PIRLS-Neuauswertung

Noten passen oft nicht zur Leistung

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Laut PIRLS bewerten Lehrer ihre Schüler häufig signifikant falsch.

In Österreich sagen Schulnoten wenig über die tatsächlichen Leistungen aus. Das hat die Detailauswertung der Lesestudie PIRLS 2006 (Progress in International Reading Literacy Study) unter Schüler der vierten Klasse Volksschule erneut bestätigt. Auffälligstes Ergebnis der Analyse durch das Bundesinstitut für Bildungsforschung: Die schwächsten Schüler mit einem "Sehr Gut" als Deutschnote in der Schulnachricht haben bei PIRLS dieselbe Testleistung erbracht wie die besten Schüler mit "Nicht Genügend".

Risikoschüler nicht erkannt
Vier Prozent der Schüler, die laut PIRLS zur Gruppe der Risikoschüler gehören und selbst mit einfachsten Lese-Aufgaben Probleme haben, wurden aber von ihren Lehrern im Fach Deutsch mit "Sehr Gut" benotet, weitere 24 Prozent mit "Gut". Die Studienautoren ziehen daraus den Schluss, dass ein Teil der Risikoschüler von den Lehrern nicht als solche erkannt und dementsprechend auch nicht speziell gefördert wird. Gleichzeitig haben fünf Prozent der Schüler, die bei PIRLS in der Spitzengruppe gelandet sind, im Semesterzeugnis "Befriedigend" als Deutschnote stehen.

Noten passen nicht zu Können
Noten sollten laut Gesetz darüber Auskunft geben, ob ein Schüler ein bestimmtes Leistungsniveau erreicht hat. Tatsächlich werden Schüler, die bei PIRLS eine ähnliche Leistung erbracht haben, sehr unterschiedlich benotet: Mehr als 70 Prozent der Schüler, die mit "Befriedigend" beurteilt wurden und daher nicht AHS-reif sind, haben bei PIRLS gleich gut abgeschnitten wie Schüler mit einem "Gut" im Zeugnis, also mit AHS-Reife; 50 Prozent der Schüler mit einem Dreier haben sogar Testwerte, die auch bei Einser-Schülern zu finden sind. "Auch wenn in die Deutschnote noch andere Kriterien als die Leseleistung (z.B. Grammatik, Rechtschreibung, Schreiben, Anm.) eingehen müssen, sprechen diese erheblichen Überlappungsbereiche gegen eine kriteriumsorientierte Beurteilung", kritisieren die Studienautoren.

Noten passen zur Klasse
Lehrer würden sich bei der Notengebung "vornehmlich" am Niveau der Klasse und nicht am erreichten Leistungsniveau orientieren, heißt es in dem Bericht. Die Folge: In Klassen mit vielen leistungsstarken Schülern wird insgesamt strenger, mit vielen leistungsschwachen Schülern milder benotet. In "schwachen" Klassen haben Spitzenschüler eine zehn Prozent höhere Chance, ein "Sehr Gut" zu bekommen; gleichzeitig gibt es in "starken" Klassen mehr Spitzenschüler mit der Note "Befriedigend". Laut Studie besteht "sogar zwischen den Leseleistungen von Kindern mit 'Sehr Gut' (schwache Klasse) ein breiter Überlappungsbereich mit der Leseleistung von Kindern mit 'Genügend' (beste Klassen)".

Lehrer überschätzen Niveau
Das Lese-Niveau ihrer Klassen schätzen die Lehrer vergleichsweise positiv ein und neigen dazu, es zu überschätzen: Ihrer Einschätzung nach besucht nur ein Prozent der Schüler eine Klasse, in der die Leseleistung unterdurchschnittlich ist, in den EU-Ländern mit Spitzenplätzen bei PIRLS sind es laut Angaben der Pädagogen zehn Prozent. Dabei ist die Benotung im Fach Deutsch/Lesen vergleichsweise streng, was die Studienautoren auf den hohen Stellenwert zurückführen, der dem Fach beigemessen wird. Im Vergleich zu Mathematik werden in Deutsch/Lesen um elf Prozentpunkte weniger "Sehr Gut" vergeben, im Vergleich zum Sachunterricht sogar nur halb so viele.

Die Studie räumt übrigens mit einem altgedienten Klischee auf, wonach viele Volksschulpädagogen nur die Noten "Sehr Gut" und "Gut" vergeben. Das tun lediglich 1,5 Prozent der Lehrer, zwei Drittel der Lehrer verteilen Noten von "Sehr Gut" bis "Genügend" bzw. von "Gut" bis "Nicht Genügend".

Schmied besteht auf Reform
SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied fühlt sich durch die PIRLS-Lesestudie in ihrer Überzeugung bestätigt, dass die Bildungsreform konsequent weiter geführt werden muss. Das sei bei den gegebenen Budgets aber nur möglich, wenn die von ihr geplante Ausweitung der Unterrichtszeiten durchgeführt wird, so Schmied.

Verbesserungen unaufschiebbar
Die Zahlen der Studie würden belegen, dass die geplanten Verbesserungen unaufschiebbar seien. Konkret nannte Schmied die Sprachförderung im Kindergarten, das verpflichtende Kindergartenjahr oder den Ausbau der Deutschförderkurse an den Pflichtschulen sowie bessere Rahmenbedingungen für Lehrer.

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