57-Jähriger Nationalratsabgeordneter Obernosterer folgt Martinz als Obmann.
Der Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz hat am Mittwoch am Landesgericht Klagenfurt im Strafprozess in der "Causa Birnbacher" ein Geständnis abgelegt. "Nach der Abwicklung des Hypo-Verkaufes haben Haider und ich die Idee entwickelt, dass etwas an die Parteien gehen soll", sagte Martinz.
Obernosterer als Nachfolger
Der Nationalratsabgeordnete Gabriel Obernosterer ist Mittwochabend zum geschäftsführenden Parteiobmann der Kärntner ÖVP bestellt worden. Nach einem fünfstündigen Sitzungsmarathon wurde Obernosterer als neuer Parteichef im Landtagsklub der ÖVP präsentiert.
Der Prozess wurde auf 6. August vertagt, weil Birnbacher auch die Anwältin von Martinz, Astrid Wutte-Lang, belastete und Martinz sich nun einen neuen Verteidiger suchen muss.
Martinz erklärte nach seinem Geständnis, dass er als Kärntner ÖVP-Obmann zurücktritt und aus der Partei austritt. "Es tut mir leid, dass ich mich auf das System Haider eingelassen habe. Es war persönlich und politisch ein Fehler, den ich zutiefst bereue", so Martinz. "Ich stand unter dem enormen Druck, die Parteifinanzen sanieren zu müssen."
Bundespartei-Chef Michael Spindelegger zeigte sich in einer ersten Reaktion "persönlich enttäuscht" von Martinz. Dessen Rückzug aus der Partei sei "richtig und notwendig" gewesen. Nun sei der Weg frei für einen Neustart in der Kärntner ÖVP, so Spindelegger.
Die Kärntner SPÖ und die Grünen forderten die Auflösung des Landtages und Neuwahlen. Bei einer Sonderlandtagssitzung solle sich das Landesparlament nun selbst auflösen und Neuwahlen ausrufen, fordern beide Parteien. Auch BZÖ-Chef Josef Bucher will sofortige Neuwahlen.
Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) erteilte in einer Aussendung den Neuwahlforderungen eine Absage. Er sei "schockiert und massiv enttäuscht" von "Martinz und Co".
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Geständnis von Birnbacher
Zuvor hatte Birnbacher sein Geständnis erweitert. Er gab zu, dass von Anfang an geplant gewesen sei, über sein Millionenhonorar, das er für seine Beratertätigkeit beim Verkauf der Hypo an die BayernLB erhalten hatte, die ÖVP und das damalige BZÖ zu finanzieren. Mit ÖVP-Chef Josef Martinz sei bereits im Jahr 2007 eine Drittelregelung ausgemacht gewesen.
Konkret seien von ihm letztlich 100.000 Euro an die ÖVP geflossen. Aber auch die FPK-Politiker Harald Dobernig und Uwe Scheuch hatten von Birnbacher Geld - insgesamt 500.000 Euro - gefordert.
"Drittellösung" mit Martinz
Mit ÖVP-Chef Josef Martinz sei bereits im Jahr 2007 ausgemacht gewesen, es für das damalige Honorar von zwölf Millionen Euro eine "Drittellösung" geben solle. Auf die Frage, wie er denn das Geld an die ÖVP überweisen solle, habe Martinz geantwortet, dass er Personalkosten übernehmen und Rechnungen für die Partei bezahlen könne, so Birnbacher.
"Martinz hat gesagt, dass er sich in Wien kundig gemacht habe, welche Möglichkeiten es da gibt", erklärte der Steuerberater. Konkret habe Martinz mit Dr. Strasser (Ernst, Anm.) gesprochen, denn der habe das entsprechende "Know-How" gehabt, so Birnbacher.
Auch Haider wollte Geld
Auch der inzwischen verstorbene Landehauptmann Jörg Haider habe von ihm Geld - nämlich eine Million Euro - gefordert. "Eine Million wird wohl drinnen sein für die Partei", soll Haider bei einem Gespräch im Jänner 2008 gesagt haben, erklärte der Steuerberater. Die technische Abwicklung der Zahlungen hätte gleich laufen sollen, wie bei der ÖVP.
65.000 Euro im Weihnachts-Kuvert
Im Sommer 2008 hatte Martinz dann Birnbacher angekündigt, dass er ihm "etwas herunterreißen" werde. In der Folge bezahlte Birnbacher eine Rechnung über 35.000 Euro plus Umsatzsteuer. Die Rechnung legte die Anwältin von Martinz, Astrid Wutte-Lang, und zwar für "Rechtsberatung im Zusammenhang mit Medienberichterstattung". Weitere 65.000 Euro übergab Birnbacher an Martinz bei einer Weihnachtsfeier in Villach in einem Kuvert.
Im Jahr 2009 seien schließlich Landesrat Harald Dobernig (FPK) und FPK-Parteichef Uwe Scheuch an ihn herangetreten. Dobernig habe erklärt, von der Abmachung über eine Mio. Euro mit Haider zu wissen, meinte Birnbacher. Letztlich hätten die FPK-Politiker 500.000 Euro verlangt, geflossen sei aber nichts mehr. "Haider war ja schon tot", erklärte Birnbacher.
Martinz: Angaben von Birnbacher richtig
"Die Angaben von Birnbacher stimmen", erklärte Martinz nach dem Geständnis des Steuerberaters. Es sei ein Fehler gewesen, sich mit Haider einzulassen. "Ich bin in einen Strudel gezogen worden", erklärte der Politiker. Er gestand, von Birnbacher bei einer Weihnachtsfeier in Villach 65.000 Euro in einem Kuvert übernommen zu haben. Weitere 35.000 Euro sollen laut Birnbacher der ÖVP über eine Rechnung, die just Astrid Wutte-Lang, die Verteidigerin von Martinz gestellt hatte, zugutegekommen seien. Daran konnte sich Martinz nicht erinnern, genau so wenig, wie daran, dass er sein "Know-How", wie solche Geschäfte abzuwickeln seien, von Ex-Innenminister Ernst Strasser bekommen haben soll.
Während sich Birnbacher unaufgefordert für seine Handlungen entschuldigte, musste Martinz erst vom Richter aufgefordert werden. "Ich bereue es, dass ich bei dieser Verschleierung mitgemacht habe und bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen", meinte Birnbacher. "Ich bin im Ursprung des Geschäftes mit Haider nicht unter einer Decke gesteckt, es war aber ein Fehler sich auf diese Machenschaften einzulassen", sagte Martinz.
Scheuch und Dobernig weisen Birnbacher-Aussagen zurück
Die FPK-Poltiker Uwe Scheuch und Harald Dobernig haben die belastenden Aussagen von Birnbacher zurückgewiesen. Die beiden schlossen in einer Aussendung aus, dass es im Zusammenhang mit der Causa eine Zahlung an die Partei oder entsprechende Forderungen gegeben habe. Das sei "ein weiterer untauglicher Versuch, die Freiheitlichen in Kärnten und ihre Führungsspitze anzupatzen und zu beschädigen", so Scheuch und Dobernig.
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ÖVP-Obmann Josef Martinz und seine Anwältin Astrid Wutte-Lang
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Martinz wird von seiner Tochter getröstet.
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Martinz vor dem Landesgericht Klagenfurt
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ÖVP-Chef Martinz bei einem früheren Termin im Gerichtssaal
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ÖVP-Chef Martinz und Verteidigerin Astrid Wutte-Lang. Auch sie wurde im Prozess belastet.
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Steuerberater Dietrich Birnbacher erweiterte sein Geständnis.
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Richter Manfred Herrnhofer
Chronologie der Causa Birnbacher
2006/2007: In Kärnten wird im Geheimen von einem kleinen Personenkreis der Verkauf der Mehrheit der landeseigenen Hypo Alpe-Adria-Bank an die Bayerische Landesbank vorbereitet.
April 2007: Der damalige Landeshauptmann Jörg Haider und Martinz beauftragen quasi als Privatpersonen Birnbacher mündlich mit einem Gutachten zum Hypo-Verkauf, versprochen wird ihm ein Honorar von zwölf Millionen Euro. Birnbachers Tätigkeit umfasst einen dreiwöchigen Zeitraum - vom 23. April bis 16. Mai.
Herbst 2007: Wie Birnbacher Jahre später aussagt, ist mit Martinz bereits zu diesem Zeitpunkt ausgemacht, dass es für das Honorar von zwölf Millionen Euro eine "Drittellösung" geben solle - ein Drittel für Birnbacher, ein Drittel für die ÖVP und ein Drittel für die Freiheitlichen. Martinz bestätigt diese Angaben.
Jänner 2008: Auch Haider fordert Geld für seine Partei - nämlich eine Million Euro, wie Birnbacher im Nachhinein zu Protokoll gibt.
Februar 2008: Erst jetzt erfährt die Kärntner Landes-Holding von Aufsichtsratschef Martinz von der Honorarvereinbarung und dass die KLH die Rechnung übernehmen soll. Das Birnbacher-Honorar wird publik, es folgen heftige Diskussionen um die Höhe.
März 2008: Haider gibt bekannt, dass das Birnbacher-Honorar auf sechs Millionen halbiert wird - genannt "Patriotenrabatt".
Sommer 2008: Martinz kündigt Birnbacher an, dass er ihm "etwas herunterreißen" werde, sagt der Steuerberater im späteren Prozess. In der Folge bezahlt Birnbacher eine Rechnung über 35.000 Euro plus Umsatzsteuer, die Rechnung legt die Anwältin von Martinz, Astrid Wutte-Lang. Weitere 65.000 Euro übergibt Birnbacher an Martinz bei einer Weihnachtsfeier am 22. Dezember in einem Kuvert.
Jänner 2009: Ermittlungen gegen Martinz, Birnbacher, Megymorez und Xander werden eingestellt - in dubio pro reo.
2009: Laut Birnbachers Aussage treten Landesrat Harald Dobernig (FPK) und FPK-Parteichef Uwe Scheuch an ihn heran. Dobernig erklärt, von der Abmachung über eine Mio. Euro mit dem mittlerweile verstorbenen Haider zu wissen, letztlich werden demnach 500.000 Euro gefordert, geflossen ist aber nichts mehr. Die Rechnung, für zwölf Millionen sollte eine Million fließen, also müssen für sechs Millionen 500.000 Euro fließen, stellte laut Birnbacher Parteichef Scheuch auf.
Juni 2010: Ein Ex-Mitarbeiter Haiders behauptet medial, Martinz habe über den Auftrag an Birnbacher Gelder Richtung ÖVP abzweigen wollen. Martinz weist die Anschuldigung damals scharf zurück.
Jänner 2011: Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt führt das zwischenzeitlich eingestellte Ermittlungsverfahren gegen Martinz und Birnbacher doch fort, Grund der Fortführung seien "neue Erkenntnisse".
September 2011: Ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt kommt zum Schluss: Das Birnbacher-Honorar ist 30-fach überhöht gewesen - nach der Halbierung der Gage.
Jänner 2012: Martinz tritt als Landesrat zurück, weil gegen ihn Anklage erhoben wird. Eine Bestätigung durch die Justiz gibt es dafür vorerst nicht.
März 2012: Jetzt ist es offiziell - die Justiz erhebt Anklage gegen Martinz, Birnbacher, Megymorez und Xander. Vorgeworfen wird ihnen das Verbrechen der Untreue.
Juli 2012: Birnbacher legt ein Geständnis ab und räumt etwa ein, dass ihm sehr früh klar gewesen sei, dass ein Honorar in der Höhe von sechs Mio. Euro unangemessen sei. Er belastet Martinz, Megymorez und Xander schwer - diese beharren weiter auf ihrer Unschuld.
Juli 2012: Birnbacher erweitert sein Geständnis und sagt aus, dass von Anfang an geplant gewesen sei, über sein Millionenhonorar die ÖVP und das damalige BZÖ zu finanzieren. Konkret sollen letztlich 100.000 Euro an die ÖVP geflossen sein. Auch Martinz legt ein Geständnis ab und gibt seinen Rücktritt als Kärntner ÖVP-Obmann sowie seinen Parteiaustritt bekannt.