Der FPÖ-Kandidat im großen Interview

Hofer: "Kanzler Kern spricht mir aus der Seele"

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Der blaue Kandidat über Trump, Türkei, Burka und seine gestiegene Wertschätzung der Regierung.

Der Kandidat ist offensichtlich auf Kreide-Diät gesetzt. Norbert Hofer gibt sich milde. Kanzler und Regierung? Stark verbessert. Türkei und TTIP-Ablehnung? Super. Die Flüchtlingspolitik? Auf dem richtigen Weg.

Dass sich das Land noch wundern werde, so er Präsident wird? Sein größter Fehler.

Am 2. Oktober könnte es der blaue Hofburg-Bewerber tatsächlich im zweiten Anlauf schaffen – da sind Sager, die Wähler verschrecken könnten, nicht zu gebrauchen.

Die gute Laune macht nur Pause, wenn er im ÖSTERREICH-Interview auf sein Rechtsaußen-Image im Ausland angesprochen wird, oder wenn er über die Schlammschlacht räsoniert, der beide Kandidaten ausgesetzt sind. Freilich: „Ich hab die beschmierten Plakate ­gezählt. Van der Bellen: 1; Hofer: 30.“

In dem schon seit Anfang des Jahres tobenden Wahlkampf hätte er sich eine ­dicke Haut zugelegt und sei gleichzeitig gesünder geworden: „Ich hab zehn Kilo weniger und mit dem Mountainbike-Training sind meine Oberschenkel viel stärker geworden. Deshalb brauch ich jetzt auch meinen Gehstock nicht mehr so oft.“

Hofer im großen Interview

ÖSTERREICH: Nach der Anfechtung haben Sie mir gesagt: Es wird nur Verlierer geben. Van der Bellen wird sein Amt verlieren und ich steh als schlechter Verlierer da …

Norbert Hofer: Ja, das habe ich gesagt, das sehe ich aber jetzt anders. Jeder, der mich drauf anspricht, sagt, es war richtig, dass wir die Anfechtung gemacht haben …

ÖSTERREICH: Halten Sie’s nicht für übertrieben, dass es jetzt nicht einmal Fotos aus den Wahllokalen geben darf?

Hofer: Ich würde mich da als Präsident zwar nicht einmischen, das Wahlrecht müssen die Parteien ändern, aber es sollte künftig so geregelt werden, dass das wieder möglich wird. Ich glaube nicht, dass es am Wahlergebnis viel ändert, wenn die Kandidaten bei der Stimmabgabe fotografiert werden oder man die Stimme selbst in die Urne wirft.

ÖSTERREICH: Ihr Mitbewerber hat ein ärztliches Attest vorgelegt, um ungute Gerüchte abzustellen. Die gibt es auch über Sie. Sie würden den Stock gar nicht brauchen, wollten nur Mitleid schinden. Legen Sie auch ein Attest vor?

Hofer: Ich habe in meinem Buch ein Attest veröffentlicht, das meine Querschnittlähmung bestätigt. Aber es stimmt: Wir sind beide von solchen Gerüchten betroffen und es ist zuweilen ganz, ganz schlimm, was da verbreitet wird. Ich verurteile auch die Gerüchte und Postings gegen Van der Bellen. Aber ich habe mir da eine dicke Haut zugelegt und bleibe gelassen. Das ist nötig, um Fehler zu vermeiden. Und Fehler sind das Schlechteste, was im Wahlkampf passieren kann. Stichwort: Sie werden sich noch wundern. Das war mein allergrößter.

ÖSTERREICH: Ein Vertreter eines ausländischen News-Senders hat uns gesagt: „If the green guy wins, it’s not a big story, if the Nazi-guy wins, we’ll make it big“ („Wenn der Grüne siegt, ist es keine große Geschichte. Wenn der Nazi gewinnt, machen wir’s groß“). Wie gehen Sie mit so einer Punze um?

Hofer: Das tut sehr weh, mit so einer Mörderbande, wie es die Nazis waren, verglichen zu werden. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich damit nichts zu tun habe.

ÖSTERREICH: Werden Sie ­Gesten setzen, um von diesem Image wegzukommen?

Hofer: Natürlich. Ich mach das ja jetzt schon bei meinen Gesprächen mit ausländischen Medien, und ich glaube, es gelingt mir auch.

ÖSTERREICH: Sie haben die Minister Sobotka und Doskozil gelobt. Sie müssten ja eigentlich auch mit Kanzler Kern ­zufrieden sein, nach seinen Wortmeldungen zur Türkei?

Hofer: Ja, da hat er mir aus der Seele gesprochen. Auch bei TTIP und CETA kommt viel Vernünftiges von der ­Regierung …

ÖSTERREICH: Heißt das, Sie sind mit dem Kanzler gar nicht mehr unzufrieden? Vor der ersten Wahl klang das noch anders …

Hofer: Ich sehe keinen Anlass, dass es nicht möglich wäre, in den nächsten zwei Jahren das Auskommen zu finden. Es hat sich seit Faymann sehr viel geändert und einiges ist in Bewegung geraten und besser geworden. Das liegt natürlich auch an den ­guten Werten meiner Partei und, mit Verlaub, an meinem Wahlergebnis. Und falls ich die Wahl gewinne, wird das ein klares Signal an die Regierung, diesen Kurs der Vernunft nicht zu verlassen.

ÖSTERREICH: Sie können also mit dieser Regierung leben, auch wenn es sie nach der Wahl nicht lange geben wird, wie Sie überzeugt waren …

Hofer: Auch da hat sich meine Einschätzung geändert. Ich denke, dass die Regierung die volle Legislaturpe­riode durchdienen wird. Ich glaube nicht an das Neuwahlgerede. Das ist ja die Ironie: Für die Regierungsparteien ist es besser, wenn ich die Wahl gewinne und Bundespräsident werde.

ÖSTERREICH: Aber es gibt Spekulationen, die besagen: Wenn Sie gewinnen, übernimmt Kurz die ÖVP, bricht Neuwahlen vom Zaun und kann sogar die FPÖ überholen, weil die Wähler nach einem blauen Präsidenten nicht auch noch einen blauen Kanzler wollen.

Hofer: Sie haben es richtig gesagt: Das sind Spekulationen. Ich zweifle nur den Punkt an, dass die Wähler vor einem Präsidenten aus der FPÖ und einem FPÖ-Kanzler zurückschrecken. Wenn sie sehen, dass da ein Freiheitlicher sein Amt besonnen und vernünftig ausübt und eine gute Figur macht – warum sollen Sie dann ­keinen FPÖ-Kanzler wollen? Dann funktioniert diese Angstmache nicht mehr.

ÖSTERREICH: Zurück zur Türkei: Kanzler Kern hat gesagt: Diese Türkei kann kein EU-Mitglied sein …

Hofer: Das war vollkommen richtig …

ÖSTERREICH: Kann die Türkei ohne Erdogan Mitglied sein?

Hofer: Nein, die Türkei ist kein europäisches Land. Die EU würde es auch nicht verkraften, ein so großes Land als Ziel-1-Empfänger zu haben. Die EU muss sich selbst einmal stabilisieren.

ÖSTERREICH: Wie beurteilen Sie die Flüchtlingspolitik der ­Regierung. Hat sie sich da auch Ihrer Position angenähert?

Hofer: Das lässt sich erst ­beantworten, wenn die Asyl-Obergrenze wirklich erreicht ist. Insgesamt wäre ich dafür, bei der Unterstützung verstärkt auf Sach­leistungen zu setzen. Das ist nichts Negatives. Sachleistungen plus ein Taschengeld für persönliche Bedürfnisse. Die volle Mindestsicherung auszuzahlen halte ich für falsch. Der Zugriff auf Transferleistungen sollte für Asylwerber nicht sofort möglich sein, ­sondern erst dann, wenn der Zuwanderer drei Jahre in Österreich beschäftigt ist.

ÖSTERREICH: Welche Schritte in der Flüchtlingspolitik würden Sie zu Beginn Ihrer Amtszeit setzen?

Hofer: Sie müssen damit rechnen, dass, wenn ich gewählt werde, die Regierung von sich aus einen vernünftigen Weg einschlagen wird. Allein die Tatsache meiner Wahl wird das bewirken.

ÖSTERREICH: Was ist für Sie außer der Flüchtlingsfrage derzeit das größte Problem?

Hofer: Sicher die Arbeits­losigkeit.

ÖSTERREICH: Was tun?

Hofer: Das ist eine wichtige Aufgabe für den Bundespräsidenten, mit Wirtschaftsdelegationen Türen zu öffnen, und ich möchte da die Arbeit von Heinz Fischer fortsetzen, Aufträge und auch Firmen nach Österreich zu holen. Es gibt bereits eine Anfrage aus ­China. Die Beziehungen dorthin sind abgekühlt, weil wir den Dalai Lama als Staatsoberhaupt empfangen haben. Das würde ich als Präsident natürlich gerne wahrnehmen. China ist ein Land, wo wirtschaftlich noch sehr viel möglich ist.

ÖSTERREICH: Wie stehen Sie zu einem Burka- und einem Burkiniverbot?

Hofer: Das Burka-Verbot ist ein richtiger Schritt. Es darf in Österreich nicht sein, dass Frauen in der ­Öffentlichkeit ihr Gesicht verhüllen müssen. Bei uns haben Männer und Frauen die gleichen Rechte. Die Burka ist eine Form der Gewalt gegen Frauen.

ÖSTERREICH: Nur: Was bringt ein Verbot? Dann dürfen Frauen überhaupt nicht mehr raus ...

Hofer: Das ist ein schwerwiegendes Argument. Aber das muss man durchziehen. Es muss natürlich auch strafbar sein, wenn man Frauen daheim einsperrt.

ÖSTERREICH: Und Burkini?

Hofer: Für mich steht die Burka im Mittelpunkt. Mit dem Burkini hab ich weniger Probleme. Da ist ja das Gesicht nicht verhüllt.

ÖSTERREICH: Ihre Gesinnungsgenossin Marine Le Pen hat sich für Donald Trump deklariert. Wem sitzen Sie lieber gegenüber: Clinton oder Trump?

Hofer: Ich hab’s nicht gern, wenn sich ausländische Politiker in österreichische Belange einmischen, deshalb mach ich’s umgekehrt auch nicht. Aber wer mich kennt, kennt auch meine Präferenz: Ich war immer ein großer Freund der Vernunft.

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