Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat sich in der TV-Pressestunde am Sonntag gegen Null-Lohnrunden oder eine Verschiebung von Lohnverhandlungen ausgesprochen. Das wäre in Zeiten wie diesen "das falsche Signal".
Die Wirschaft sei ein "Netzwerk": Wenn die Menschen weniger Geld bekommen, hätten auch die Kaufleute Probleme. Nach der "Benya-Formel" zur Lohnfindung, de neben der Inflation auch die Produktivität berücksichtigt, sehe er noch Spielraum für die Unternehmen; er appellierte auch an die "gesellschaftspolitische Verantwortung" der Unternehmen.
Null-Lohnrunden oder Lohnrundenverschiebungen könnten das System grundsätzlich durcheinanderbringen. Eine Lösung wäre beispielsweise, bei den KV-Verhandlungen "in Etappen" vorzugehen und eventuell für ein halbes Jahr abzuschließen. Dies sei aber Sache und Entscheidung der Sozialpartner.
Lehrstellen-Garantie zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit
"Zentrales
Thema" zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit werde die Jugendbeschäftigung
sein, betonte Mitterlehner. Trotz der Krise wolle die Regierung jedem
Jugendlichen einen Ausbildungsplatz garantieren. Derzeit werden eigene
Programme für eine Lehrstellengarantie ab dem Sommer für 19- bis 25-Jährige
erarbeitet, das im Juni vorgestellt werden soll.
Zur jüngsten Konjunkturprognose der Wirtschaftsinstitute Wifo und IHS und möglicher weiterer Prognose-Revisionen nach unten meinte Mitterlehner, dass für ihn nun "alles am Tisch" liege. "Ich habe den Eindruck, dass die Tatenlage nun der Realität entspricht", sagte der Minister. Zudem sehe er leichte Tendenzen, die Entspannung signalisieren, auch bei Einkäufermärkten wie etwa den USA. Er wehrte sich dagegen, dass die Regierung bzw. die Forscher die Lage bewusst herunterspielten. Auch die Experten seien von der Dimension der Krise überrascht worden.
Um einer möglichen drohenden Insolvenzwelle in Österreich gegenzusteuern, schlägt der Wirtschaftsminister vor, das Insolvenzrecht nach dem substanzerhaltenden US-Modell (Chapter 11) möglichst bald - noch vor dem Sommer - zu ändern. Die Strategie sollte sein, dass "wir nach der Krise keine Strukturen haben, wo die Mitarbeiter fehlen". Daher sei auch die Möglichkeit der Kurzarbeit von Vorteil.
"Stimmige" Managergehälter gefordert
Für
Krisen-Demonstrationen zeigte Mitterlehner grundsätzlich Verständnis, weil
sie ein "Ventil" für die Bevölkerung seien. Er warnte jedoch vor
Botschaften, in denen Feindbilder - wie derzeit der Bankensektor -
dargestellt würden. Die Leute hätten den Eindruck, "wir müssen die Zeche
übernehmen" und die Banker bekämen hohe Bonuszahlungen. Daher sollte man bei
Managergehältern "stimmig" vorgehen.
Die Privatisierungen des Staates hält Mitterlehner für gelungen. Die Unternehmen hätten sich alle bestens entwickelt, wovon auch die Börse profitiert habe. Bei der AUA sei die Grundproblematik gewesen, dass schon früher mit der Suche nach einem strategischen Partner und nicht nach einem Finanzinvestor beginnen hätte sollen. Nun sei wichtig, dass das Prüfungsverfahren in Brüssel zur Übernahmen durch die Lufthansa noch vor dem Sommer abgeschlossen werde. Wie LH-Chef Mayrhuber geht auch Mitterlehner davon aus, dass die AUA künftig ein kleineres Unternehmen sein werde, "denn jetzt war es zu groß".
Auf die Frage, ob sich Österreichs Banken in Osteuropa übernommen haben, meinte Mitterlehner, dass diese dort ein "grundnormales Bankgeschäft" gemacht hätten. Durch die starke Abwertung der Ost-Währungen sei das Risiko für österreichische Banken aber gestiegen. Die EU habe aber mit ihren zuletzt gesetzten Maßnahmen einen Teil des Problems aus der Welt geschafft. "Den österreichischen Banken ist am wenigsten vorzuwerfen", so der Wirtschaftsminister.
Bankgeheimnis "unantastbar wie die Lipizzaner"
Das
Bankgeheimnis sei in Österreich "unantastbar wie die Lipizzaner". Wenn alle
Länder die gleichen Spielregeln machten, fiele auch das Argument weg, dass
ohne Bankgeheimnis Geld aus Österreich abfließen würde. Die Akkordierung mit
den anderen sei der richtige Weg gewesen.
Vom G-20 Gipfel kommende Woche erhofft sich Mitterlehner konkrete Umsetzungen in Richtung Spielregeln und Transparenz für die internationalen Finanzmärkte. Sollte dies nicht gelingen, werde man bald "eine Neuauflage der Krise" erleben.
Die österreichische Bundesregierung habe zuletzt ein "Marketing-Problem" gehabt, das zeige auch die negative internationale Presse. Österreichs Standortfaktoren seien aber besser als international bewertet, auch Wachstum, Beschäftigung und Forschungsquoten seien besser als im internationalen Vergleich. Die Regierung werde daher demnächst mit einer "Standortkampagne" starten und Österreich unter dem Motto "Mit eigener Kraft die Zukunft geschafft" besser vermarkten, so Mitterlehner.