Vizekanzler Spindelegger läßt den Heeres-Streit neu aufleben.
Mit seinem Ja zur Wehrpflicht und Nein zur Volksbefragung lässt ÖVP-Chef Spindelegger den Heeres-Streit in der Koalition neu aufleben.
Im Ton ist er freundlich – in der Sache hart. Im Sonntags-Interview mit ÖSTERREICH legte sich ÖVP-Chef Michael Spindelegger fest: Die ÖVP will bei der Wehrpflicht bleiben. Ausdrücklich lehnt Spindelegger eine Volksbefragung ab: „Die Wehrpflicht ist kein Thema, wo man dieses Instrument zur Anwendung bringt.“ Dabei war intern schon klar: Gibt es keine Einigung in der Koalition, wird das Volk befragt.
In der SPÖ löst Spindeleggers Ansage Ärger aus. Offiziell wollte am Sonntag kein SPÖ-Grande die neue ÖVP-Linie kommentieren. Hinter den Kulissen wird Spindeleggers Heeres-Linie aber bereits als Kampfansage gewertet.
Darabos drängt auf Einigung
Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) beharrte am Montag darauf, im Falle einer koalitionären Nicht-Einigung in der Wehrpflicht-Debatte eine Volksbefragung durchzuführen. Angesprochen auf die ablehnende Haltung von VP-Chef Michael Spindelegger bezüglich eines Referendums, meinte der Ressortchef am Rande der SPÖ-Klubklausur in Schwechat, er habe von dieser Position der Volkspartei nur aus den Medien gehört.
Klare Sache: Derzeit sagen 49% Nein zur Wehrpflicht (Quelle: TZ ÖSTERREICH)
Nur Antrag auf Befragung wäre ein Koalitionsbruch
Bleibt die VP konsequent, können Kanzler Werner Faymann und Verteidigungsminister Norbert Darabos wenig tun. Stellt die SP im Parlament auch nur einen Antrag auf Volksbefragung, wäre das ein klarer Koalitionsbruch. Dabei ist laut der letzten Gallup-Umfrage die Bevölkerung für ein Freiwilligen-Heer, wie es Darabos plant: 49 % treten gegen, nur 42 % für die Wehrpflicht ein. Trotzdem hat Spindeleggers Kampfansage Kalkül:
● Die ÖVP-Wähler sind mit 71 % für die Beibehaltung der Wehrpflicht.
● Besonders die mächtige NÖ-VP will die Wehrpflicht erhalten.
Schlammschlacht gegen Minister Darabos
Gleichzeitig wird hinter den Kulissen eine Kampagne gegen Darabos geschürt: Die Offiziersgesellschaft trieb es so bunt, dass der Minister jetzt die Förderungen für sie strich.
- Spindelegger in ÖSTERREICH zur allgemeinen Wehrpflicht: „Hauptproblem ist, dass junge Männer, die zum Heer einrücken, derzeit keinen Sinn in ihrer Ausbildung sehen. Das muss anders werden. Wir als ÖVP stehen für eine Wehrpflicht neu.“
- Zu den Verhandlungen mit der SPÖ: „Wir müssen versuchen, hier eine gemeinsame Lösung zu entwickeln. Die Frage mit Wehrpflicht oder ohne Wehrpflicht – das trennt uns.“
- Spindelegger lehnt eine Volksbefragung klar ab: „Ich sehe in einer Volksbefragung keinen Mehrwert. Volksbefragungen haben Sinn, wenn es um unideologische Fragen geht. Die Wehrpflicht ist kein Thema, wo man dieses Instrument zur Anwendung bringen sollte.“
- Nein zu Zwischenwahlkämpfen: „Klar ist: Wir beide – Werner Faymann und ich – sind verantwortlich, dass Österreich gut regiert wird. Ich gehe davon aus, dass dies bis zum Sommer 2013 unsere erste Aufgabe ist.“
(gü)