Beitrag zur Klärung von Delikten von nicht einmal einem Prozent geleistet.
Der Einsatz verursachte in den ersten 16 Monaten 29,3 Mio. Euro an Zusatzkosten. Die Prüfung ergab zudem, dass durch den Assistenzeinsatz Grundwehrdiener ein Drittel der vorgesehenen Basisausbildung verlieren.
Fast 30 Mio. Euro zusätzlich
In den ersten 16 Monaten von
Ende 2007 bis Ende April 2009 verursachte der Assistenzeinsatz zusätzliche
Kosten von 29,3 Mio. Euro. Ganze 20,2 Mio. Euro davon waren nur
Personalaufwendungen. Dabei handelt es sich lediglich um die
einsatzbezogenen Vergütungen, also um Zulagen. Die Grundbezüge der
Bediensteten sind nicht mitgerechnet. Für dieses Geld könnten 270
Exekutivbeamte beschäftigt werden. Die durchschnittlichen Mehrkosten für das
Personal betrugen pro Person und Tag rund 55 Euro, die höchsten sogar 400
Euro. Diese Kostenaufstellung widerspricht der Darstellung des
Verteidigungsministeriums, wonach der Assistenzeinsatz Mehrkosten in der
Höhe von nur rund 12 Mio. Euro jährlich versuche. Die RH-Prüfung ergibt
nämlich 22 Mio. Euro an Jahreszusatzkosten.
Nicht einmal 1 Prozent
Der Beitrag der Assistenztruppen zur
Aufklärungsrate im Einsatzgebiet lag unter einem Prozent. Insgesamt führten
die Meldungen der Soldaten, die ja lediglich beobachten dürfen, zu 70
Strafanzeigen, davon 60 wegen (Einbruchs-)Diebstählen und
Sachbeschädigungen. Das entsprach weniger als einem Prozent (0,53%) aller
angezeigten Fälle (11.361) in diesem Zeitraum. In nur 23 Fällen führten die
Wahrnehmungen des Heeres zur Ausforschung von verdächtigen Personen. Das
entsprach ebenfalls einem Beitrag zur Aufklärungsrate von weniger als einem
Prozent.
Nur "geringer Nutzen"
Weiters wurden 19 Illegale
aufgegriffen. Der Großteil der insgesamt 1.169 Soldaten-Meldungen betraf
Umstände, die nicht im Kernbereich des Auftrages lagen - zum Beispiel
unversperrte Haus- und Geschäftstüren. Die Prüfer stellen daher fest, dass
der Nutzen des Einsatzes "nur gering" ist und für die Bekämpfung
grenzüberschreitender Delikte "nicht adäquat".
Basisausbildung gestutzt
Der RH-Bericht bestätigt weiters, dass
durch den Assistenzeinsatz Grundwehrdiener um einen Teil der Ausbildung
umfallen. Für Rekruten im Grenzraum entfällt der letzte von drei Schritten
der Basisausbildung. Konkret entgeht den Soldaten in diesem dritten
Abschnitt im Ausmaß von zehn Wochen die "waffenspezifische
Ausbildung im Organisationselement (z. B. Jägertruppe) mit vorbereitender
Kaderausbildung".
Motivation leidet
Außerdem wurden die Ziele der Basisausbildung
2 nur mehr in der Anlernstufe erreicht und Schießprogramme nicht mehr
vollständig abgewickelt. Im Jahr 2008 durchliefen 4.200 von 12.100 Soldaten
in der Einsatzorganisation eine eingeschränkte Basisausbildung. Mit dem
Einsatz sei außerdem "eine Beeinträchtigung der militärischen
Führungsfähigkeit und Routine sowie der Motivation der Kadersoldaten
verbunden", kritisiert der RH. Das Ministerium weist diese Kritik
zurück.
Sinnlose Aktion
Bestätigt wird in dem Bericht auch die
vergleichsweise niedrige Kriminalitätsrate im Einsatzraum. Die
Pro-Kopf-Belastung mit Vermögensdelikten ist im Burgenland (0,023 im Jahr
2008) nur halb so hoch wie im gesamten Land (0,048). Der RH kritisiert
zudem, dass das Innenministerium entgegen seinen Ankündigungen kein
Organisations-und Personalkonzept erstellt habe, das dem Entfall der
Aufgaben an den Grenzdienststellen durch die Schengenerweiterung Rechnung
trägt. Der RH findet, das Ministerium hätte "genügend Zeit
gehabt, um sich auf die Schengenerweiterung vorzubereiten". Auch die
bis Mitte 2009 geplante Evaluierung des Assistenzeinsatzes sei nicht
vorgelegen.
Darabos fühlt sich durch RH bestätigt
SPÖ-Verteidigungsminister
Norbert Darabos sieht sich durch den RH bestätigt. Der Bericht habe
gezeigt, dass "ab der Schengenerweiterung an der ehemaligen
Schengen-Außengrenze weiterhin eine niedrige und auch rückläufige
Kriminalitätsrate zu verzeichnen ist." Das bestätige den Erfolg des
Einsatzes. Die Präsenz der Soldaten im Grenzraum verhindere Verbrechen, so
Darabos, ohne das Bundesheer wäre die Kriminalitätsrate höher.