Würden die Pläne Stögers umgesetzt, wäre das für die Patienten "gefährlich".
Die Koalition hat ein weiteres Streitthema: Die ÖVP lehnt den Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Alois Stöger (S) für die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) ab. "Das ist so nicht genehmigungsfähig, so wird das von der ÖVP sicher nicht beschlossen", sagte Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Würden die Pläne Stögers umgesetzt, wäre das für die Patienten "gefährlich", ärztliche Kunstfehler wären "fast vorprogrammiert". Und auch für die Ärzte würden "enorme Haftungsprobleme" entstehen. "Gut gemeint ist das Gegenteil von gut", richtete Rasinger, der selbst praktischer Arzt ist, dem Minister aus.
Regelt Speicherung
Der von Stöger vorgelegte ELGA-Begutachtungsentwurf regelt die Speicherung aller Dokumente und Befunde, sofern sie für die Behandlung und Betreuung des Patienten erforderlich sind. Die Daten müssen aktuell und relevant sein, daher werden sie nach festgelegten Fristen (sechs Monate bzw. drei Jahre) gelöscht, wobei eine Verlängerung möglich ist. Stöger will dabei dem Datenschutz höchste Priorität einräumen, die Speicherung der Daten soll nur mit Zustimmung des jeweiligen Patienten erfolgen.
ELGA überflüssig?
Rasinger hält ELGA überhaupt für weitgehend überflüssig, weil es ein "zweite elektronische Krankenakte" wäre. Die rund 7.000 Kassenärzte führen bereits jetzt für ihre Patienten Krankenakten, und die Spitäler müssen schon nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen 30 Jahre lange die Daten der Patienten aufbewahren. Das alles geschehe auf elektronischem Wege. Der ÖVP-Gesundheitssprecher fände es sinnvoller, wenn man diese bestehenden Daten vernetzen würde.
"Gefährlich" könnte es nach Ansicht Rasingers für die Patienten werden, wenn der Arzt nicht alle Befunde und Dokumente sehen könne, weil Daten gelöscht wurden oder der Patient der Speicherung bestimmter Daten nicht zugestimmt hat. ELGA sei damit "löchrig wie Emmentaler". Wenn ganz Datenblöcke nicht vorhanden seien, sei das Ganze wertlos. Der Arzt könne sich deshalb nicht darauf verlassen, er brauche die gesamte Krankengeschichte. Die Patientensicherheit werde damit massiv ausgehöhlt, kritisierte der ÖVP-Gesundheitssprecher, die Fehlerhäufigkeit werde steigen. Für die Spitäler bedeute dies ein "Riesenproblem", für die Spitalsärzte ergäben sich dadurch "enorme Haftungsprobleme". Ungeklärt ist nach Ansicht Rasingers auch, wie in Notfällen vorgegangen werden soll. Deshalb sollten seiner Ansicht nach die Notfalldaten auf der E-Card gespeichert werden.
"Gläserner Patient"
Obwohl Stöger dem Datenschutz höchste Priorität einräumen will, befürchtet Rasinger trotzdem einen "gläsernen Patienten". Dies deshalb, weil alle Daten eines Patienten, etwa auch über seine Lebensgewohnheiten, gespeichert werden könnten. Zudem ist dem ÖVP-Gesundheitssprecher die externe Datensicherheit gegen einen etwaigen Angriff von Hackern nicht genau genug ausgeführt.
Der ÖVP-Gesundheitssprecher stößt sich auch daran, dass alle Ärzte zur Teilnahme an ELGA verpflichtet werden können. Seiner Auffassung nach ist es verfassungsrechtlich ungeklärt, ob man eine Teilnahme auch von einem Privatarzt verlangen kann, noch dazu wenn er selbst für die Investitionskosten aufkommen muss. Rasinger will, dass die Patienten einen Hausarzt benennen, zu dem alle Befunde kommen sollen.
Kostenfrage ungeklärt
Überhaupt sieht Rasinger die Kostenfrage "völlig ungeklärt". Die von Stöger genannten 30 Millionen Euro "werden nicht halten". Auf Ärzte und Spitäler sieht der ÖVP-Gesundheitssprecher zusätzliche Kosten zukommen. In Deutschland sei ein ähnliches Projekt wegen Schwierigkeiten gestoppt worden, dort seien die Kosten mit 1,8 Milliarden Euro veranschlagt worden.
Rasinger will zwar nicht seine persönlichen Befindlichkeiten in den Mittelpunkt stellen, er beklagt aber doch, dass er erst letzte Woche den Entwurf zur Ansicht bekommen habe. Der Hauptverband habe hingegen monatelang mitgeredet. Was am Ende des Tages mit dem Entwurf Stögers passieren werde, hänge auch davon ab, was in der Begutachtung die Spitalerhalter und die Länder sagen werden. Rasinger fordert jedenfalls, dass man auch mit den Ländern Verhandlungen aufnimmt.