Während die rot-schwarzen Verhandler den neuen Stil beschwören, sieht die aktuelle Situation derjenigen von 2006 sehr ähnlich.
Die ÖVP hat zwei Wahlgänge mit massiven Stimmverlusten hinter sich, und auch die Nachwahl-Taktik ist scheinbar gleichgeblieben. Parteichef Josef Pröll hat am Wochenende die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ ausgesetzt, um die "Vertrauensbasis" zu prüfen. Auch 2006 hatte die Volkspartei aus der Position des Zweiten die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ unterbrochen, weil sie eine vertrauensvolle Verhandlungsarbeit infrage gestellt sah.
Wer war schuld?
Der Anlass vor zwei Jahren war ein unfreundlicher
Akt der SPÖ: die Einsetzung zweier Untersuchungsausschüsse durch eine
rot-grün-blaue Allianz zum Thema Eurofighter und Banken. Der Anlass heute
ist eine Verordnung von Infrastrukturminister und SPÖ-Chef Werner Faymann,
wonach bis Mitte 2009 keine Postämter geschlossen werden dürfen. Damals wie
heute ergaben sich rechnerisch neben einer Großen Koalition nur äußerst
unwahrscheinliche Dreier-Varianten oder eine Minderheitsregierung.
ÖVP kam zurück
Zwei Wochen nach Unterbrechung der
Verhandlungen hatte sich die ÖVP 2006 nach Gesprächen mit dem
Bundespräsidenten und anderen politischen Gruppierungen sowie unter Bedacht
auf die öffentliche Meinung zu einer Modifizierung der eigenen Position
entschlossen und war an den Verhandlungstisch zurückgekehrt.
ÖVP stellte Bedingungen
Gleichzeitig hatte sie aber
Bedingungen vorbereitet. Man verlangte von den Sozialdemokraten ein
Bekenntnis zur Luftraumüberwachung und zur Vertragstreue der Republik
Österreich. In einem Papier für allfällige neue Gespräche bekräftigte die
Volkspartei ihre Positionen von der Abschaffung der Erbschafts- und
Schenkungssteuer bis hin zur Absage an die Gesamtschule.
Schüssel "baute Brücken"
Der damalige
ÖVP-Parteiobmann Wolfgang Schüssel vor genau zwei Jahren am 16. November
2006 wörtlich: "Die ÖVP ist bereit, eine Brücke zu bauen für die SPÖ und in
inhaltliche, zügige Verhandlungen einzutreten und wir erwarten ein klares Ja
der SPÖ und der Volkspartei, damit die Grundlagen, die Voraussetzungen für
ein solches gemeinsames Vorgehen vorweg geklärt sein müssen." Zwei Monate
später wurde das Kabinett Gusenbauer endlich angelobt.
Pröll will "gemeinsame Basis"
Der jetzige
ÖVP-Obmann Josef Pröll hat der SPÖ zehn Fragen gestellt, die für die
Schwarzen wichtige Bereiche betreffen, aber auch für die SPÖ nicht schwer zu
beantworten sein dürften; zum Beispiel, ob sich die SPÖ zu einer spürbaren
Entlastung von Familien mit Kindern bekennt. Pröll dazu wörtlich: "Es gibt
zehn Fragen, die geklärt werden müssen. Und die SPÖ ist jetzt gefordert
darauf Antworten zu geben. Ich warte darauf und wenn sie da sind, werden wir
besprechen, ob es geht oder nicht. Wir stehen an der Kippe, es ist sehr
knapp, es ist sehr eng und wir wollen regieren, aber dazu brauchen wir eine
gemeinsame Basis."
Eine weitere Parallele zu 2006 sind übrigens die Schwüre auf eine Große Koalition "neue Stils".