Die ÖVP findet, dass Neo-SPÖ-Chef Faymann den Arbeitspakt von Ostern ignoriert und Kanzler Gusenbauer nichts dagegen tut.
Die Ämterteilung innerhalb der SPÖ zwischen Kanzler und Parteichef schafft immer mehr Probleme für den Fortbestand der Koalition. ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll wirft seinem SPÖ-Gegenüber Werner Faymann vor, den "Oppositionskurs" der Sozialdemokraten in der Regierung weiter zuzuspitzen und das Arbeitsprogramm - das zu Ostern vereinbart worden ist - zu ignorieren.
Der Landwirtschaftsminister findet außerdem, dass Bundeskanzler Alfred Gusenbauer nichts gegen die "Demontage" des Arbeitsprogramms unternimmt.
Opposition spielen
Pröll meint, dass sich die Sozialdemokraten
nur mit ihren Umfragewerten beschäftigen und versuchen, gleichzeitig
Regierung und Opposition zu bedienen. "Das Ergebnis ist eine
Doppelspitze ohne Führung, die Regierungsarbeit bleibt liegen. Das ist
unerträglich und muss ein Ende haben", so Pröll.
Kanzler inaktiv
Inhaltlich vermisst der
ÖVP-Regierungskoordinator u.a. Antworten auf die Probleme bei der Pflege.
Die Pflegeamnestie läuft Ende Juni aus, und bisher seien erst 7.500 der
geschätzten 45.000 Pfleger legalisiert. Während ÖVP-Chef Wilhelm Molterer
mit der Forderung nach Abschaffung von Vermögensgrenze und Regress die
Initiative ergriffen habe, sei "vom Noch-Kanzler" seit der
Ämtertrennung nichts zu hören.
Falschinformation
Das will die SPÖ nicht auf sich sitzen lassen
und wirft dem Koalitionspartner "Falschinformation" vor. "Bei
der 24-Stunden-Betreuung gibt es gar keinen Regress auf Familienangehörige",
stellt SPÖ-Behindertensprecherin Christine Lapp klar. Und mit einem Aus für
die Vermögensgrenze würde die Volkspartei bei Sozialminister Buchinger
offene Türen einrennen.
Prüfstein U-Ausschuss
Den Untersuchungsausschuss zur
Innenministeriumsaffäre will die Volkspartei offenbar abdrehen und erklärt
ihn daher jetzt zum "Prüfstein" für die Zusammenarbeit mit
der SPÖ. Die SPÖ könne nicht gleichzeitig Koalitionspartner sein und im
U-Ausschuss den Partner der Fundamental-Opposition spielen, argumentiert der
ÖVP-Fraktionschef im Ausschuss, Helmut Kukacka. Er verlangt Gespräche
zwischen den Koalitionsparteien über die Zukunft des U-Ausschusses.
Kein Widerspruch
SPÖ-Klubchef Josef Cap weist Kukackas Kritik
zurück. Aufklärungsarbeit im Parlament und konstruktive Regierungsarbeit
seien kein Widerspruch, so Cap. Von einem "Feldzug gegen die ÖVP"
könne keine Rede sein.
Immer mehr Rote gegen Gusi
Unterdessen mehren sich in der
Sozialdemokratie die Stimmen gegen die Ämtertrennung und gegen Gusenbauer.
Oberösterreichs SPÖ-Chef Erich Haider z.B. will diese Frage beim nächsten
Parteipräsidium am 7. Juli wieder diskutieren und lässt deutlich
durchblicken, dass er für Werner Faymann als Parteichef und Kanzler wäre:
"Er ist der kommende Mann, alles andere ist nicht mehr diskutabel."