Koalitions-Streit

ÖVP-General kontert Gewessler: "Recht steht über der Ideologie"

23.06.2024

Im Regierungsstreit um die Renaturierung hat Gewessler das Gutachten des Verfassungsdienstes angezweifelt. Zuletzt warf sie ihm Parteilichkeit vor. Die ÖVP schießt am Sonntag scharf zurück.

Zur Vollversion des Artikels
© APA/GEORG HOCHMUTH
Zur Vollversion des Artikels

Die Verdächtigungen der Parteilichkeit des Verfassungsdienstes durch den Grünen-Vizekanzler Werner Kogler und Klimaministerin Leonore Gewessler seien skandalös, tobt der Generalsekretär der Volkspartei, Christian Stocker.

"Einer Ministerin unwürdig"

„Das Recht steht über der Ideologie. Die unterstellten Verdächtigungen der Parteilichkeit des Verfassungsdienstes sind eines Vizekanzlers und einer Bundesministerin unwürdig. Fakt ist: Bei Vizekanzler Kogler und Umweltministerin Gewessler fehlt offenbar jedes Rechtsbewusstsein - wenn es um ihre grüne Ideologie geht, gilt der Rechtsstaat für die Grünen nicht mehr. Denn es war Gewessler, die sich über das Recht hinweggesetzt hat und rechtswidrig für die Renaturierungsverordnung gestimmt hat", sagt ÖVP-General Stocker am Sonntag.

Vergleich mit Kickl

Stocker attackiert neben den Grünen auch Kickls FPÖ: „Wir sehen, dass sowohl auf linker als auch auf rechter Seite der Grundsatz ‚das Recht folgt der Politik‘ gilt. Bundeskanzler Karl Nehammer ist der einzige Garant für Rechtsstaatlichkeit und Ordnung."

Gewessler-Sager am Grünen Bundeskongress

Klimaschutzministerin Gewessler hatte am Samstag beim Grünen Bundeskongress laute Zweifel an der Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes geäußert: "Es ist im Endprodukt dann oft so, dass an Rechtsinterpretation das rauskommt, was der ÖVP passt".

Dann hatte sie sich für einen weisungsfreien Rechtsdienst ausgesprochen.  "Wir haben einen Verfassungsdienst, der dem Kanzleramt weisungsunterworfen ist", so Gewessler. Laut dem Experten Walter Obwexer ist ihre Forderung aber bereits erfüllt.

Auch Kogler verspottete den Verfassungsdienst 

Zweifel an der Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt, auf den sich die ÖVP im Streit um das EU-Renaturierungsgesetz beruft, ließ auch Vizekanzler und Grünen-Bundessprecher Werner Kogler beim Bundeskongress seiner Partei erkennen. Es könne "nicht das alleine der Mittelpunkt des Sonnensystems" sein, "und kein Gott darf daneben akzeptiert werden", spottete er in seiner Bewerbungsrede für die grüne Spitzenkandidatur für die Nationalratswahl. Er nehme aber auch den Regierungspartner ernst, betonte er: "Es ist möglich, das auch anders zu sehen."

Experte sagt: "Ergebnis der Prüfung kann nicht vorgegeben werden"  

Dem gegenüber stellt sich der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck, Walter Obwexer. In einem Schreiben führte er aus, dass die Weisungsgebundenheit des Verfassungsdienstes lediglich das "Ob", nicht aber das "Wie" betreffe. Dass Kanzleramt kann demnach dem Verfassungsdienst zwar vorgeben, eine bestimmte Rechtsfrage innerhalb einer bestimmten Frist zu prüfen, nicht aber, welches Ergebnis dabei herauskommen soll. Der Verfassungsdienst habe "jede ihm gestellte Rechtsfrage auf der Grundlage des geltenden Rechts und im Lichte der einschlägigen Rechtsprechung objektiv zu beantworten".

Die Antworten des Rechtsdienstes sollen der Regierung bei anstehenden Entscheidungen als Grundlage dienen und im Falle eines Gerichtsverfahrens auch halten.

Inhaltlich sei der Verfassungsdienst sowohl weisungsfrei als auch unabhängig, betonte Obwexer. Organisatorisch müsse er weisungsgebunden sein, "weil er ja nicht völlig autonom arbeiten und nach eigenem Ermessen spannende Rechtsfragen beantworten kann".

Für den Juristen folgt daraus: "Die von Bundesministerin Gewessler beschriebene Weisungsgebundenheit des Verfassungsdienstes trifft auf dessen inhaltliche Arbeit nicht zu, ihre Forderung für die Zukunft, den Verfassungsdienst weisungsfrei zu stellen, ist bereits erfüllt."
 
 

Zur Vollversion des Artikels