"Koalitionsbruch"
ÖVP warnt SPÖ vor Einsetzung des U-Ausschusses
12.02.2008
Laut VP sei der U-Ausschuss "formal ein Koalitionsbruch". Innerhalb der SPÖ mehren sich die Stimmen für den U-Ausschuss.
In der Affäre um angeblichen Machtmissbrauch der ÖVP im Innenministerium verschärft die Staatsanwaltschaft ihre Gangart. Nachdem die Einvernahme von Ex-Kripo-Chef Herwig Haidinger den Verdacht gegen frühere Mitarbeiter der verstorbenen Innenministerin Liese Prokop (V) erhärtet hat, sollen kommende Woche die ersten Verdächtigen einvernommen werden.
Auf politischer Ebene hat die ÖVP der weiterhin mit Kurs auf einen Untersuchungsausschuss segelnden SPÖ am Dienstag einen Schuss vor den Bug verpasst: Mehrere Schwarze drohten dem Koalitionspartner indirekt mit Enthüllungen über das jahrelang von roten Ministern geführte Innenministerium, sollte ein Ausschuss eingesetzt werden.
"Sozialistischer Sumpf"
"Das Innenministerium ist
ein sozialistischer Sumpf, der noch nicht wirklich trocken gelegt ist",
wies der steirische Parteichef Hermann Schützenhöfer die Verantwortung für
die möglichen Missstände im Ministerium dem Koalitionspartner zu. Ähnlich
der stellvertretende VP-Klubchef Günter Stummvoll: "Was sich die
SPÖ gut überlegen muss: letztlich trifft es beide." Die ÖVP
würde in einem U-Ausschuss "genug Dinge finden aus der Zeit der
SPÖ-Innenminister". Einen U-Ausschuss lehnten sie ebenso ab wie
Parteichef Vizekanzler Wilhelm Molterer, der von einer unverantwortlichen
Debatte sprach.
"Koalitionsbruch"
Stummvoll warnte die SPÖ außerdem
vor einem gemeinsamen Vorgehen mit der Opposition gegen die ÖVP. "Formal
ist das ein Koalitionsbruch", verwies Stummvoll auf die im
Regierungsprogramm vereinbarten Spielregeln. Eine Neuwahldrohung wollte er
nicht aussprechen, warnte aber vor einer weiteren Gefährdung des
Arbeitsklimas in der Koalition: "Wenn wir jetzt schon wieder mit einem
Untersuchungsausschuss anfangen, ist die Große Koalition allmählich hin,
bitte!"
Burgstaller: "U-Ausschuss ist das richtige Instrument"
In
der SPÖ wird die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss allerdings
immer lauter. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sprach sich
angesichts der "schwerwiegenden Vorwürfe" für eine Klärung
der politischen Verantwortung aus. "Wie es einem parlamentarischen
System entspricht, wäre ein Untersuchungs-Ausschuss damit in der aktuellen
Causa das richtige Instrument", so Burgstaller. "Die Vorwürfe, die
im Raum stehen, haben bereits bei vielen Menschen den Glauben an unser
demokratisches System erschüttert", ergänzte der steirische
Landeschef Franz Voves. Und für den Burgenländer Hans Niessl wird ein
U-Ausschuss "unumgänglich", sollten sich die Vorwürfe
Haidingers als richtig erweisen.
Schwere Vorwürfe des Ex-Kripo-Chefs
Der Ex-Kripo-Chef hatte
vorige Woche schwere Vorwürfe gegen die Mitarbeiter der früheren
Innenministerin Prokop erhoben: Demnach wurden gegen die SPÖ gerichtete
Ermittlungsergebnisse im BAWAG-Skandal an die Medien weitergespielt.
Außerdem wurde ihm angeblich untersagt, Hinweisen über Ermittlungsfehler im
Fall Natascha Kampusch nachzugehen, um einen Polizeiskandal zu vermeiden.
Nach der Wahl sollte Haidinger die BAWAG-Akten zuerst dem Nationalratsklub
der ÖVP und erst dann dem Banken-Untersuchungsausschuss übermitteln.
Ermittlungen gegen "unbekannte Täter"
Ob die
Vorwürfe zutreffen, untersucht derzeit die Staatsanwaltschaft, die am
Dienstag ihre weitere Vorgangsweise festgelegt hat: Demnach sollen die
bisher gegen "unbekannte Täter" laufenden Ermittlungen nun
auf konkrete Verdächtige eingegrenzt werden. Namen wurden nicht genannt, es
handelt sich aber wohl um die von Haidinger belasteten früheren
Kabinetts-Mitarbeiter. Die ersten Einvernahmen könnten - Zustimmung des
Justizministeriums vorausgesetzt - kommende Woche beginnen.
Ob es darüber hinaus noch einen Untersuchungsausschuss geben soll, will die SPÖ nach der Sondersitzung des Innenausschusses klären. Einen Termin dafür gibt es allerdings noch nicht. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen beschuldigte die ÖVP, die Einberufung des Ausschusses zu verhindern. BZÖ-Justizsprecher Gernot Darmann forderte die Koalition auf, einem U-Ausschuss zuzustimmen. Und die FPÖ warf dem Büro für Interne Angelegenheiten im Innenministerium vor, auch Parteichef Heinz Christian Strache überwacht zu haben. Beweise wurden keine vorgelegt, eine Sprecherin von Innenminister Günter Platter (V) wies die Vorwürfe zurück.