BP Heinz Fischer

"Noch im Jänner steht Regierung"

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Im Interview mit ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner zieht Präsident Heinz Fischer Bilanz.

Fischer spricht offen über die Koalitionsverhandlungen - und warum er den 11. Jänner als Datum für die Angelobung festgesetzt hat. Er nennt seine Position zu Grundsicherung, Eurofighter und Regierung.

ÖSTERREICH: Die von allen erhoffte Regierungsbildung vor Weihnachten hat es nicht gegeben, aber die Verhandlungen laufen. Wie zufrieden sind Sie mit den Verhandlungen?
Heinz Fischer: Ganz zufrieden wäre ich nur, wenn die neue Regierung schon stehen würde. Aber in Österreich sind Regierungsverhandlungen traditionell ein komplizierter Prozess. Diesmal war es am Anfang besonders schwierig, weil ja zunächst nicht einmal die Bereitschrift zu Verhandlungen vorhanden war. Deshalb bin ich froh, dass jetzt gegen Jahresende intensive und ernsthafte Verhandlungen stattfinden. Ich bin mir aber bewusst und will das heute auch öffentlich betonen, dass die Geduld von Teilen der Bevölkerung schon sehr strapaziert ist und daher ein Erwartungsdruck vorhanden ist, den man nicht beiseite schieben kann.

Die Verhandlungen standen im November bereits an der Kippe. Da hat die SPÖ intensiv über eine Minderheitsregierung nachgedacht. Hätten Sie eine Minderheitsregierung angelobt?
Das war ganz sicher eine kritische Phase. Nur: Welche Schritte ich damals allenfalls gesetzt hätte, das war im Detail nicht festgelegt, das hätte noch sehr sorgfältiger Überlegungen bedurft. Mir war es wichtig, keine vorschnellen Festlegungen zu treffen.

Wie ist es gelungen, Gusenbauer und Schüssel doch noch an einen Tisch zu bringen?
Das war ein gemeinsames Bemühen. Wenn wir unter sechs Augen sprechen, gibt es ein sehr hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, es gibt ein gutes Gesprächsklima - was vielleicht viele überraschen wird: Die persönlichen Beziehungen zwischen Gusenbauer und Schüssel sind intakt.

Die Ungeduld der Wähler ist in den letzten Wochen gestiegen, weil man den Eindruck hatte, dass nicht intensiv und ernsthaft genug verhandelt wird.
Ich hoffe, es haben alle Verständnis dafür, wenn man sagt, es dauert noch ein paar Tage und wir brauchen noch bis 11. Jänner. Wir haben schwierige Probleme zu lösen in den nächsten Jahren - und mir ist lieber, es wird ein paar Tage länger verhandelt und es werden dann gute Ergebnisse erzielt, als man zwingt sich, künstlich mit Weihnachten abzuschliessen und dann knirscht es dauernd im Gebälk in den folgenden vier Regierungsjahren. Meine Hoffnung und mein ernster Appell ist also, dass dieses Zieldatum 11. Jänner auch wirklich eingehalten wird - weil, wenn das nicht geschieht, dann wird's schwierig.

Bei vielen Beobachtern steigt die Skepsis.
Ich weiß, dass es bei vielen Bürgern Skepsis gibt, dass es Ungeduld gibt, das findet sich auch in meiner Post wieder. Aber da möchte ich fairerweise hinzufügen, dass ich das noch bei allen Koalitionsverhandlungen erlebt habe, dass sie nicht reibungslos über die Bühne gegangen sind. Koalitionsverhandlungen sind ein Prozess, wo Psychologie eine große Rolle spielt, wo manche Fragen nicht nur inhaltlich sondern auch zwischenmenschlich gelöst werden müssen, wo manche Dinge eben heranreifen müssen bis sich eine faire Mitte, ein guter Kompromiss findet.

Wie haben Sie das Kunststück zuwege gebracht, mit 11. Jänner einen Angelobungstermin für die Große Koalition festzusetzen, bevor die Verhandlungen überhaupt ernsthaft neu begonnen hatten?
Das war kein Kunststück von mir, sondern eine gemeinsame Überlegung von Dr. Gusenbauer, Dr. Schüssel und mir. Wir hatten Konsens über folgende Punkte. Erstens: Die Geduld der Österreicher ist nicht unendlich. Zweitens: Österreich braucht eine definitive Regierung und kein monatelanges Herumgewurschtel. Drittens: Knapp vor diesem Angelobungstermin des 11. Jänner läuft eine Periode von 100 Tagen nach der Wahl ab - und jeder ist der Meinung, dass man in 100 Tagen sehr gut eine Regierung bilden kann. Und viertens: Wir waren alle der Meinung, dass eine Verständigung auf den 8. oder 9. Jänner als Abschlusstermin der Verhandlungen ein klares Zeichen ist - ein Symbol für die Ernsthaftigkeit der Bemühungen. Es war klar, dass das auch ein bewusstes Zeichen an alle Funktionäre und Mitarbeiter der beiden Parteien ist, dass es den Spitzenvertretern ernst ist mit den Verhandlungen, dass ein ernster Wille zum Abschluss der Verhandlungen bis zu diesem Datum besteht. Das hat ja sofort auch einen entsprechenden Rückenwind für die Verhandlungen ausgelöst.

Noch einmal: Sind Sie zufrieden mit dem Lauf der Verhandlungen?
Das ist eine Fangfrage. Man kann nie zufrieden sein, solange nicht ein gutes Ergebnis auf dem Tisch liegt, aber ich will keinem Verhandler guten Willen absprechen. Nur: Zufrieden werde ich erst dann sein, wenn am 8. Jänner ein vernünftiges Ergebnis vorliegt.

Sie betonen den 8. Jänner als Enddatum. Genau das ist ja der Streitpunkt:Die ÖVP sagt, der 8. Jänner ist nur ein "Richtdatum“, es könnte länger dauern.
Also ganz klar: Das ist kein "Richtdatum", sondern das ist eine ganz ernsthafte Festlegung, die Verhandlungen am 8. Jänner abzuschließen und daher am 11. Jänner die neue Regierung anzugeloben. Das ist der übereinstimmende Wille zwischen den genannten drei Personen und den zwei Parteien. Sollte ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht möglich sein, sollten die Verhandlungen scheitern, was ich nicht hoffe, dann ist natürlich eine neue Situation gegeben. Aber auch in diesem Fall muss es dann rasch gehen. Die Vorstellung, dass man sich dann auf den Februar oder auf den März vertagt, das ist absolut nicht meine Vorstellung. Ich glaube, sagen zu können: Österreich wird noch im Jänner eine neue Regierung haben.

Auch wenn die Verhandlungen scheitern?
Gerade dann wird man sehr zielgerichtet und energisch agieren müssen.

Der 11. Jänner als Angelobungstermin...
...ist so vereinbart, das ist Konsens.

Welche großen Projekte wünschen Sie sich von einer neuen Regierung?
Ich wünsche mir zunächst, dass die soziale Frage Mittelpunkt der Aufmerksamkeit einer neuen Regierung ist. Ich wünsche mir, dass durch eine Weiterentwicklung des Bildungssystems und der Forschung die Chancen für unser Land verbessert werden. Ich wünsche mir, dass viel für ein faires politisches System gemacht wird und dass die Große Koalition ihre günstigen Voraussetzungen für eine Verfassungs- und Verwaltungsreform nützt.

Die starke Betonung, die Sie auf die soziale Frage legen - heißt das, dass Sie damit als Bundespräsident auch ein Bekenntnis zu einem "Grundsicherungs-Einkommen“ ablegen?
Ich glaube, dass über diesen Gedanken eines Grundeinkommens ernsthaft verhandelt wurde und sich eine vernünftige Lösung abzeichnet. Wir müssen die Experten ernst nehmen, die uns sagen, dass das europäische Modell der sozialen Marktwirtschaft unter Druck kommt und dass die Gefahr besteht, dass der Abstand zwischen "Oben“ und "Unten“ in unserer Gesellschaft größer wird. Wenn wir da nicht mit Projekten wie eben dem Grundeinkommen ernsthaft gegensteuern, was nicht heißt, die Staatsschulden zu erhöhen, dann werden wir Unmut ernten.

Also sind Sie Anhänger des Grundeinkommens?
Ja. Ich bin ein klarer Anhänger der sozialen Gerechtigkeit. Wir brauchen eine Gesellschaftsordnung, wo Menschen nicht einfach ins Bodenlose fallen. Und die Idee einer Grundsicherung leistet einen wichtigen Beitrag dazu.

Die ÖVP meint, Sie als Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber des Heeres sollten ein klares Wort zu den Abfangjägern sagen.
Da muss ich eine deutliche Korrektur anbringen: Der Bundespräsident trifft keine operativen Entscheidungen über Waffensysteme. ich entscheide nicht, welche Panzer gekauft werden und ganz sicher nicht, welche Flugzeuge. Ich bekenne mich zur Neutralität und zur Luftraumüberwachung. Aber ich bin in den Entscheidungsprozess rund um die Eurofighter nie eingebunden gewesen und habe auch nicht vor, mich da vereinnahmen zu lassen

Halten Sie es für richtig, dass es in der Frage der Eurofighter jetzt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gibt?
Ich glaube, dass das ein legitimes Kontrollinstrument des Parlaments ist und die Parlamentarier das Recht haben, Untersuchungsausschüsse einzurichten. Ich finde es gut, wenn der Nationalrat Entscheidungen der Regierung kontrolliert.

Wir stehen am Beginn eines Jahres, das für Sie als Bundespräsident wunderbar werden kann - wenn sich die Große Koalition einigt, wenn der Papst kommt - oder auch ein Horror, wenn die Regierung scheitert.
Ich glaube, dass die Schwankungsbreite für das Jahr 2007 - zwischen einem wunderbaren Jahr und einem „annus horribilis“ - gar nicht groß sein wird. Eine Regierung wird es auf jeden Fall geben - und zwar, noch im Jänner. 2007 wird ein Jahr werden, das sich wirtschaftlich hoffentlich in guter Weise entwickelt. Es wird wichtige Auslandsbesuche geben, als Höhepunkt den Besuch des Papstes, auf den wir uns sehr freuen. Und wir werden alle aus 2007 das Beste machen. Ich bin ziemlich zuversichtlich für 2007.

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