Köpferollen

VP-Krise: Hält Josef Pröll das durch?

28.03.2011

Täglich neue Skandale. Krankheit & Stillstand.

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In der Parteizentrale in der Lichtenfelsgasse bereiten die Pröll-Getreuen alles für dessen Rückkehr vor: Bis zum 11. April wird sich der 42-jährige von seinem Lungeninfarkt erholen – und dann soll es Schlag auf Schlag gehen: Ende April geht der Parlamentsklub auf Klausur – dabei geht es um alternative Energieformen: Am 1. und am 9. Mai gibt es eine Veranstaltungen zu den Themen Arbeit & Europa.

Und schließlich am 21. und 22. Mai einen Programmkongress in Innsbruck. Praktisch der Gipfel des Comebacks. Von einem Rücktritt Prölls ist in der ÖVP derzeit keine Rede. So etwas sei "absurd", die Vorbereitungen für die Rückkehr laufen "auf Hochtouren". Doch die aktuelle Politik lässt Pröll keine Ruhe: Wichtige Reformen der Koalition liegen auf Eis.

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● Stillstand:
Die Koalition bringt weiterhin wenig weiter: Die Verhandlungen um den Finanzrahmen sind schwieriger als erwartet. Reformen wie Sanierung der Spitalsfinanzen, ein Bürokratieabbau sowie die Sicherung der Pensionen liegen auf Eis. Im Interview mit ÖSTERREICH spricht sich Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl zwar gegen ein Köpferollen in der ÖVP aus. Gleichzeitig fordert Leitl Reformen ein: Der Frust gegen die Koalition, so Leitl, steige, die Situation sei alarmierend. Die ÖVP müsse sich vor allem als Steuerverhinderungspartei positionieren.

● Skandale:
Täglich platzt ein neuer Skandal: Zuerst der um den EU-Abgeordneten Strasser, dann wird bekannt, dass Strassers Nachfolger Hubert Pirker ebenfalls Lobbyist ist. EU-Mandatarin Helga Ranner muss sich mit Betrugsvorwürfen herumschlagen und steht vor dem Aus.

Kein Wunder, dass die ÖVP inzwischen als Skandalpartei gesehen wird: Sage und schreibe 47 Prozent ordnen laut aktueller Karmasin-Umfrage Skandale von Grasser bis Strasser den Schwarzen zu. Und es geschieht nicht viel, um das zu ändern: Versuche, Pirker und Ranner wie Strasser zum Abgang zu bewegen, sind nicht überliefert. Neue Regeln für Abgeordnete auch nicht.

Derlei Profilierung muss die ÖVP derzeit ausgerechnet den Roten überlassen: Die SPÖ-EU-Abgeordneten beschlossen am Montag ein Berufsverbot. Reaktion der ÖVP: keine.
 

Leitl: "Frust über die Koalition steigt"

ÖSTERREICH: Wie sehr hat die Strasser-Affäre der ÖVP geschadet?
Christoph Leitl: Sie hat der Politik als ganzes geschadet. Die Politik ist geschwächt – während wir eigentlich enorme Herausforderungen zu bewältigen hätten.

ÖSTERREICH: Was soll die ÖVP jetzt tun? Ex-Parteichef Busek fordert einen Neustart durch eine Regierungsumbildung,
Leitl: Das Austauschen von ein, zwei Köpfen bringt überhaupt nichts. Die ÖVP muss sich als die Steuerverhinderungspartei profilieren – im Gegensatz zur SPÖ, die sich als Steuererhöhungspartei sieht. Darum geht es jetzt.

ÖSTERREICH: Wirtschaftsbündler Ferry Maier hat in einem Schreiben an Klubchef Karlheiz Kopf Unmut geäußert. Ist das Unmut wegen der Untätigkeit der Regierung?
Leitl: Ferry Maier wird das schon mit Karlheinz Kopf ausmachen. Der Wirtschaftsbund artikuliert aber den Unmut der Wirtschaft wegen dieser Untätigkeit. Die Probleme sind riesig – doch es passiert nichts! Der Frust steigt!

ÖSTERREICH: Also muss ein Reformschub her?
Leitl: Ja, und zwar sofort. SPÖ und ÖVP müssen endlich eine Reformpartnerschaft eingehen. Der Kanzler ist Teamchef, wenn er nichts tut, geschieht auch nichts. Wir brauchen rasch ein Auslaufen der Hacklerpensionen. Singapur baut um 600 Mio. € eine neue Uni – und wir pulvern das Dreifache im Jahr in Frühpensionen. Wir brauchen eine Entbürokratisierung, wir brauchen eine Bildungsreform, eine Spitalsreform. Alle Konzepte liegen auf dem Tisch – nichts wird umgesetzt.

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