VP-Klubchef Kopf holt zu einer weiteren ORF-Schelte aus.
Die ÖVP zelebriert weiter ihre Schwierigkeiten mit dem ORF. So wurde im Jahr der Kür des ORF-Generaldirektors auch die Präsentation des von der Politischen Akademie der ÖVP herausgegebenen "Politischen Jahrbuchs 2010" zu einer öffentlich-rechtlichen Medienschelte genutzt, wo vor allem VP-Klubchef Karlheinz Kopf die Frage aufwarf, ob man den ORF eigentlich noch brauche und den politischen Einfluss der SPÖ kritisierte, wie er bei einer Podiumsdiskussion in Salzburg am Mittwochabend sagte.
Empörung bei Kopf
Dass die ÖVP vor allem mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz nicht kann, ist ein offenes Geheimnis. Kopf sieht in der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks außerdem "in vielerlei Hinsicht das Objektivitätsgebot verletzt" und ortet großen Einfluss des Koalitionspartners SPÖ auf die ORF-Führung: "Der politische Einfluss einer Partei auf Bundesebene ist groß wie noch nie und erfolgt so unverschämt wie noch nie", meint Kopf, der auch das oberste ORF-Gremium, den Stiftungsrat umbauen möchte. "Die Organisation und die Entsendung in die Organe kann so nicht fortgeführt werden."
Aufsichtsrats-Modell
Kopf plädiert für ein Aufsichtsrats-Modell à la ÖIAG, in den alle fünf Parteien Experten entsenden können, die dann ihrerseits unabhängig Nachfolger bringen könnten. Grundsätzlich präge den ORF das Bild des ehemaligen Monopolisten, meinte der ÖVP-Klubchef: "Das ist verdammt viel Speck um den Bauch rum." Außerdem agiere der ORF, der immerhin jährlich 540 Mio. Euro an Gebührengeldern bekomme, zu kommerziell.
Dies findet auch ATV-Chef Ludwig Bauer, der seinerseits die Politik in die Verantwortung nahm, weil diese die Rahmenbedingungen für den österreichischen Fernsehmarkt schaffe. Hier gebe es zwar "immer das gleiche Mantra", dass man einen starken dualen Rundfunk brauche, die Situation sei aber weiter unbefriedigend beziehungsweise aus Sicht der Privaten bereits "sehr bedrohlich".
"Monopolverlustschmerz"
Der Sprecher der "Initiative Öffentlicher Rundfunk", der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Langenbucher attestierte dem ORF "Monopolverlustschmerz" und ortet ein falsches Grundverständnis. So schiele man im Wettbewerb mit den Privaten vor allem auf den kommerziellen Erfolg, was für einen öffentlich-rechtlichen unpassend sei: "Im Endeffekt zählt nur die Quote und der direkte Vergleich mit dem Erfolg der Privaten."
Grasl verteidigt ORF
Einziger Pro-ORF-Proponent am Podium war ORF-Finanzdirektor Richard Grasl, der seinerseits das Unternehmen in den Himmel lobte: Der ORF biete 130.000 Stunden Programm pro Jahr bei umgerechnet 50 Cent pro Tag an Gebührengeldern, argumentierte er. Dazu investiere man 95 Mio. Euro in die Filmwirtschaft und sende im Gegensatz zur privaten Konkurrenz in HD. Im direkten Vergleich sei man der zweiterfolgreichste öffentlich-rechtliche Sender Europas.
Und: Man habe einen Verhaltenskodex für die Journalisten verabschiedet, erklärte Grasl. Wenn dieser nicht eingehalten werde, müsse das sanktioniert werden - Nachsatz: "Dass ein Verhaltenskodex nicht eingehalten wird, damit hat ja auch die ÖVP ihre Erfahrung gemacht."