Nach Gespräch mit Gesundheitsminister

Opposition schießt gegen Anschober: Corona-"Blindflug"

09.11.2020

Parlamentsparteien zu dreistündigem Gespräch beim Gesundheitsminister - Opposition vermisst klare Kriterien für gesetzt und künftige Maßnahmen.

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Wien. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Montag Vertreter der Parlamentsparteien zu einem rund dreistündigen Informationsgespräch zum Thema Coronavirus empfangen. Seitens der Oppositionsfraktionen sprach man danach zwar von einer guten Atmosphäre, kritisierte aber, dass keine konkreten Kriterien für getroffene oder zukünftige Maßnahmen genannt wurden. Anschober erklärte, die kommenden Tage seien "die Zeit der großen Weichenstellung".

SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher vermisste nach dem Treffen, an dem neben Anschober auch Experten des Beraterstabs des Gesundheitsministers teilnahmen, vor allem konkrete nachvollziehbare Kriterien, die für die Entscheidungsfindungen dienen. "Während (Bundeskanzler Sebastian, Anm.) Kurz Tag für Tag neue Verschärfungen in den Raum stellt, kann Anschober selbst die Grundlage für die bisher gesetzten Maßnahmen nicht nennen", sagte er am Nachmittag zur APA. Die Nachvollziehbarkeit aller Maßnahmen sei aber "zentral für das Vertrauen der Bevölkerung."
 
Allfällige Verschärfungen dürften "keine beliebige politische Entscheidung sein", sondern müssten auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen geschehen, so Kucher. Auf die Frage, wann Verschärfungen notwendig werden, gebe es seitens der Regierung stets nur die Antwort, man müsse den Zusammenbruch der intensiv-medizinischen Versorgung verhindern. Wann dazu welche Schritte notwendig sind, dazu erhalte man aber keine Auskunft. Österreich stehe vor einer "ernsten Situation", die Regierung sei aber "weiter im Blindflug unterwegs", so Kuchers Eindruck.

Kritik am Fehlen konkreter Informationen

Auch FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak kritisierte das Fehlen konkreter Informationen. Verärgert zeigte er sich darüber, dass Anschober sich nicht habe festlegen lassen, ob es schon während dieser Woche zu Verschärfungen kommen wird oder nicht. Und das, obwohl man laut dem ebenfalls anwesenden Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH, Herwig Ostermann, die jüngst getroffenen Maßnahmen frühestens am Donnerstag oder Freitag evaluieren könne. Auf die Frage, was einzelne Maßnahmen bringen, habe er keine konkreten Antworten bekommen, so der Abgeordnete.
 
Auch die Frage der Schul-Schließungen sei ungeklärt, so Kaniak. Der beim Treffen anwesende Generalsekretär von Bildungsminister Heinz Fassmann (ÖVP), Martin Netzer, habe allerdings klargemacht, dass der Umstieg der Sekundärstufe 2 auf Distance Learning betreffend des Infektionsgeschehens "mehr negative Auswirkungen gehabt hat als positive", so Kaniak. Denn nun würde es bei den betroffenen Schülern im privaten Bereich zu mehr Infektionen kommen, berichtete der FPÖ-Mandatar aus der Sitzung.
 
Loacker zeigte sich hinsichtlich der Schulen von der "gemeinsamen Erkenntnis" erfreut, "dass es nicht die Schülerinnen und Schüler sind, die aktiv zum Infektionsgeschehen beitragen, sondern meist die Lehrkräfte, insbesondere bei den Pflichtschulen". Seine Fraktion habe "einmal mehr unterstrichen, dass evaluiert werden muss, welche alternativen Maßnahmen zu Schulschließung möglich wären, etwa Ausbau des Testangebots und der Kapazitäten für Schulen und Kindergärten, eine erweiterte Maskenpflicht, hybrider Unterricht oder auch die Einteilung in mehrere Gruppen".

Maßnahme nur für zehn Tage verhängt

Anschober habe jedenfalls weder eine Zahl der täglichen Neuinfektionen nennen können, ab der weitere Maßnahmen notwendig sind, "noch welche Maßnahmen derzeit vorbereitet werden", kritisierte auch der NEOS-Abgeordnete. Kritisch sahen Kucher wie auch Loacker, dass es noch keinerlei Informationen darüber gebe, was beim für Mittwoch angesetzten Hauptausschuss des Nationalrate beschlossen werden soll. Allgemein erwartet wird, dass dabei die am 12. November auslaufenden Ausgangsbeschränkungen verlängert werden. Diese Maßnahme kann laut COVID-19-Maßnahmengesetz jeweils nur für maximal zehn Tage verhängt werden und bedarf daher jeweils einer neuerlich Zustimmung des Hauptausschusses.
 
Anschober sagte in einem Statement zur APA, er bedanke sich bei den Teilnehmern "für den konstruktiven Austausch", man werde diesen nun regelmäßig wiederholen. "Wir wissen, die kommenden Tage sind die Zeit der großen Weichenstellung für Österreich. Die nächsten Tage entscheiden darüber, ob die Infektionszahlen weiter steigen und auf unsere Intensivstationen große Probleme zukommen. Jetzt braucht es die Allianz der Politik, ein Zusammenstehen aller Menschen in Österreich."
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