Neue Große Koalition

ÖVP will Regierungsverhandlungen mit SPÖ starten

13.10.2008

Neo-Parteichef Josef Pröll will wegen der Finanzkrise möglichst rasch eine neue Große Koalition bilden. SPÖ-Chef Werner Faymann ist bereit.

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Der designierte ÖVP-Chef Josef Pröll will Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten aufnehmen. Am Dienstagabend soll der Parteivorstand schon seinen Segen geben, Dienstagnachmittag findet noch der Österreich-Gipfel mit allen fünf Parteichefs statt. Pröll will möglichst schnell eine Große Koalition bilden. Angesichts der Wirtschaftskrise sei rasches Handeln nötig, so der Neo-ÖVP-Chef.

"Bild im Kopf"
Das ÖVP-Verhandlungsteam soll ebenfalls beim Parteivorstand fixiert werden. Details nannte Pröll nicht: "Ich habe ein Bild im Kopf", aber man werde das am Dienstag diskutieren. "Lassen sie sich überraschen."

Koalition noch nicht gebongt
Dass eine neue Große Koalition schon auf Schiene ist, diesen Eindruck möchte Pröll nicht erwecken: "Ob das in einer Regierung mit Beteiligung der Volkspartei endet, wird man sehen." Die Verhandlungen seien "ergebnisoffen". Auf einen Zeitpunkt für eine Regierungsbildung wollte er sich nicht festlegen, auf Koalitionsbedingungen auch nicht.

Kein Warten mehr
Ursprünglich hatte man sich in der ÖVP noch etwas Zeit nehmen wollen, um den weiteren Kurs der Partei festzulegen: ob Opposition oder Koalition und wenn ja, welche. Eine neue Große Koalition ist nämlich nicht nach dem Geschmack einiger Schwarzer. Nun zieht Pröll aber einen Schlussstrich und will handeln. Als Grund für plötzliche Eile nannte er "veränderte Rahmenbedingungen" durch die Finanzkrise und die erwartbaren Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft.

Faymann steht bereit
SPÖ-Chef Werner Faymann begrüßt Prölls Ankündigung. Er will umgehend "konstruktive und partnerschaftliche Verhandlungen über eine Koalition neuen Stils" aufnehmen. Gerade in wirtschaftlich unruhigen Zeiten sei es wichtig, rasch eine stabile und handlungsfähige Regierung zu bilden. Den Regierungsbildungsauftrag an Faymann gibt es ja schon, daher sind keine weiteren Gremienbeschlüsse mehr nötig. Über das rote Verhandlungsteam gibt es auch noch keine Auskunft.

ÖVP findet's gut
ÖVP-Innenministerin Maria Fekter begrüßt Prölls Entscheidung zur raschen Aufnahme von Regierungsverhandlungen, mahnt aber im gleichen Atemzug die Sozialdemokraten: "Die Verhandlungen werden zeigen, ob mit der SPÖ ein solides Programm für Österreich möglich ist.“ Ähnlich Finanzsprecher Günther Stummvoll, er findet die Verhandlungen wegen der Krise richtig, betont aber, dass sie ergebnisoffen laufen.

FPÖ sieht "ausgemachte Sache"
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ortet ein "abgekartetes Spiel", das schon vor der Wahl vorbereitet gewesen sei. Man hätte zumindest andere Möglichkeiten abklären können und nicht gleich "weiter wursteln". Ähnlich FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, er meint, jetzt sei die Katze aus dem Sack. Bislang hätten die Großkoalitionäre Pröll und Faymann die Sache unter der Decke gehalten, jetzt werde sie durch die Finanzkrise offensiv betrieben. Man bediene sich also der Krise, um die "ohnehin schon ausgepackelte" rot-schwarze Koalition offiziell in Wege zu leiten.

Orange gegen Rot-Schwarz
Der neue BZÖ-Obmann Stefan Petzner bleibt bei seiner Ablehnung einer Großen Koalition. Man werde "mit allen Mitteln versuchen, die Große Koalition zu verhindern", diese Regierungsform sei "das Schlechteste" für Österreich. Allerdings würde sie auch "die beste Zukunftsgarantie für das BZÖ" bedeuten, meint er.

Grüne mockieren sich
Prölls Schritt sei seit zwei Wochen überfällig, findet der Grüne Parteisekretär Lothar Lockl: "Fragt sich nur, warum es eine globale Finanzkrise braucht, bis die ÖVP aus ihrem Schmollwinkel kommt." Offenbar seien der ÖVP die Probleme von Spekulanten immer noch näher als jene der österreichischen Bürger.

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