ÖBB-Eklat
ÖBB will Bau des Koralmtunnels verschieben
02.12.2006
Laut Landeshauptmann Haider ist eine ÖBB-Hauptversammlung in Vorbereitung. Gegen ÖBB-Chef Huber hagelt es Kritik.
Für großes Aufsehen hat idie Ankündigung der ÖBB gesorgt, den Bau der Koralmbahn verschieben zu wollen. In einem ÖBB-Schreiben hieß es, dass das Projekt weder notwendig noch sinnvoll sei und daher zurückgestuft werden soll. Es hagelte sofort Kritik an der ÖBB von allen Seiten. Der Rücktritt von ÖBB-Chef Martin Huber wurde ebenfalls gefordert. Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ), SPÖ-Rechnungshofsprecher Kräuter und Hubert Gorbach sprachen von Vertragsbruch.
Projekt kurbelt Wirtschaft an
Das Projekt sei wichtig für den „wirtschaftlichen Aufschwung der Region und für die grenzüberschreitende wirtschaftliche Vernetzung Richtung Südeuropa". Die Fahrzeit Graz-Klagenfurt würde von 2 Stunden 40 Minuten auf eine Stunde verkürzt, bis zu 45.000 Jobs würden geschaffen und laut Studien würde die neue Verkehrsanbindung eine Steigerung der Wirtschaftskraft um jährlich 400 Mio. Euro bringen.
Haider pocht auf Vertrag
Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (B) pocht auf einen Vertrag aus dem Jahr 2004, der beinhaltet, dass der Tunnel ab 2008 gebaut und 2018 fertig gestellt werden soll. Der Kontrakt wurde von Bund, den Ländern Kärnten und Steiermark, der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG sowie der ÖBB unterzeichnet. Bei Nichteinhaltung denkt Haider an eine Klage.
ÖBB-Hauptversammlung
Eine außerordentliche ÖBB-Hauptversammlung, in deren Zuge ÖBB-Holding-Vorstand Martin Huber abberufen werden könnte, "ist in Vorbereitung", so Haider. Der Entscheidung für eine Hauptversammlung sei ein Gespräch mit dem Alleineigentümervertreter der ÖBB, Vizekanzler Hubert Gorbach (B), vorausgegangen.
Sonderprüfung
Eine Abberufung Hubers werde in letzter Konsequenz dann notwendig, wenn die ÖBB "vertragsbrüchig" würden und sich an den per Vertrag fixierten Bau des Koralmtunnels nicht mehr gebunden fühlten, erklärte Haider. Um Huber absetzten zu können, müsste im Rahmen der Hauptversammlung eine aktienrechtliche Sonderprüfung durchgeführt werden
140 Millionen Euro ab 2008 fällig
Um das Risiko einer Verschiebung des Projektes zu vermeiden, hätten sich die damalige steirische Landeschefin Waltraud Klasnic und Haider darauf verständigt, jeweils 140 Millionen Euro zu dem Gesamtprojekt bei zu steuern. "Dieser Zahlungsbeitrag ist mit Beginn des Tunnelbaues, also 2008, fällig", erläuterte der BZÖ-Politiker. Mit der Eigenleistung hätten sich die beiden Bundesländer das Recht erworben, "dass es keine Verschiebung gibt".
ÖBB-Vorstand Huber soll „Minister im Iran werden“
"Bei der ÖBB ist man offenbar mit Aufgaben überfordert", meinte der Landeshauptmann in Richtung ÖBB-Holding-Vorstand Martin Huber. "Huber sollte sich überlegen, Verkehrsminister im Iran zu werden", spielte Kärntens Verkehrslandesrat Gerhard Dörfler (B) auf umstrittene Investitionen der Bundesbahnen in Teharan an.
"Für die SPÖ war es immer klar, dass der Koralmtunnel ein unverzichtbarer Bestandteil ist", erklärte auch die Kärntner SPÖ-Chefin Gaby Schaunig. Unumstritten sei es auch, dass der Bau der Koralmbahn der gesamten Region einen wirtschaftlichen Aufschwung bringe.
SPÖ fordert Abtritt Hubers
SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter forderte eine Ablösung des ÖBB-Chefs Huber. Außerdem verlangte er die Einrichtung eines Krisenstabes. Zur Koralmbahn meinte er, dass dieser Tunnelbau ebenso außer Streit stehen sollte wie der Semmering-Basistunnel.
Kräuter: „ÖBB ist völlig verwahrlost.“
Heftige Worte fand Kräuter einmal mehr für die ÖBB: Er sprach von einem "völlig verwahrlosten Staatsunternehmen" und einem "völligen Zusammenbruch des ÖBB-Managements". Er sieht den Staat gefordert: Die Republik müsse Vorgaben machen, die Strukturen in der Verkehrspolitik umfassend reformiert - und auch ein "Gesamtplan" für den Infrastrukturausbau für Schiene und Straße entwickeln. Darin sollten die beiden Tunnelbauten zwischen NÖ und Steiermark sowie Steiermark und Kärnten "im Interesse der Zukunft der Südregion Österreichs mit konkreten Ausführungs- und Finanzierungsplänen in die Gesamtplanung Eingang finden".
Gorbach ist verwundert
"Mit Verwunderung" reagierte Verkehrsminister Hubert Gorbach (B) am Samstag auf "Gerüchte" rund um den Bau des Koralmtunnels, wonach die ÖBB dieses Projekt zurückstuft. Er appellierte an die Führung der ÖBB zu unterzeichneten Verträgen zu stehen und dafür zu sorgen, dass diese Politik der Verunsicherung schleunigst beendet wird".
Zugleich erklärte sich Gorbach bereit, über Effizientsteigerungen zu diskutieren, allerdings unter strikter Einhaltung abgeschlossener Verträge.