37 Prozent halten die Korruptionsanfälligkeit der Parteien für hoch - Transparency International fordert nun eine Kronzeugenregelung.
Der Antikorruptions-Verein Transparency International fordert die Einführung einer Kronzeugenregelung zur Korruptionsbekämpfung in Österreich. Angesichts der bis zum Sommer geplanten Novelle des Antikorruptionsgesetzes plädiert der frühere Rechnungshofpräsident und TI-Beiratsvorsitzende Franz Fiedlerfür eine Präzisierung der Bestimmungen, aber gegen eine Entschärfung. Laut der Transparency-Vergleichsstudie ist Korruption in Österreich kein Massenphänomen - Verbesserungsbedarf sieht der Verein trotzdem.
Besser als EU-Schnitt
Laut dem vom Gallup-Institut erstellten
"Korruptionsbarometer" liegt Österreich im internationalen Vergleich relativ
gut: Nur zwei Prozent der 751 befragten Österreicher gaben an, sie hätten in
den letzten zwölf Monaten Bestechungsgeld zahlen müssen. Damit liegt
Österreich im Bereich der USA und Kanadas. Im EU-Schnitt gaben fünf Prozent
an, Schmiergeld bezahlt zu haben. Besonders hoch war der Anteil in Litauen
(30 Prozent) und Griechenland (18 Prozent). Am korruptionsanfälligsten waren
der Mittlere Osten und Nordafrika mit 40 Prozent. International wurden
73.132 Personen in 69 Ländern befragt.
Null Glaube an Politik
Den geringen Alltagserfahrung der
Österreicher mit Korruption steht allerdings ein tiefes Misstrauen in
Politik und Wirtschaft gegenüber: 37 Prozent halten die
Korruptionsanfälligkeit der Parteien für hoch, 28 Prozent glauben an die
hohe Korruptionsanfälligkeit der Medien und 26 Prozent misstrauen der
Privatwirtschaft. 48 Prozent glauben, dass die Wirtschaft häufig versucht,
die Politik durch Bestechung zu beeinflussen. 21 Prozent halten die Beamte
für sehr bestechlich. Das Parlament (17 Prozent) und die Justiz (14 Prozent)
kommen dagegen recht gut weg.
Kennen unsere Pappenheimer
Für den Politikwissenschafter Hubert
Sickinger beruht das Misstrauen der Bevölkerung in die Parteien auf den
Erfahrungen mit Parteibuchwirtschaft und Ämterpatronage. "Die Österreicher
kennen ihre Parteien", sagt Sickinger, selbst Beiratsmitglied bei
Transaprency International - Austrian Chapter.
Tranparency-Österreich-Vorsitzende Eva Geiblinger betont, dass Österreich im
internationalen Vergleich recht gut liege - "das heißt aber nicht, dass wir
uns zurücklehnen können".
Warnung vor straffreiem "Anfüttern"
Angesichts der
bevorstehenden Novelle des Antikorruptionsgesetzes plädiert Transparency
International für eine Präzisierung der Strafbestimmungen, aber gegen eine
weitreichende Entschärfung. Fiedler kann sich etwa vorstellen, dass klarer
definiert wird, welche Personen als öffentliche "Amtsträger" gelten (sie
unterliegen besonders strengen Korruptionsbestimmungen). Dass das sogenannte
"Anfüttern" wieder straffrei wird, lehnt er ab.
Unter "Anfüttern" versteht man kleinere, aber wiederholte Zuwendungen an Beamte, mit denen sich beispielsweise Unternehmer ein freundliches Klima bei einer Behörde erkaufen wollen. Sofern mit diesen Geschenken keine direkte Amtshandlung verknüpft war, war diese Praxis bis 2008 straffrei. Seit dem Vorjahr riskieren öffentliche "Amtsträger" (also etwa Beamte), die derartige Geschenke annehmen, aber ein Jahr Haft. Wer Beamte "anfüttert", riskiert ein halbes Jahr Haft bzw. eine Geldstrafe. Als Geringfügigkeitsgrenze gilt ein Gegenwert von rund 100 Euro.
Wirtschaft will nicht kriminalisiert werden
Wirtschafts- und
Kulturvertreter fordern die Entschärfung dieser Bestimmung, weil sie die
Kriminalisierung ihrer Einladungspolitik zu Großveranstaltungen befürchten.
Fiedler kann sich zwar vorstellen, dass man über die Höhe der
Geringfügigkeitsgrenze spricht oder dass der unklare Begriff des
"Amtsträgers" präzisiert wird. Sickinger befürchtet aber, dass die Politik
darüber hinaus eine weitgehende Entschärfung der Antikorruptionsbestimmungen
vornehmen könnte.
OSZE-Bericht bisher ignoriert
TI fordert von der Regierung
dagegen ein schärferes Vorgehen gegen Korruption. Sickinger kritisierte,
dass der kritische OSZE-Bericht vom Dezember 2008 mit 24 konkreten
Empfehlungen bisher keine Konsequenzen hatte. Bemängelt wurden u.a. die
fehlende Unabhängigkeit von Staatsanwalt und Polizei und mangelndes
qualifiziertes Personal zur Korruptionsbekämpfung.
Fiedler forderte die Regierung auf, die Korruptionsstaatsanwaltschaft weisungsfrei zu stellen und ihr eine Ermittlungsbehörde (das im Vorjahr gescheiterte "Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention") zur Seite zu geben.
Parlamentarier korrumpierbar
Kritik übte Transparency auch daran,
dass für die Bestechung inländischer und ausländischer Abgeordneter immer
noch zwei unterschiedliche Strafbestimmungen gelten: Während die Bestechung
von ausländischen Abgeordneten grundsätzlich strafbar ist, ist die
Bestechung inländischer Abgeordneter weitestgehend straffrei. Verfolgt
werden kann nur die Bestechung im Zusammenhang mit einer bestimmten
Abstimmung im Parlament - nicht aber beispielsweise die Bestechung im
Zusammenhang der sonstigen Abgeordnetentätigkeit, etwa in den Ausschüssen.