Der ORF strahlt die Reportage trotzdem aus. Neonazistische Parolen sind nicht zu hören.
Die "Am Schauplatz"-Reportage, bei der Skinheads eine FPÖ-Veranstaltung besuchen, wird im ORF auf Sendung gehen. Dies erklärten Magazinchef Johannes Fischer und ORF-Kommunikationschef Pius Strobl am Donnerstag bei einem Journalistengespräch. Die FPÖ hatte dem ORF vorgeworfen, dass der ORF die Skinheads extra bestellt habe. Laut ORF handelte es sich hingegen um ganz normale Aufnahmen der Reportagereihe "Am Schauplatz".
Ausstrahlung Inkriminierter Passagen unklar
Redakteur Eduard
Moschitz habe die zwei Burschen mit dem Ziel einer Milieustudie über
Jugendliche mit rechtsradikalem Hintergrund wochenlang mit der Kamera
begleitet und rund zehn Stunden Material gefilmt, das auf das 35-minütige "Schauplatz"-Format
geschnitten wird. Der Besuch auf der FPÖ-Veranstaltung vergangenen Freitag
habe zugleich die letzte Dreh-Etappe dargestellt, sagte "Am Schauplatz"-Chef
Christian Schüller. Die Sendung soll auch ausgestrahlt werden, ob die
inkriminierten Passagen auch gezeigt werden, werde die Redaktion beim
Schnitt entscheiden.
Dass Moschitz die beiden Burschen dafür bezahlt habe, als Rechtsextreme bei der FPÖ-Veranstaltung aufzutreten, wies Fischer vehement zurück. Gezahlt worden seien lediglich die jeweils üblichen 100 Euro für die bei Fernsehaufnahmen rechtlich notwendige Abtretung der Persönlichkeitsrechte, was bei Protagonisten, die nicht als öffentliche Personen bekannt sind, ein standardmäßiger Vorgang sei. "Dazu gibt es beim ORF ein Formular", so Fischer. Darüber hinausgehende Einladungen auf "Mineralwasser oder Kaffee" seien bei Sozialreportagen, die meist mit Menschen gedreht werden, deren finanzielle Möglichkeiten äußerst bescheiden sind, durchaus angemessen. "Selbstverständlich wird der Redakteur die Leute, mit denen er dreht, mit seinem Privatgeld auf einen Kaffee oder ein Mineralwasser einladen. Das ist ein Gebot der Höflichkeit."
Kassette ohne Ton
Auch die Vorwürfe, der ORF hätte den Ermittlern
eine Kassette ohne Ton übergeben, wies Fischer zurück: Die Originalkassette
liege versiegelt bei der Staatsanwaltschaft, wo sie auf Anordnung des
Gerichts angesehen werden könne. Lediglich bei der Überspielung einer Kopie,
die beim ORF verblieb, sei der Lautsprecher abgedreht worden, damit die
beiden anwesenden Beamten nicht mithören konnten. Der rechtliche
Hintergrund: So lange das Gericht die Ansicht der Kassette nicht
ausdrücklich anordnet, fällt der Inhalt unter das Redaktionsgeheimnis des
ORF.
Dass offenbar Details aus der Causa Medien zugespielt wurden, bezeichnete Fischer als "unerhört". Informationsdirektor Elmar Oberhauser habe sich darüber auch bereits beim niederösterreichischen Sicherheitsdirektor Franz Prucher beschwert.
"Wie man ein Neonazi wird"
Grundgedanke der Sendung war
es, eine Milieustudie über rechtsradikale Jugendliche zu drehen und zu
erforschen "wie man ein Neonazi wird", sagte Schüller. Die
Dreharbeiten hätten das Ziel gehabt, "ein möglichst nuanciertes
Bild von der Personengruppe zu bekommen". Beide Protagonisten hätten
dabei immer wieder von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache geschwärmt und "natürlich
ist es unser Interesse gewesen herauszufinden, wie das gemeint ist". Im
Zuge eines Gesprächs wurde gefragt, "wollt ihr den Strache sehen".
Gemeinsam habe man daraufhin vereinbart, die Burschen zu der Veranstaltung
zu begleiten, wobei man sie der Einfachheit halber und den üblichen
Gepflogenheiten bei Reportagen folgend im Dreh-Bus mitgenommen habe.
Von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt war zu der Angelegenheit auch am Donnerstag kaum Auskunft zu bekommen. Sprecher Erich Habitzl erklärte lediglich, dass gegen zwei Personen ermittelt werde.
Die FPÖ erneuerte unterdessen am Donnerstag ihre Vorwürfe in Richtung ORF. Generalsekretär Herbert Kickl ortete in einer Aussendung "blanke Panik" am Küniglberg und bezeichnete es als "Faktum", dass der ORF versucht habe, die FPÖ "mit bezahlten Neonazis zu diffamieren". Harald Vilimsky forderte wegen der Zahlung von 100 Euro gar den sofortigen Rücktritt von ORF-Kommunkationschef Strobl. Parteichef Strache will am Freitag in einer Pressekonferenz eigene Beweise vorlegen. Gegen die öffentlich erhobenen Vorwürfe der Freiheitlichen wiederum behält sich der ORF rechtliche Schritte vor.