Dank Soldaten

Nicht einmal 1 % der Verbrechen geklärt

08.03.2010

Der Rechnungshof attestiert dem Assistenzeinsatz des Bundesheers nur "geringen Nutzen". Nicht einmal ein Prozent aller Angezeigen kamen von Soldaten.

Zur Vollversion des Artikels
© Lisi Niesner/TZ ÖSTERREICH/Symbolbild
Zur Vollversion des Artikels

Dem verfassungsrechtlich umstrittenen Assistenzeinsatz des Bundesheers wird in einen aktuellen Rechnungshofbericht nun auch eine nur marginale Wirkung auf die Sicherheit im östlichen Grenzraum bescheinigt. Die Soldaten, die seit dem Fall der Schengengrenze über keinerlei Befugnisse verfügen, haben einen Beitrag zur Klärung von Delikten von nicht einmal einem Prozent geleistet.

Der Einsatz verursachte in den ersten 16 Monaten 29,3 Mio. Euro an Zusatzkosten. Die Prüfung ergab zudem, dass durch den Assistenzeinsatz Grundwehrdiener ein Drittel der vorgesehenen Basisausbildung verlieren.

Fast 30 Mio. Euro zusätzlich
In den ersten 16 Monaten von Ende 2007 bis Ende April 2009 verursachte der Assistenzeinsatz zusätzliche Kosten von 29,3 Mio. Euro. Ganze 20,2 Mio. Euro davon waren nur Personalaufwendungen. Dabei handelt es sich lediglich um die einsatzbezogenen Vergütungen, also um Zulagen. Die Grundbezüge der Bediensteten sind nicht mitgerechnet. Für dieses Geld könnten 270 Exekutivbeamte beschäftigt werden. Die durchschnittlichen Mehrkosten für das Personal betrugen pro Person und Tag rund 55 Euro, die höchsten sogar 400 Euro. Diese Kostenaufstellung widerspricht der Darstellung des Verteidigungsministeriums, wonach der Assistenzeinsatz Mehrkosten in der Höhe von nur rund 12 Mio. Euro jährlich versuche. Die RH-Prüfung ergibt nämlich 22 Mio. Euro an Jahreszusatzkosten.

Nicht einmal 1 Prozent
Der Beitrag der Assistenztruppen zur Aufklärungsrate im Einsatzgebiet lag unter einem Prozent. Insgesamt führten die Meldungen der Soldaten, die ja lediglich beobachten dürfen, zu 70 Strafanzeigen, davon 60 wegen (Einbruchs-)Diebstählen und Sachbeschädigungen. Das entsprach weniger als einem Prozent (0,53%) aller angezeigten Fälle (11.361) in diesem Zeitraum. In nur 23 Fällen führten die Wahrnehmungen des Heeres zur Ausforschung von verdächtigen Personen. Das entsprach ebenfalls einem Beitrag zur Aufklärungsrate von weniger als einem Prozent.

Nur "geringer Nutzen"
Weiters wurden 19 Illegale aufgegriffen. Der Großteil der insgesamt 1.169 Soldaten-Meldungen betraf Umstände, die nicht im Kernbereich des Auftrages lagen - zum Beispiel unversperrte Haus- und Geschäftstüren. Die Prüfer stellen daher fest, dass der Nutzen des Einsatzes "nur gering" ist und für die Bekämpfung grenzüberschreitender Delikte "nicht adäquat".

Basisausbildung gestutzt
Der RH-Bericht bestätigt weiters, dass durch den Assistenzeinsatz Grundwehrdiener um einen Teil der Ausbildung umfallen. Für Rekruten im Grenzraum entfällt der letzte von drei Schritten der Basisausbildung. Konkret entgeht den Soldaten in diesem dritten Abschnitt im Ausmaß von zehn Wochen die "waffenspezifische Ausbildung im Organisationselement (z. B. Jägertruppe) mit vorbereitender Kaderausbildung".

Motivation leidet
Außerdem wurden die Ziele der Basisausbildung 2 nur mehr in der Anlernstufe erreicht und Schießprogramme nicht mehr vollständig abgewickelt. Im Jahr 2008 durchliefen 4.200 von 12.100 Soldaten in der Einsatzorganisation eine eingeschränkte Basisausbildung. Mit dem Einsatz sei außerdem "eine Beeinträchtigung der militärischen Führungsfähigkeit und Routine sowie der Motivation der Kadersoldaten verbunden", kritisiert der RH. Das Ministerium weist diese Kritik zurück.

Sinnlose Aktion
Bestätigt wird in dem Bericht auch die vergleichsweise niedrige Kriminalitätsrate im Einsatzraum. Die Pro-Kopf-Belastung mit Vermögensdelikten ist im Burgenland (0,023 im Jahr 2008) nur halb so hoch wie im gesamten Land (0,048). Der RH kritisiert zudem, dass das Innenministerium entgegen seinen Ankündigungen kein Organisations-und Personalkonzept erstellt habe, das dem Entfall der Aufgaben an den Grenzdienststellen durch die Schengenerweiterung Rechnung trägt. Der RH findet, das Ministerium hätte "genügend Zeit gehabt, um sich auf die Schengenerweiterung vorzubereiten". Auch die bis Mitte 2009 geplante Evaluierung des Assistenzeinsatzes sei nicht vorgelegen.

Darabos fühlt sich durch RH bestätigt
SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos sieht sich durch den RH bestätigt. Der Bericht habe gezeigt, dass "ab der Schengenerweiterung an der ehemaligen Schengen-Außengrenze weiterhin eine niedrige und auch rückläufige Kriminalitätsrate zu verzeichnen ist." Das bestätige den Erfolg des Einsatzes. Die Präsenz der Soldaten im Grenzraum verhindere Verbrechen, so Darabos, ohne das Bundesheer wäre die Kriminalitätsrate höher.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel