ORF-Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl warnt in einem dringenden Appell vor weiteren einseitigen Belastungen für die heimische Medienbranche. Auch die ORF-Landesstudios seien in Gefahr.
Seit Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos haben zahlreiche NGOs, Verbände oder Organisationen ihre Wünsche für eine künftige Regierung hinterlegt. Auch für den Medien-Standort Österreich gab es bereits erste Forderungen, etwa durch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig oder ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
Nun rückte auch ORF-Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl mit einem dringenden Appell aus. Das entsprechende Schreiben liegt oe24 vor. In den vergangenen Jahren hätten einige wenige Tech-Konzerne aus den USA und China ein "Defacto-MEdien-Monopol" errichtet, so Lockl in dem Brief. Teils auch mit "unlauteren Methoden".
"Alarmsignal, das aufrütteln muss"
Über 90 Prozent der Online-Werbeeinnahmen würden bereits jetzt in die USA oder China abfließen, warnt Lockl. "Ein Alarmsignal, das aufrütteln muss. Wie Heuschrecken fressen diese IT-Giganten den heimischen Werbemarkt leer und saugen die privaten Daten der User ab", so der Chef des ORF-Stiftungsrats.
Hinzu komme, dass diese "Tech-Heuschrecken defacto im rechtsfreien Raum agieren", argumentierte Lockl. Hass-Attacken, Falschnachrichten oder Drohungen würden auf den entsprechenden Plattformen ohne jegliche Konsequenzen verbreitet.
ORF-Landesstudios wackeln und "mediale Wüsenlandschaft"
Daher richtet Lockl seinen "eindringlichen Appell" an die Verhandlungen: "Bitte sind Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst. Die Situation für die österreichischen Medien und damit auch für das österreichische Publikum ist dramatisch." Sollten der ORF und österreichische Privatmedien weiter einseitig belastet werden, "wird es in wenigen Jahren keine heimischen Medien mehr geben", warnt Lockl. Es droht eine "mediale Wüstenlandschaft".
Lockl bekenne sich zum harten Sparkurs, "den der ORF seit vielen Jahren fährt". So seien in den letzten Jahren etwa über 300 Mio. Euro gespart worden. Dieser Sparkurs müsse auch fortgesetzt werden. Aber: Sofern zusätzliche Belastungen hinzukommen, wäre das Programmangebot nicht mehr aufrecht zu erhalten. "Dann droht nicht nur die Einstellung wichtiger Kultur- und Sport-Formate, sondern auch die Schwächung der Landesstudios, deren Betrieb im bislang gewohnten Umfang nicht mehr aufrecht zu erhalten wäre", heißt es in dem Schreiben.
Es brauche künftig mehr Zusammenarbeit und ein Mehr an Unterstützung für den ORF und private österreichische Medien.