Die größte direkt-demokratische Initiative - "Tierschutz ist ein Volksbegehren" (tierschutzvolksbegehren.at) fordert in einer Aussendung die Verhandlungsteams von Volkspartei und Grüne auf:
Tierleid & Bauernsterben beenden!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Namen von bislang über 60.000 Österreicherinnen und Österreichern, als Sprecher einer neuen überparteilichen Allianz bestehend aus heimischen Landwirten, Gastronomen und Konsumenten, darf ich mich heute an Sie als VerhandlerInnen einer möglichen Regierungszusammenarbeit wenden. Mit einem Appell und einigen ganz konkreten Forderungen – vor allem aber auch mit der aufrichtigen Bitte, sich dieser wichtigen Anliegen der Bevölkerung anzunehmen. Wir befinden uns inmitten eines gesellschaftlichen Paradigmenwechsels. Angesichts des unaufhörlich voranschreitenden Artensterbens und der Klimakrise, von Naturzerstörung und Umweltverschmutzung, verlangen immer mehr Menschen auch nach einem grundlegenden Wandel der Art und Weise wie Lebensmittel produziert werden. Denn allen ExpertInnen zufolge ist die Erzeugung unserer Nahrung ein gewichtiger Einflussfaktor beim Verlust der Artenvielfalt, bei der Schadstoffbelastung in Böden und Gewässern, bei der Emission von klimaschädlichen Gasen. Was also künftig auf den Tellern landet, wie es dorthin gelangt, wie und wo es erzeugt wurde, wird in diesem Sinne auch die Chancen und die Zukunft unserer Kinder maßgeblich mitbeeinflussen.
Je mehr sich Menschen Gedanken über ihre Ernährung machen, umso mehr hinterfragen sie seine Geschichte. Und erkennen dabei, dass nicht nur der Umgang mit Umwelt & Natur, sondern auch
die Behandlung von Tieren in vielen Fällen unzeitgemäß ist. Für viele steht sie im Widerspruch zu dem, was in unserer Verfassung und im Bundestierschutzgesetz steht, wo explizit von Tieren als
„Mitgeschöpfen“ gesprochen wird. Schmerzhafte und mitunter betäubungslose Eingriffe bei Schweinen, das Töten von bis zu 10 Millionen männlichen Küken am ersten Lebenstag oder der Lebendexport von Kälbern ins Ausland, werden von breiten Teilen der Bevölkerung nicht länger akzeptiert. Auch genmanipuliertes Soja als Futtermittel, vielfach aus dem brandgerodeten Regenwald und ausgezeichnet mit dem AMA-Gütesiegel, wird nicht länger toleriert. Vieles können wir über unseren Konsum beeinflussen und hier gibt es ein großes Potenzial für Bewusstseinsbildung, um die vielzitierte „Macht der Konsumenten“ weiter zu stärken. Doch auch die Politik hat noch lange nicht alle staatlichen Instrumente ausgeschöpft, um den Wandel hin zu einer tier- und umweltfreundlichen Landwirtschaft zu befördern. Von dem nicht nur die Tiere, das Klima und die Natur, sondern auch die heimischen BäuerInnen profitieren würden. Denn eines ist uns hoffentlich allen klar: Unsere Landwirte sollen und können niemals konkurrenzfähig mit denausländischen Tierfabriken sein, in denen Tiere zu seelenlosen Ressourcen herabgewürdigt und Produkte daher zum Spottpreis erzeugt werden können.
Wir sind bereits in manchen Bereichen auf einem guten Weg, in anderen wurde zulange nichts getan. Nun müssen wir umso ambitionierter agieren, dabei aber stets auf die Verträglichkeit achten.
Verbesserungen zugunsten des Tierwohls nicht am Rücken der heimischen Landwirte, das ist unser Credo. Es geht aber auch gemeinsam, wie einige Maßnahmen aus unserem von ExpertInnen formulierten 14-Punkte-Programm zeigen, die ich an dieser Stelle herausstreichen möchte.
Wir fordern die verpflichtende Deklaration von Lebensmitteln nach Herkunft & Tierwohl, auch in Gastronomie und öffentlichen Küchen. Das Schweizer Modell, seit 1995 erfolgreich im Einsatz,
könnte hier ein erster guter Schritt sein. Ebenso wichtig ist ein solides System der Kontrolle, damit sichergestellt wird, dass wo „Österreich“ oder „Bio“ draufsteht, auch tatsächlich heimische bzw.
biologische Lebensmittel drinstecken. Anders gesagt: Auf einen Blick soll künftig für Konsumenten ersichtlich sein, woher das Lebensmittel stammt und wie es erzeugt wurde. Machen Sie Schluss mit dem System des Betrugs, bei dem heimische Landwirte geschädigt und Konsumenten getäuscht werden. Stärken Sie jenen den Rücken, die auf regionale, wertvolle Lebensmittel setzen.
Wir fordern die Umschichtung von öffentlichen Fördermitteln. Weg von der bestehenden Flächendominanz, hin zu einer tier- und umweltfreundlichen Landwirtschaft. Momentan profitieren große Betriebe mehr als kleine, Maßnahmen zur Förderung von Tierwohl & Umweltschutz reichen nicht aus. Die derzeit stattfindenden und 2020 zum Abschluss kommenden Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union sind ein idealer Zeitpunkt, um hier grundsätzliche Weichen zu stellen. Österreich hat dabei die Möglichkeit, eine Entwicklung zu stoppen, die der heimischen Landwirtschaft schadet. Anders gesagt: Sorgen Sie dafür, dass die gewaltigen Mittel der Europäischen Union dafür eingesetzt werden, kleinbäuerliche Strukturen zu
erhalten und die tier- und umweltfreundliche Landwirtschaft auszubauen. Wir fordern die Bindung der öffentlichen Beschaffung an Tierwohl- und Umweltkriterien. Die bestehenden Bemühungen zur Förderung des Einkaufs von regionalen und biologischen Lebensmitteln greifen nachweislich nicht. Dadurch bleibt ein gewaltiges Potenzial für die heimische, tier- und umweltfreundliche Landwirtschaft ungenutzt, denn zu oft landen ausländische Produkte auf den Tellern in Kindergärten, Schulen, Altenheimen, Krankenhäusern oder beim Bundesheer.
Anders gesagt: Es soll künftig kein einziger Cent an Steuergeld für Lebensmittel ausgegeben werden, die nicht entsprechend unserer Standards erzeugt wurden. Es ist geradezu diskriminierend gegenüber unseren Bauern, weiter Produkte aus dem Ausland zu beschaffen, wo günstiger, weil schlechter produziert werden kann. Und es soll künftig bewusst mehr auf biologische Lebensmittel
gesetzt werden, damit langfristig immer mehr Landwirte umstellen können. Mit diesen Maßnahmen können wir dazu beitragen, dass die heimische Landwirtschaft existenziell abgesichert, das Fundament für eine tier- und umweltfreundliche Transformation gestärkt und somit eine echte Agrarwende auf den Weg gebracht wird. Das ist keine Frage der Ideologie, sondern des gesunden Menschenverstands. Fallen wir beim Tier- und Umweltschutz in der Landwirtschaft zurück, dann verlieren wir unsere Stärke und gehen schon sehr bald im internationalen Wettbewerb unter. Verlieren wir unsere Bauern, verlieren wir nicht nur unsere Ernährungssouveränität, sondern auch Vitalität im ländlichen Raum und letztlich Kulturgut. Für eine Tourismusnation geradezu
katastrophal. Aus vielen Gründen ist also großer Handlungsbedarf gegeben.
Sehr geehrte Damen und Herren, eine Stärkung des Tierwohls und des Umweltschutzes ist der beste Weg zur langfristigen Absicherung der heimischen Landwirtschaft. Gesunde Tiere, intakte natürliche Lebensräume, ein fairer Preis für hochqualitative Produkte und damit eine vitale kleinbäuerliche Landwirtschaft – es liegt in Ihrer Hand, für die nächsten Jahre diesen Weg zu beschreiten. Ergreifen Sie die Möglichkeit. Wir alle haben Ihre umfangreichen diesbezüglichen Absichtserklärungen aus dem Wahlkampf noch in den Ohren. Nun wird es Zeit für Taten. Haben Sie den Mut, den ökosozialen Weg zu gehen!
Dr. Sebastian Bohrn Mena
Initiator & Sprecher des Tierschutzvolksbegehren