ZiB2
Österreich drängt auf Kurswechsel: Schluss mit der alten Syrien-Politik
28.07.2024Österreich fordert mit sieben EU-Staaten eine Annäherung an Syrien für Migrantenabschiebungen und kritisiert die bisherige EU-Politik gegenüber Assad als veraltet.
Österreich und sieben weitere EU-Staaten drängen auf eine Neuausrichtung der Beziehungen zu Syrien, um die Rückführung von Migranten zu ermöglichen. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) betonte in einem Interview mit der "Welt" vor Kurzem, dass diese Initiative Teil eines notwendigen Umdenkens sei.
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Er kritisierte die bisherige EU-Politik als veraltet, da Baschar al-Assad trotz der Bemühungen und Sanktionen der EU weiterhin an der Macht sei. Schallenberg erklärte, dass es keine Lösung für Syrien ohne Assad geben werde und forderte eine unvoreingenommene Diskussion über die Lage im Land.
Appelle an die EU
Der österreichische Außenminister verwies auf die missliche Lage, dass Assad derzeit etwa 70 Prozent des syrischen Territoriums kontrolliert, und wies darauf hin, dass trotz Milliardenbeträgen an humanitärer Hilfe Millionen Syrer weiterhin auf Unterstützung angewiesen seien. In der ORF-Sendung „ZIB2“ wies er darauf hin, dass es keine „Normalisierung“ der Beziehungen zu Assad geben werde und dass dessen Vergehen nicht beschönigt werden könnten. Auch wenn freiwillige Rückführungen von Migranten bereits stattfänden, seien unfreiwillige Rückführungen momentan nicht umsetzbar.
Schallenberg appellierte an die EU, die Auswirkungen ihrer Sanktionen zu überdenken und deren Einfluss auf die syrische Bevölkerung zu berücksichtigen: "Wir können weitermachen wie bisher, aber damit negieren wir die Wirklichkeit." Wenn ein System seit zehn Jahren erfolglos scheint, sei es Zeit, das eigene Handeln zu überdenken. Er warnte vor den Gefahren, die eine weiterhin ignorante Haltung gegenüber der Realität in Syrien mit sich bringen könnte, und sprach sich für eine schrittweise und durchdachte Planung aus.
"Rote Linie ist das Völkerrecht"
Auf die Frage, ob Europa auch in Bezug auf die Ukraine und Russland umdenken müsse, antwortete Schallenberg: "Meine rote Linie ist das Völkerrecht!" Und stellte er klar: "Keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine." Es sei nicht an Europa oder der restlichen Welt zu entscheiden, was mit der Ukraine passiert. Das müssen die Menschen vor Ort entscheiden. Trotzdem sei es kein Weg, die Dialogversuche, wenn sie auch derzeit Aussichtslos scheinen, abzubrechen: "Ghosting geht nicht. Das Blockieren von Menschen funktioniert in der Außenpolitik nicht."
Zusätzlich äußerte Schallenberg Besorgnis über die eskalierende Situation im Nahen Osten, insbesondere den Konflikt zwischen Israel und dem Libanon. Er betonte Israels Recht auf Selbstverteidigung, warnte jedoch, dass eine weitere Eskalation der Gewalt die Region destabilisieren und schwer kontrollierbar machen könnte. Schallenberg hob hervor, dass die internationale Gemeinschaft sich bewusst sein müsse, wie gefährlich die derzeitige Lage sei, da ein umfassender Konflikt von keiner Seite mehr beherrscht werden könnte.