Spesenmissbrauch im EU-Parlament: Österreichs EU-Abgeordnete wollen dringend dagegen vorgehen.
Nach dem jüngsten Skandal um missbräuchlich verwendete Mitabeitergelder im Europaparlament fordern die 18 österreichischen EU-Abgeordneten dringend Verbesserungen in den Kontrollmechanismen. Während aber Abgeordnete von ÖVP und SPÖ lediglich einige schwarze Schafe unter den Parlamentariern orten, warnen der Grüne Abgeordnete Johannes Voggenhuber sowie der parteifreie Hans Peter Martin vor dem Versuch der Bagatellisierung: Das System sei grundsätzlich krank und leite zu umfassenden kriminellen Machenschaften an.
Summen auf eigene Konten umgeleitet
Anstoß des Ärgernisses: Die
so genannte Sekretariatzulage. Jedem EU-Abgeordneten stehen monatlich bis zu
16.914 Euro für die Beschäftigung von Mitarbeitern zu. Pro Jahr sind das für
785 Parlamentarier zusammen fast 160 Millionen Euro aus der Parlamentskasse.
Die Abgeordneten müssen lediglich nachweisen, dass sie den Betrag
weitergeleitet haben. Sie können ihre Assistenten wahlweise direkt anstellen
oder von einer "Serviceagentur" managen lassen, das Geld darf aber nur zur
Bezahlung von Mitarbeitern verwendet werden. Wie Stichproben eines internen
Prüfberichts kürzlich zeigten, haben Abgeordnete die Summen offenbar in
einigen Fällen auf eigene Konten umgeleitet.
Schärfere Kontrollen gefordert
Die österreichischen
EU-Abgeordneten fordern angesichts dieser Missstände schärfere Kontrollen
und eine einheitliche Regelung für die Mitarbeiter. Gleichzeitig wehrt sich
die SPÖ-Delegationsleiterin Karin Scheele gegen Pauschalverurteilungen: "Es
darf nicht sein, dass das gesamte Europäische Parlament aufgrund des
Fehlverhaltens einiger weniger unter 785 Abgeordneten einen Imageschaden
erleidet." Das System unterliege einer genauen Kontrolle, Missbrauch könne
trotzdem nie ganz ausgeschlossen werden. "Jeder Verdacht auf Betrugsabsicht
muss umgehend überprüft werden", so Scheele.
Martin spricht von "Parteienfinanzierung"
Martin, der
schon in der Vergangenheit immer wieder Spesenmissbrauch im EU-Parlament
angeprangert hat, sieht dahinter System. Er nennt es: Parteienfinanzierung.
Gemeint ist, dass Gelder aus der Sekretariatszulage auf den Parteikonten in
den Heimatländern der EU-Abgeordneten landen. Weiters glaubt Martin auch an
den "Missbrauch" der aus EU-Geldern bezahlten Mitarbeiter für den eigenen
Wahlkampf. Martin will nun, gemeinsam mit anderen Abgeordneten, die
Staatsanwaltschaften der 27 EU-Mitgliedstaaten mit dieser Angelegenheit
betrauen. "Es wird eine Sachverhaltsdarstellung geben", kündigt der
EU-Abgeordnete an.