Budgetprobleme
ÖBB hat zu wenig Geld fürs bestehende Netz
17.09.2007
Die Erhaltung des Schienennetzes wurde, ähnlich wie in Deutschland, vernachlässigt. Experten warnen.
Bei den ÖBB werden die Mittel für die Erhaltung des Schienennetzes knapp. ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker hat bestätigt, dass wie in Deutschland auch in Österreich tendenziell zu wenig in das bestehende Schienennetz investiert werde. Aus ÖBB-Kreisen hieß es, dass schon kurzfristig ein Finanzierungsengpass drohe. Die ÖBB Infrastruktur Bau AG soll deshalb womöglich der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG für die nächsten zwei Jahre einen Teil der regelmäßigen Pachtzahlungen stunden und so das Erhaltungsbudget entlasten.
Keine offizielle Stellungnahme
Offiziell wollte die ÖBB-Führung
dazu keine Stellungnahme abgeben. Inoffiziell hieß es, wenn man im Betrieb
nicht mehr Geld in die Hand nehme, werde das Gesamtsystem "schon kurz- und
mittelfristig teurer kommen". Die Folge wären mehr Langsamfahrstellen aber
auch höhere Sicherheitsrisiken, hieß es. Derzeit liege Diskussion noch auf
Eis. Man warte die neue Vorstandsbestellungen in der ÖBB-Holding und deren
Tochtergesellschaften ab. Die Personalentscheidung wird voraussichtlich Ende
Oktober fallen, die Bestellung dann mit Jahresbeginn 2008 erfolgen.
Große Probleme in Deutschland
In Deutschland wird bereits
seit Monaten über den "desolaten" Zustand der dortigen Schieneninfrastruktur
diskutiert. Im vergangenen Jahr hat die Länge der Langsamfahrstellen in
Deutschland um 5,5 Prozent auf 420 Kilometer zugenommen. Die Pünktlichkeit
der Schnellbahnen ist heuer von über 96 auf 91,6 Prozent gesunken. Laut
Rechnungshof hat die Deutsche Bahn von 2001 bis 2005 notwendige
Reparaturarbeiten in Höhe von 1,5 Mrd. Euro verabsäumt. Heuer sind daraufhin
die Instandhaltungsmittel in Deutschland um eine halbe Milliarde Euro
aufgestockt worden. Längerfristig will die DB drei Mrd. Euro zusätzlich in
ihre Anlagen investieren.
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Die ÖBB Infrastruktur Betriebs AG erhält seit ihrer Gründung mit 2005 jährlich 1,006 Mrd. Euro vom Bund und muss damit Schienenbetrieb (Signale, Stellwerke, etc.) und die Instandhaltung finanzieren. Eine Erhöhung der Bundesmittel ist derzeit nicht geplant. Daneben fließt auch noch das Infrastrukturbenützungsentgelt (IBE, "Schienen-Maut") von Personen- und Güterverkehr in die Schienenerhaltungsgesellschaft, die sie aber derzeit als Pacht für das Schienennetz an die ÖBB-Infrastruktur Bau AG weiterleiten muss.
Probleme mit EU-Maastricht-Kriterien
Seit Jahresbeginn wird in
den ÖBB auch eine Wiederzusammenlegung von Infrastruktur Betrieb und Bau
geprüft. Allerdings kämpfen die Experten dem Vernehmen nach noch damit, dass
dann die Schulden der ÖBB Infrastruktur Bau AG von derzeit rund 9 Mrd. Euro
nicht der Republik zufallen. Die EU-Maastricht-Kriterien schreiben vor, dass
mehr als die Hälfte der Produktionskosten der ausgegliederten Gesellschaft
durch Verkäufe gedeckt sein müssen, damit deren Schulden nicht dem Bund
angerechnet werden.
Laut Pöchhacker geht es bei der Reform eher um "die Verbesserung von Nahtstellen" im Konzern. "Es wird nicht wieder alles umgestürzt werden", betonte er. Allfällige Strukturänderungen werde es erst nach der Bestellung der neuen Holding-Vorstände Anfang 2008 geben.
Derzeit keine Zusammenlegung von Straßen- und Bahnfinanzierung
In
Diskussion stand hinter den Kulissen auch eine komplette Zusammenlegung der
Straßen- und Bahnfinanzierung. In dieser Legislaturperiode wird das aber
wohl nicht mehr spruchreif werden. Früher oder später werde man zu einer
"Gesamtbetrachtung von Straße und Schiene kommen müssen", betonte Pöchhacker
zwar. Dafür brauche aber "das System insgesamt mehr Einnahmen". Derzeit
würden zahlreiche Steuern aus dem Verkehr dem Finanzminister anstatt der
Bahn und Straße zugutekommen. Die jetzige Regierung habe sich jedoch bereits
dazu bekannt, dass es zu keiner Pkw-Maut kommen werde und auch bei der
Lkw-Maut seien die Spielräume derzeit begrenzt.