"No-Future-Paket"
Opposition schimpft über das Budget
01.12.2010Für die Opposition ist die Regierung mit diesem Budget gescheitert.
Josef Pröll (V) bleibt die liebste Zielscheibe der Opposition. Einen Tag nach der zweiten Budgetrede des Finanzministers nahmen Freiheitliche, Grüne und Orange den Haushaltsentwurf des Vizekanzlers im Nationalrat auseinander. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erkannte einen "Offenbarungseid des Scheiterns", Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler ein Budget der Feigheit und BZÖ-Obmann Josef Bucher "eine reine Geldeintreibungsaktion auf dem Rücken der Schwächeren".
Emotionen
So dramatisch, wie das auf den ersten Blick klingt, war es dann aber auch wieder nicht. Die Opposition hatte durch die wochenlange Kritik an den Pröll-Plänen doch schon ein wenig Pulver verschossen, die Emotionen gingen bei der "Ersten Lesung" des Bundesfinanzgesetzes bestenfalls sekundenweise hoch. Insofern ließ die Koalition die Vorhaltungen auch abperlen und sprach lieber davon, wie zukunftsfit man Österreich gemacht habe, etwa durch die niedrige Arbeitslosigkeit, die vor allem Kanzler Werner Faymann (S) als auch Pröll umfassend würdigten.
"Bildungsfeindlich"
Was die Opposition am meisten störte, waren die Kürzungen bei den Familien sowie fehlende Investitionen in die Bildung. "Bildungsfeindlich, familienfeindlich und frauenfeindlich" nannte Grünen-Vize Kogler das Budget. Freundlich sei die Regierung nur gegenüber den Landeshauptleuten sowie den "Reichen und Superreichen". Vor Lobbys im Agrarbereich und Stiftern sei die Koalition in die Knie gegangen.
Verfassungsklage
Strache erkannte ein "'Knebelungs- und Plünderungspaket" vor allem für Familien. Die FPÖ werde über die Kärntner Landesregierung eine Verfassungsklage einbringen, verkündete der Chef der Freiheitlichen, der damit auf den Spuren des Vorarlberger Landeshauptmanns Herbert Sausgruber (V) wandelt. Erfolgsversprechend ist ein entsprechender Gang zum Höchstgericht aus BZÖ-Sicht, da nach Meinung von Bündnischef Josef Bucher die Kürzungen im Familienbereich verfassungswidrig sind. Das Budget sei "planlos, hilflos und haltlos vor dem Verfassungsgesetz".
Finanzkrise
Die Opposition blende aus, dass Österreich die Finanzkrise zu bewältigen habe, tadelte SPÖ-Klubobmann Josef Cap und betonte, dass die Regierung dies auf sozial gerechte Weise tue. Die Folgen der Krise gingen nicht zulasten der Armen, beteuerte der Chef der roten Fraktion. VP-Klubchef Karlheinz Kopf bewertete den eingeschlagenen Weg mit Einsparungen auch im Sozial- und Familienbereich als alternativlos. Denn höhere Steuern würden Wachstum und letztlich Sozialstaat schädigen.
Auch die Regierungsspitze zeigte sich bemüht, die Opposition in die Schranken zu weisen. Faymann erinnerte daran, dass es die höchste Arbeitslosigkeit gegeben habe, als die FPÖ in der Regierung war. Pröll wiederum dachte einmal mehr an das Debakel der Kärntner Hypo: "Den Schaden haben sie angerichtet und wir sanieren." Das Budget bewertete das Duo nur als Zwischenschritt in der Konsolidierung. Faymann avisierte diesmal eine Verwaltungsreform, die bei den zu hohen Gesundheitskosten im Bereich der Länder ansetzen soll. Denn es würden mehr Mittel für die Pflege benötigt.
Interesse erlischt bei Schüssel
So groß die Aufregung rund ums Budget seit dem Sommer auch ist, das Interesse im Plenum des Nationalrats erlosch schnell, als die Live-Kameras des Fernsehens ihren Dienst planmäßig um 13 Uhr beendeten. Schon eine halbe Stunde später musste sich Altkanzler Wolfgang Schüssel (V) mit gerade einmal gut 50 Abgeordneten begnügen, als er über die Sinnhaftigkeit des Euro-Schutzschirms und Wikileaks zum Auditorium sprach. Fast schon geknickt angesichts der mangelnden Sitzdisziplin aller Fraktionen dann FP-Budgetsprecher Alois Gradauer: "Es ist eigentlich unmöglich, dass ein ehemaliger Bundeskanzler vor fast leeren Reihen sprechen muss."
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