Enzenhofer kann sich nach langer Ablehnung Einführung "gut vorstellen".
In der Volkspartei gibt es offenbar Bewegung in Sachen Gesamtschule. Nach den Vorstößen von ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl und dem parteinahen Wirtschaftsbund hat am Montag der oberösterreichische Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer nach jahrelanger Ablehnung einen Schwenk vollzogen. SPÖ und Grüne reagierten erfreut.
"Ehrlich diskutieren"
Enzenhofer knüpfte sein Ja zur
Gesamtschule an mehrere Bedingungen: Privatschulen und AHS-Unterstufen
müssten abgeschafft, Hauptschul- und AHS-Standorte in den Städten zu
Großschulen zusammengefasst werden, um eine soziale Durchmischung zu
garantieren, skizzierte er in den Medien seine Vorstellungen. Prinzipiell
sei er aber eher für eine Weiterentwicklung des derzeitigen Bildungssystems
statt einer radikalen Neukonstruktion, von der niemand sagen könne was sie
tatsächlich bringe, relativierte er später. "Wenn man aber
etwas anderes haben will, muss man das ehrlich diskutieren."
Auch der Wirtschaftsbund zeigt deutliche Sympathien für eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen. Man schließe sich damit einem "großen Wunsch" der Wirtschaft an und werde in der ÖVP Druck für ein solches Schulsystem machen, so Generalsekretär Peter Haubner. Präsident Christoph Leitl hatte bereits mehrfach für eine gemeinsame Schule plädiert. Wissenschaftsministerin Karl sprach sich zuletzt für ein "Gymnasium für alle" bis 14 Jahre aus, was in der ÖVP auf einige Kritik stieß. ÖVP-Chef Vizekanzler Josef Pröll wertete das als lediglich "persönliche Meinung" der Ministerin.
"Nicht mehr aufzuhalten"
"Die gemeinsame Schule
ist nicht mehr länger aufzuhalten", freute sich am Montag
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. Der Druck auf Pröll und den ÖAAB,
der nach wie vor für die strikte Trennung von Hauptschule und AHS-Unterstufe
eintritt, werde immer größer. Mit der Blockadehaltung des Vizekanzlers müsse
endlich Schluss sein. "Es ist höchst an der Zeit, dass die ÖVP die
ideologische Brille abnimmt und in eine sachliche Diskussion eintritt",
findet auch der grüne Bildungssprecher Harald Walser. "Offensichtlich
läuft jetzt schon die Schulverwaltung ins Reformlager über."
Auf der oberösterreichischen Landesebene scheint die Diskussion nun ebenfalls wieder in Bewegung zu kommen: SPÖ-Klubobmann Karl Frais kündigte einen Initiativantrag im Landtag an, in dem eine Experten-Arbeitsgruppe für die Umsetzung einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen in Oberösterreich gefordert wird. Der grüne Fraktionsführer Gottfried Hirz sieht in dem "nahezu historischen" Meinungsschwenk Enzenhofers bereits eine "neue Positionierung des Koalitionspartners ÖVP".
Sorgen um freie Schulwahl
"Gut Ding braucht Weile",
reagierte auch die "Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) Linz"
erfreut auf Enzenhofer. Weniger begeistert von dem Vorstoß ist das Schulamt
der Diözese Linz: Die Abschaffung von Privatschulen zu fordern, würde
bedeuten, 12.000 Kindern und ihren Eltern die freie Schulwahl zu nehmen.